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In der Beratungspraxis häufen sich Fragen zur Anwendung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus. Dabei geht es um die zeitlich befristete Sonderabschreibung bei der Anschaffung oder Herstellung von neuem Wohnraum, der vermietet wird. Im Folgenden werden die Grundlagen und die steuerlichen Besonderheiten dieser neuen Sonderabschreibung nach § 7b EStG noch einmal beleuchtet.

Allgemeine Grundsätze

Die Sonderabschreibung für neu geschaffenen Wohnraum, der vermietet wird, beträgt zusätzlich zur 2%igen Gebäudeabschreibung vier Jahre lang jeweils 5 %. Ziel der Sonderabschreibung ist es, neuen Mietwohnraum zu schaffen. Voraussetzung für die neue Sonderabschreibung ist, dass der Bauantrag bzw. die Bauanzeige nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellt wird (§ 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG).

Verwirrung zum zeitlichen Moment der Sonderabschreibung

Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG kann für 2018 erstmals beansprucht werden, wenn die neue Immobilie bis zum 31.12.2018 auch fertiggestellt wurde. In vielen Publikationen findet man den Hinweis, dass die Sonderabschreibung frühestens ab 1.1.2019 in Anspruch genommen werden kann. Begründet wird diese Auffassung damit, dass die Veröffentlichung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus erst 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde.

Doch aus § 52 Abs. 15a EStG ergibt sich eindeutig, dass die neue Sonderabschreibung nach § 7b EStG erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2018 geltend gemacht werden kann.

Beispiel

Ein Mandant hat in einem Mehrfamilienhaus das Dachgeschoss zu einer weiteren Wohnung ausbauen lassen. Den Bauantrag stellte er am 3.9.2018. Der Ausbau war Ende Dezember 2018 nachweislich fertiggestellt (= bezugsfertig).

Folge: In diesem Fall können für die neue Wohnung bereits 2018 7 % der Herstellungskosten abgeschrieben werden (reguläre Abschreibung 2 % plus Sonderabschreibung 5 %).

Praxistipp | Die Sonderabschreibung ist erstmals in dem Jahr der Fertigstellung der neuen Wohnung zulässig. Mit Fertigstellung ist die Bezugsfertigkeit gemeint (Hinweis 7.4 EStH):

  • Ein Wirtschaftsgut ist fertiggestellt, sobald es seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann.
  • Ein Gebäude ist fertiggestellt, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau soweit errichtet ist, dass der Bezug der Immobilie zumutbar ist.
  • Ein Gebäude ist nicht fertiggestellt, wenn Türen, Böden und der Innenputz noch fehlen.

Gestaltungsüberlegung wegen zeitlicher Befristung

Die Sonderabschreibung ist zeitlich befristet. Sie kann erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2018 geltend gemacht werden und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026. Das gilt selbst dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Abs. 1 EStG noch nicht abgelaufen ist (§ 52 Abs. 15a Satz 2 EStG).

Praxistipp | Das bedeutet im Klartext: Möchte ein Mandant für die Vermietung neuen Wohnraums steuerlich von der vollen Sonderabschreibung von 4 × 5 % profitieren, muss sein neuer Wohnraum spätestens Ende 2023 fertiggestellt sein. Dann hat er in den Jahren 2023 bis 2026 Anspruch auf die ­Sonderabschreibung.

Beispiel

Ein Mandant plant die Schaffung neuen Wohnraums. Der Bauantrag wird zwar vor dem 1.1.2022 gestellt. Doch mit dem Neubau des Mehrfamilienhauses wird erst 2024 begonnen. Die Fertigstellung erfolgt 2026.

Folge: In diesem Fall kann der Mandant nur für das Jahr 2026 die Sonderabschreibung geltend machen. Für die Folgejahre kommt nur noch die reguläre 2%ige Gebäudeabschreibung in Betracht.

Welche Objekte sind begünstigt?

Begünstigt ist grundsätzlich eine im Weg der Anschaffung oder der Herstellung neu geschaffene Wohnung. In der Praxis könnten begünstigte neue Wohnungen in folgenden Fällen entstehen:

  • Neubau von Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäusern
  • Umbau von bestehenden Gebäudeflächen, wenn dadurch erstmals eine Wohnung entsteht
  • Aufstockung oder Anbauten auf oder an bestehenden Gebäuden
  • Dachgeschossausbauten, wenn dadurch erstmals eine Wohnung entsteht

Um Mandanten in der Thematik „Sonderabschreibung nach § 7b EStG“ optimal beraten zu können, ist darauf zu achten, dass tatsächlich eine neue Wohnung hergestellt oder angeschafft wird. Der Begriff der Wohnung richtet sich nach der Definition in § 181 Abs. 9 BewG. Danach muss eine begünstigte neue Wohnung folgende Merkmale erfüllen:

  • Die Wohnung muss eine von anderen Wohnungen und Räumen baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden und einen selbstständigen Zugang haben.
  • Die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) müssen vorhanden sein.
  • Die Wohnfläche muss mindestens 23 qm betragen.

Beispiel 1

Ihr Mandant hat ein Mehrfamilienhaus, das 2010 errichtet wurde. Im Erdgeschoss befinden sich ein Ladengeschäft und Büroräume. Die Büroräume sollen in drei jeweils 60 qm große Wohnungen umgebaut werden.

Folge: Bei den drei Wohnungen handelt es sich um neue Wohnungen. Für deren Herstellungskosten Ihr Mandant von der Sonderabschreibung profitiert.

Beispiel 2

Ihr Mandant lebt in einem Reihenhaus mit 150 qm. Das Dachgeschoss ist noch nicht ausgebaut. Er möchte es ausbauen lassen und seiner pflegebedürftigen Mutter den neu geschaffenen Wohnraum im Dach von 60 qm anschließend vermieten.

Folge: Das FA wird hier keine Sonderabschreibung gewähren. Denn in einem Reihenhaus handelt es sich beim Dachgeschoss nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit mit selbstständigem Zugang. Der Zugang zum Dach kann nur über das private Treppenhaus erfolgen.

Praxistipp | In seinem Monatsbericht September 2019 hat das BMF angedeutet, dass auch neu geschaffener Wohnraum von weniger als 23 qm zum Anspruch auf die Sonderabschreibung führen könnte, beispielsweise um den Neubau kleinerer Appartements für Studierende zu fördern (BMF, Monatsbericht September 2019, Seite 26; Abruf-Nr. 214270). AStW hält Sie auf dem Laufenden, sollte das BMF sich zu diesem Punkt äußern.

Zu den begünstigten Räumen einer Wohnung, für die die neue Sonderabschreibung infrage kommt, gehören auch Nebenräume, die sich nicht im abgeschlossenen Bereich der Wohnung befinden. Gemeint sind: Kellerraum, Abstellraum, gemeinschaftlich genutzte Räume im selben Gebäude, Stellplätze in Tiefgaragen sowie die zu einem Wohngebäude gehörenden Garagen.

Wann ist eine Wohnung neu?

Die Sonderabschreibung steht einem Vermieter nur bei Anschaffung oder Herstellung „neuer“ Wohnungen zu. Es müssen also nachweislich neue Wohnungen geschaffen werden, die bisher nicht vorhanden waren.

Nach § 7b Abs. 1 Satz 2 ist die Voraussetzung „neu“ bei Anschaffung einer Wohnung in folgenden Fällen erfüllt:

  • Der Käufer muss die neue Immobilie bis zum Ende des Jahres erwerben, in dem sie fertiggestellt wird.
  • Auch beim Kauf einer neuen Wohnung muss darauf geachtet werden, dass der Bauantrag bzw. die Bauanzeige nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellt wurde bzw. wird.

Keine neue Wohnung entsteht, wenn bestehende Wohnungen vergrößert werden oder wenn die Umbauarbeiten an einer bestehenden Wohnung so umfangreich sind, dass das FA die Umbaukosten als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten qualifiziert und nur im Rahmen der Gebäudeabschreibung zum Abzug zulässt.

Beispiel

Ihr Mandant plant, eine 180 qm große Wohnung in drei eigenständige Wohnungen mit je 60 qm Wohnfläche umzubauen.

Folge: In diesem Fall hätte er keinen Anspruch auf die Sonderabschreibung, weil der Wohnraum bereits vor den Umbauarbeiten vorhanden war.

Entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken
Steht fest, dass es sich bei der vermieteten Wohnung tatsächlich um eine Wohnung i. S. d. § 181 Abs. 9 BewG handelt und dass sie „neu“ ist, muss Ihr Mandant wissen, dass es die vierjährige Sonderabschreibung nur dann gibt, wenn er die begünstigte Wohnung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den neun folgenden Jahren entgeltlich zu Wohnzwecken überlässt.

Beachten Sie | Dass die Voraussetzung „entgeltliche Überlassung“ vorliegt, muss Ihr Mandant dem Finanzamt nachweisen.

Bei einer schädlichen Verwendung der begünstigten Wohnung in dem Zehnjahreszeitraum fällt die Sonderabschreibung rückwirkend vollständig weg (§ 7b Abs. 4 Satz 2 EStG). Das Finanzamt würde in diesem Fall die Steuerbescheide der vier Jahre ändern, für die die neue Sonderabschreibung geltend gemacht wurde. Nachzahlungszinsen nach § 233a AO werden in diesem Fall auch fällig. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs.

Zur entgeltlichen Überlassung sind folgende Besonderheiten zu beachten:

* Besonderheit 1: Leerstand

Steht die begünstigte Wohnung innerhalb des Überwachungszeitraums von zehn Jahren zeitweise leer, muss das für den Anspruch auf die Sonderabschreibung nicht schädlich sein. Entscheidend ist, dass Ihr Mandant in solchen Fällen nachweisen kann, dass er nach wie vor eine Vermietungsabsicht hat. Er muss dem Finanzamt den Leerstand begründen und nachweisen, dass er Schritte unternommen hat, um die begünstigte Wohnung zu vermieten (Einschaltung Makler, Reduzierung der Miethöhe). Das Vermietungsbestreben muss der Mandant dokumentieren und nachweisen.

Eine zeitliche Begrenzung des Leerstands gibt es übrigens nicht (BMF, Monatsbericht September, Seite 29; Abruf-Nr. 214270).

* Besonderheit 2: Verbilligte Vermietung

Vermietet Ihr Mandant eine Immobilie verbilligt an nahe Angehörige, muss die Miete dafür mindestens 66 % der ortsüblichen Miete betragen. Liegt die tatsächliche Miete unter dieser 66-%-Grenze, sind die Werbungskosten aus der Vermietung prozentual zu kürzen (§ 21 Abs. 2 EStG).

Für die Sonderabschreibung hat die Unterschreitung der 66-%-Grenze eine noch fatalere steuerliche Konsequenz. Der Gesetzgeber unterstellt hier, dass keine entgeltliche Überlassung i. S. v. § 7b EStG vorliegt und lässt deshalb keine Sonderabschreibung für die ansonsten begünstigte Wohnung zu. Diese strenge Sichtweise kann der Bundestags-Drucksache zur Einführung der Sonderabschreibung entnommen werden (BT-Drs. 19/4949 vom 12.10.18, Seite 14; Abruf-Nr. 214269).

* Besonderheit 3: Verkauf der begünstigten Immobilie

Wird die Immobilie innerhalb des zehnjährigen Überwachungszeitraums verkauft, muss das nicht zwingend schädlich sein. Zu unterscheiden sind folgende Szenarien des Verkaufs:

  • Wird die begünstigte Wohnung während des Zehnjahreszeitraums verkauft und der Veräußerungsgewinn unterliegt nicht der Einkommensteuer, ist die in Anspruch genommene Sonderabschreibung rückgängig zu machen (BT-Drs. 19/4949, Seite 8; Abruf-Nr. 214269).
  • Wird die begünstigte Wohnung innerhalb der zehnjährigen Nutzungsfrist veräußert, hat der Begünstigte die Nutzung der begünstigten Wohnung zu fremden Wohnzwecken durch den Erwerber nachzuweisen. Daher ist es grundsätzlich möglich, ein Gebäude nach Ablauf des vierjährigen Abschreibungszeitraums und Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen noch innerhalb der zehnjährigen Nutzungsfrist zu veräußern, ohne dass Sonderabschreibungen rückgängig zu machen sind. Dem Erwerber steht die lineare AfA nach § 7 Absatz 4 EStG von den vollen Anschaffungskosten zu.
  • Damit die Regelung nicht zur gezielten Steuergestaltung genutzt werden kann, führt allerdings eine Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Nutzungsfrist, bei der der Veräußerungsgewinn nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegt, zu einer Rückgängigmachung der in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen. Das ist insbesondere bei langfristig gehaltenen Grundstücken des Privatvermögens der Fall, die der Steuerpflichtige neu bebaut hat. Die Voraussetzungen des § 23 EStG (Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften) sind insoweit nicht erfüllt, weil bei der Berechnung der dort vorgesehenen zehnjährigen Veräußerungsfrist ausschließlich an den Zeitpunkt der Anschaffung des Grund und Bodens und nicht an den Zeitpunkt der Herstellung des Gebäudes angeknüpft wird (BT-Drs. 19/4949, Seite 14; Abruf-Nr. 214269).

Beachtung von zwei Kappungsgrenzen

Liegen bislang alle Voraussetzungen für die Sonderabschreibung nach § 7b EStG vor, müssen Sie Ihren Mandanten auf zwei Kappungsgrenzen hinweisen.

* Kappungsgrenze 1: Anschaffungs- und Herstellungskosten

Die neue Sonderabschreibung setzt voraus, dass die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht mehr als 3.000 EUR je qm Wohnfläche betragen. Liegen die qm-Kosten über 3.000 EUR, ist die Sonderabschreibung insgesamt nicht zu gewähren (§ 7b Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Je nachdem, ob Ihr Mandant eine neue Wohnung kauft oder herstellt, gilt für die Einbeziehung der Nebenkosten in den qm-Preis Folgendes:

  • Anschaffung: Nebenkosten (z. B. für Notar oder Grunderwerbsteuer) sind in den Anschaffungskosten zu erfassen. Die Anschaffungskosten sind anschließend in einen Grund-Boden-Anteil und in einen Gebäudeanteil aufzuteilen. In den Gebäudeanschaffungskosten stecken also anteilige Nebenkosten.
  • Herstellung: Erfolgt die Schaffung einer neuen Wohnung durch Herstellung, sind in die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Kappungsgrenze von 3.000 EUR keine Nebenkosten einzubeziehen. Denn der Bau löst für sich genommen keine Nebenkosten aus.

Ist die 3.000-EUR-Grenze im Jahr der Fertigstellung nicht überschritten, ist das für die Sonderabschreibung nur die halbe Miete. Denn fallen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren weitere Kosten von mehr als 15 % des Gebäudewerts an, liegen nachträglich Herstellungskosten vor. Und diese nachträglichen Herstellungskosten werden in die Anschaffungskosten für das Gebäude zur Ermittlung der Kappungsgrenze von 3.000 EUR rückwirkend einbezogen (§ 7b Abs. 4 Nr. 3 EStG).

Praxistipp | Ihre Mandanten sollten also darauf achten, dass sie keine nachträglichen Herstellungskosten in den ersten drei Jahren nach dem Kauf oder der Herstellung produzieren, um die Grenze von 3.000 EUR je qm Wohnfläche nicht zu überschreiten. Bei nachträglicher Überschreitung der 3.000-EUR-Grenze wird die Sonderabschreibung vom Finanzamt rückgängig gemacht.

* Kappungsgrenze 2: Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibung

Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG wird nur für Baukosten bis höchstens 2.000 EUR pro qm Wohnfläche gewährt.