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Prüfungen der Finanzverwaltung lassen sich durch freiwillige Zusatzangaben in der Umsatzsteuer-Voranmeldung vermeiden – oder aber auch gezielt anregen!

Neu seit dem 1.1.2017: „Ergänzende Angaben zur Steuererklärung“ (Kz. 23)

§ 150 Abs. 7 und § 155 Abs. 4 AO wurden mit Wirkung vom 1.1.2017 neu gefasst (Art. 1 Nr. 24 Buchst. e, Nr. 27 und Art. 2 Nr. 6 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“ vom 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1679).

Danach müssen Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden und die nach § 155 Abs. 4 Satz 1 AO zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen können, es dem Steuerpflichtigen ermöglichen, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben zu machen, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch einen Amtsträger sind.

Wenn über die Angaben in der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Anmeldung der Sondervorauszahlung hinaus weitere oder abweichende Angaben oder Sachverhalte berücksichtigt werden sollen, hat der Unternehmer ab 1.1.2017

eine „1“ einzutragen (BMF 18.10.16, III C 3 – S 7344/16/10002, 2016/0959181, Ziff. 2, BStBl. I 2016, 1149).

Gleiches gilt, wenn bei den in der Steueranmeldung erfassten Angaben bewusst eine von der Verwaltungsauffassung abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt wurde (vgl. nachfolgend 2).

Der Unternehmer kann im Vordruckmuster USt 1 A in Zeile 75 (Kz 23) auch eine „1“ eintragen, wenn er einen Antrag auf Dauerfristverlängerung zurücknehmen möchte.

Die ergänzenden Angaben sind in jedem Fall in einer vom Unternehmer zu erstellenden gesonderten Anlage zu machen, welche mit der Überschrift „Ergänzende Angaben zur Steueranmeldung“ zu kennzeichnen ist.

Praxistipp

Wenn Sie der Steueranmeldung lediglich ergänzende Aufstellungen oder Belege beifügen wollen, ist nicht hier, sondern in Zeile 15 eine Eintragung vorzunehmen (BMF, Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2018, Zeilen 68, 71 bis 75, vgl. nachfolgend 2 u. 3).

Trotz elektronischer Anmeldung: Dem FA ggf. erläuternde Belege per Post schicken! (Kz. 22)

Schon seit Jahren ist besonders hinzuweisen auf Kennziffer 22 der UStVA. Dort ist eine „1“ einzutragen, wenn der UStVA Belege wie z. B. Verträge, Rechnungen, Aufstellungen usw. beigefügt sind bzw. gesondert eingereicht werden.

Der Grund: So kann das Finanzamt sofort erkennen, dass bei der Bearbeitung der UStVA – insbesondere bei Vorsteuererstattungen – noch Belege zu beachten sind:

Beispiel

Unternehmer Fleißig (F) aus Dortmund erwirbt im Februar 2018 ein neues Unternehmensfahrzeug; es kommt anders als sonst zu einem Vorsteuerüberhang. Damit das Finanzamt diesen sofort nachvollziehen kann und ohne Prüfung den Auszahlungsbetrag freigibt, sollte F

  • in Kennziffer 22 eine „1“ eintragen;
    Hinweis: Es wird immer eine „1“ eingetragen – unabhängig davon, wie viele Belege dem Finanzamt geschickt werden!
  • und dem Finanzamt den Vorgang in einem kurzen Begleitschreiben unter Vorlage einer Rechnungskopie erläutern.

Musterschreiben – UStVA – erläuternde Belege –

An das Finanzamt
Leipzig, den 7.6.2018

Umsatzsteuer-Voranmeldung April 2018/elektronisch erstellt am heutigen Tage
Steuernummer …
hier: Ergänzende Belege (Kennziffer 22)

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Nachweis und zur Erläuterung der unter Kennziffer 66 geltend gemachten Vorsteuerbeträge finden Sie in der Anlage die Rechnung zur Anschaffung eines neuen Unternehmensfahrzeugs.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Rechnung des Autohauses Schiebmichan vom 5.4.2018

Kz. 22 oder Kz. 23 oder beide?

„Wenn Sie der Steueranmeldung lediglich ergänzende Aufstellungen oder Belege beifügen wollen, ist nicht hier, sondern in Zeile 15 eine Eintragung vorzunehmen“ (BMF, Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2018, Zeilen 68, 71 bis 75).

Damit suggeriert das BMF, dass sich die Funktionsbereiche beider Kennziffern sauber voneinander abgrenzen lassen. Gerade das ist in der Praxis aber nicht der Fall. Was nützt eine Aufstellung oder ein Beleg ohne die Erläuterung der Konsequenzen, die sich daraus ergeben sollen?

Praxistipps

1. In der Praxis sollten in der Regel die Kennziffern 22 und 23 immer gemeinsam durch Eintragung einer „1“ aktiviert werden.

2. So lassen sich im Vorfeld Rückfragen (… und damit verzögerte Erstattungen …) und Prüfungsmaßnahmen des Finanzamts vermeiden. Das Finanzamt kann sofort erkennen, dass bei der Bearbeitung der Anmeldung – insbesondere in Erstattungsfällen – ergänzende (Papier-)Belege zu beachten sind.

3. Das Vorgehen ist zur Erläuterung aller außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle wie

  • Vorsteuerüberhänge durch den Erwerb von Anlagevermögen
  • Durchführung von Baumaßnahmen
  • erstmalige steuerfreie Umsätze
  • Vorsteueraufteilungen
  • Vorsteuerbeträge aus geplanten Unternehmenserweiterungen

zu empfehlen.

4. Immer sollten Ablichtungen der Originalbelege mitgeschickt werden. In unserem Beispielsfall ist es dem F zu empfehlen, die Rechnung aus der Anschaffung des Kfz mitzuschicken.

5. Dass die eigentliche UStVA selbstverständlich elektronisch abgegeben wird, ist ohne Bedeutung.

Exkurs: Dem Finanzamt nichts verschweigen!

Immer wieder empfehlen „Experten“, zu eigenen Gunsten von der Auffassung des Finanzamts abweichende Rechtsauffassungen anzuwenden und auf die Abweichungen nicht ausdrücklich hinzuweisen – ein fataler Fehler!

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Steuerbürger und -berater nämlich auch bei einer abweichenden (vertretbaren) Rechtsauffassung dazu verpflichtet, alle steuerlich erheblichen Tatsachen – auch ungefragt – richtig und vollständig vorzutragen und es dem Finanzamt dadurch zu ermöglichen, die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung zutreffend festzusetzen (BGH 10.11.99, 5 StR 221 / 99).

Durch diese Rechtsprechung entsteht eine Offenbarungspflicht auch für Sachverhaltselemente, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist; anderenfalls sind die Angaben i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO „unvollständig“.

Der vorsichtige Steuerberater sollte daher bei auch nur möglicherweise strittigen Rechtsfragen gegenüber der Finanzverwaltung sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht möglichst viel vortragen, um sich abzusichern und sich so der Gefahr strafrechtlicher Konsequenzen zu entziehen.

Voraussetzung für die Rechtsanwendung ist in jedem Fall eine umfassende, breit angelegte Kenntnis nicht nur der aktuellen Rechtsprechung, sondern auch der finanzbehördlichen Richtlinien und deren Umsetzung in den vorgelegten Erklärungen, gleichermaßen die Berücksichtigung der momentanen Veranlagungspraxis der Finanzverwaltung.

Jede Abweichung hiervon birgt bereits die Gefahr strafrechtlicher Vorwürfe. Dies gilt zumindest für Berufsangehörige; der Steuerpflichtige selbst wird sich mit dem Hinweis auf die an den Steuerberater vorgenommene Delegation steuerlicher Obliegenheiten vor dem Vorwurf der Steuerhinterziehung schützen können. Die besondere umsatzsteuerliche Relevanz der neuen Rechtsprechung mag nicht nur die Tatsache verdeutlichen, dass dem Urteilsfall materiell-rechtlich eine Umsatzsteuerproblematik zugrunde lag. Häufig lässt sich aus übergeordnetem Recht – insbesondere der MwStSystRL – für den Steuerbürger eine günstigere Rechtsposition ableiten als z. B. aus dem UStG.

Beispiel

Hingewiesen werden soll an dieser Stelle nur auf die früheren Beschränkungen des Vorsteuerabzugs aus Reisekosten. Vermehrt wurde in der Literatur die Empfehlung ausgesprochen, direkt die damals gültige 6. EG-RL anzuwenden und auf die Abweichungen zu § 15 UStG nicht ausdrücklich hinzuweisen; angesichts der Rechtsprechung des BGH – noch einmal – ein fataler Fehler!