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Ordnet das Finanzamt bei einem Unternehmer, der seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, eine Betriebsprüfung an und fordert in der Prüfungsanordnung „einen Datenträger nach GDPdU“ an, ist diese Aufforderung nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs regelmäßig rechtswidrig. Wie der Bundesfinanzhof diese Auffassung begründet und welche Konsequenzen dieses Urteil für die Betriebsprüfungspraxis hat, verraten wir in den folgenden Passagen.

Grundsätze zum Datenzugriff der Finanzverwaltung

Wurden Unterlagen nach § 147 Abs. 1 AO mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, hat das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung das Recht auf Datenzugriff und auf Nutzung des Datenverarbeitungssystems zur Prüfung der Buchhaltungsunterlagen. Über die gesetzliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsfrist hinausgehende „freiwillig“ geführte Unterlagen und Daten unterliegen nicht dem Datenzugriff (BFH 24.6.09, VIII R 80/06).

Worum ging es in dem aktuellen Urteilsfall?

In einem aktuellen Urteilsfall ordnete das Finanzamt bei einer Rechtsanwalts-Partnerschaftsgesellschaft, deren Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung übermittelt wurde, eine Betriebsprüfung an. In der Prüfungsanordnung bat der vom Finanzamt mit der Prüfung beauftragte Prüfer um „die Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU“.

Gegen diese „unspezifizierte“ Aufforderung wurde Einspruch eingelegt und letztlich geklagt. Der Bundesfinanzhof gab der Klage nun statt (BFH 7.6.21, VIII R 24/18). Die Richter stuften die Aufforderung zur Datenträgerüberlassung mit folgender Argumentation als rechtswidrig ein:

Die Aufforderung des Finanzamts, Buchhaltungsunterlagen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger für die Außenprüfung zur Verfügung zu stellen, ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt.

Die in der Prüfungsanordnung gewählte Anforderung, „einen Datenträger nach GDPdU“ zu überlassen, ist im Sinne eines unbegrenzten Zugriffs auf alle elektronisch gespeicherten Daten zu verstehen. Ein Vorlageverlangen, das den nur begrenzten Umfang der Befugnis des Finanzamts zur Anforderung von elektronischen Aufzeichnungen nach § 147 Abs. 6 AO überschreitet, ist rechtswidrig (siehe u. a. auch BFH 12.2.20, X R 8/18).

Praxistipp

Im Regelfall ist der Datenzugriff bei Einnahmen-Überschussrechnern auf solche Unterlagen begrenzt, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für sie geltenden steuergesetzlichen Aufzeichnungspflichten von Bedeutung sind.

Der bloße Verweis auf die „GDPdU“ lässt nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, dass das Finanzamt nur die Überlassung derjenigen Datenbestände des Unternehmers auf einem Datenträger verlangt, für die ihm eine Zugriffsbefugnis zusteht.

Praxistipp

Wie der Regelungsinhalt der Anforderung eines Datenträgers zu verstehen ist, richtet sich übrigens nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont, also nach dem Verständnis des Unternehmers.

Die vom Unternehmen angefochtene Anforderung zur Datenträgerüberlassung ist zudem unverhältnismäßig, weil das Finanzamt mittels der Datenüberlassung beabsichtigte, außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens und auch außerhalb der Dienststelle, etwa auf dem dienstlichen Laptop des Prüfers, auf die Daten des Unternehmens zuzugreifen.

Ob die Aufforderung zur Vorlage eines Datenträgers auch deshalb unverhältnismäßig war, weil das einem Berufsgeheimnisträger im Rahmen des Datenzugriffs zustehende Recht zur Anonymisierung von Mandantendaten nur mit einem hohen zeitlichen Aufwand und mit hohen Kosten verbunden ist, haben die Richter des Bundesfinanzhofs in ihrem Urteil vom 7.6.2021 offengelassen.

Signalwirkung des aktuellen BFH-Urteils in der Beratungspraxis

Für die Beratungspraxis hat das Urteil des Bundesfinanzhofs folgende Auswirkungen:

1. Einspruch einlegen

In vergleichbaren Fällen sollte gegen die unspezifizierte Anforderung eines Datenträgers bei einem Einnahmen-Überschussrechner mit Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7.6.2021 Einspruch eingelegt werden.

Dadurch lässt sich eine Eskalationsspirale vermeiden, wenn die gewünschten Unterlagen bzw. der Datenträger nach GDPdU nicht vorgelegt werden bzw. nicht vorgelegt werden können. Zudem kann der Prüfer bei einem Einspruch und bei Feststellung der Rechtswidrigkeit des Datenträgers bei Nichtvorlage kein Verzögerungsgeld gemäß § 146 Abs. 2b AO festsetzen.

2. Vorlageverlangen außerhalb der Prüfungsanordnung ist kein Ver­waltungsakt

In der Finanzverwaltung wurde zwischenzeitlich auf das aktuelle BFH-Urteil reagiert. Prüfer der Finanzämter bitten nun in einem separaten Anschreiben zur Prüfungsanordnung um die Vorlage eines Datenträgers nach GDPdU. In diesem Fall handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung bei der Anforderung nicht um einen Verwaltungsakt, der angefochten werden kann (FG Düsseldorf 4.4.17, 6 K 1128/15 AO).

Ein separates Schreiben zur Vorlage eines Datenträgers nach GDPdU kann zwar nicht mit einem Einspruch angefochten werden. Es empfiehlt sich dennoch, schriftlich gegen diese Aufforderungen bei einem Einnahmen-Überschussrechner mit Hinweis auf die Analogie zum BFH-Urteil v. 7.6.2021 ein Veto einzulegen. Das Finanzamt dürfte ermessensfehlerhaft handeln, sollte es wegen der Nichtvorlage des Datenträgers und trotz der schriftlichen Einwendungen ein Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO festsetzen.

Im Übrigen handelt es sich bei der Aufforderung durch den Prüfer um eine Maßnahme ohne unmittelbare Rechtswirkung (BFH 20.4.88, I R 67/84), mit der Folge, dass der Steuerpflichtige Zwangsmaßnahmen gem. §§ 328 ff. AO nicht zu befürchten hat.

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BFH 7.6.21, VIII R 24/18