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Eine vom Arbeitgeber getragene Berufsfachschule auf dem Betriebsgelände ist eine regelmäßige Arbeitsstätte.
Die Fahrten von der Wohnung zur Berufsfachschule sind nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen.
BFH 10.4.14, III R 35/13

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist Vater einer Tochter, die sich in der Zeit zwischen Oktober 2009 und September 2012 in einem dualen Berufsausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin befand.
Der praktische Teil der Ausbildung fand in den Räumen des Klinikums statt, mit dem der Ausbildungsvertrag geschlossen wurde. Der theoretische Teil der Ausbildung wurde in der Berufsfachschule vermittelt. Diese befindet sich schräg gegenüber von den Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße.
Strittig war nunmehr (im Rahmen der Kindergeldgewährung), ob die Tochter im Rahmen ihres Ausbildungsdienstverhältnisses, die Fahrtkosten zur Klinik und zur Berufsfachschule als Reisekosten oder nur im Rahmen der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG) abziehen kann.
Die Familienkasse setzte für die Fahrten lediglich die Entfernungspauschale an. Damit war der Jahresgrenzbetrag von 8.004 EUR überschritten und der Kindergeldanspruch hinfällig.

Entscheidung

Der BFH entschied, dass auch eine Ausbildungsstätte im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei beruflichen Lehrgängen, Ausbildungsverhältnissen, Abordnungen oder Fortbildungsmaßnahmen den Charakter einer regelmäßigen Arbeitsstätte haben kann, wenn es sich – wie im Streitfall – um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer diese dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum aufsucht.
Hinzu kam, dass die Berufsfachschule auch in örtlicher Hinsicht Teil der regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers war. Denn auch ein größeres, räumlich geschlossenes Gebiet kommt als regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Betracht, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt, auf dem der Arbeitnehmer auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird.
Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor, da sich die Berufsfachschule schräg gegenüber dem Ausbildungsbetrieb auf der anderen Seite der Straße und damit innerhalb des größeren, räumlich geschlossenen Betriebsgeländes befand. Die Berufsfachschule war daher auch keine weitere Tätigkeitsstätte, sondern zusammen mit dem Betrieb der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers.
Anders zu beurteilen ist der Besuch einer privaten Lerngemeinschaft
Zu unterscheiden ist dagegen der Besuch einer privaten Lerngemeinschaft durch einen Auszubildenden, der in der Wohnung eines anderen Auszubildenden stattfindet. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte des Auszubildenden.
Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn sich die Wohnung des anderen Auszubildenden in einem auf dem Betriebsgelände liegenden Wohnheim des Arbeitgebers befindet.

Praxishinweis

Auch nach der ab Veranlagungszeitraum 2014 geltenden neuen Rechtslage (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG i.d.F. des „Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.13, BGBl I 2013, 285″:) ist von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte u.a. dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer „für die Dauer des Dienstverhältnisses“ an dieser Tätigkeitsstätte tätig werden soll.