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Der Zinssatz für die Verzinsung von Steuernachforderungen liegt seit Veröffentlichung der Abgabenordnung im Jahr 1977 unverändert bei 0,5 % pro Monat. Das entspricht 6 % im Jahr. Diese Verzinsung darf die Verwaltung auch weiterhin in Rechnung stellen, obwohl seit Jahren eine Niedrigzinsphase herrscht.

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Sachverhalt

Der Steuerpflichtige gab die Einkommensteuererklärung für 2011 im Dezember 2012 ab. Er erwartete eine Einkommensteuernachzahlung von 300.000 EUR, die er auf einem gesonderten Bankkonto bereithielt. Im Juli 2013 erbrachte der Steuerpflichtige im Hinblick auf die drohende Nachzahlung eine freiwillige Zahlung in Höhe von 366.400 EUR an das FA.

Aus dem im September 2013 ergangenen Einkommensteuerbescheid ergab sich ein Nachforderungsbetrag von ca. 390.000 EUR.

Hierfür setzte das FA Nachzahlungszinsen von 0,5 % monatlich fest, die sich für den Zinszeitraum April 2013 bis September 2013 auf ca. 11.000 EUR beliefen.

Dem Antrag des Steuerpflichtigen, die Zinsen zu erlassen, entsprach das FA nur insoweit, als es wegen der im Juli 2013 erfolgten freiwilligen Zahlung einen Erlass der Zinsen für August und September 2013 aussprach.

Entscheidung

Der BFH bejahte die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Zinsregelung, sodass die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht vorliegen.

Der BFH konnte keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz erkennen. Die Unterscheidung zwischen zinszahlungspflichtigen und nicht zinszahlungspflichtigen Steuerschuldnern beruht auf der zulässigen typisierenden Annahme, dass die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgenden Steuerfestsetzungen zu potenziellen Zinsvorteilen oder -nachteilen führen können.

Auch hinsichtlich der Zinshöhe verneinte der BFH einen Gleichheitsverstoß. Denn innerhalb der Gruppe der zinspflichtigen Steuerpflichtigen wird bei allen Betroffenen der gleiche Zinssatz zugrunde gelegt.

Nach dem Urteil des BFH ist die Zinshöhe auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungswidrig. Da mit den Nachzahlungszinsen potenzielle Liquiditätsvorteile abgeschöpft werden sollen, hielt der BFH eine umfassende Betrachtung der Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen für erforderlich.

Auf der Grundlage von Daten der Deutschen Bundesbank untersuchte der BFH die Zinssätze für verschiedene kurz- und langfristige Einlagen und Kredite. Hierbei ergaben sich für 2013 Zinssätze, die sich in einer Bandbreite von 0,15 % bis 14,70 % bewegten. Obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bereits seit 2011 auf unter 1 % gefallen war, konnte somit nicht davon ausgegangen werden, dass der gesetzliche Zinssatz die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte verlassen hat.

Praxishinweis

Der BFH verneinte auch einen Anspruch auf einen Erlass der Zinsen. Es komme nicht auf die Ursachen einer späten oder verzögerten Steuerfestsetzung an.

Fundstelle
BFH 9.11.17, III R 10/16