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Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt. Voraussetzung ist allerdings, dass er es in der übrigen Zeit als Wohnung nutzen könnte. Unter den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG können deshalb auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden, fallen.

Fundstelle
BFH 27.6.17, IX R 37/16

Verwandte Themen:

Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne von § 23 EStG
Veräußerungserlös eines eigengenutzten Weinkellers unterliegt nicht der Besteuerung

Hintergrund

Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG besagt, dass bei einer Veräußerung der Wohnung bzw. des Hauses innerhalb der Zehnjahresfrist kein zu besteuerndes privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, wenn das Haus oder die Wohnung im Jahr des Verkaufs und den beiden vorangehenden vollen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Sachverhalt

Streitig war die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung einer zunächst vermieteten und nachfolgend eigen genutzten Immobilie innerhalb der Zehnjahresfrist. Während das FA den Veräußerungsgewinn der Besteuerung nach § 23 EStG unterwarf, machte die Steuerpflichtige geltend, aufgrund der vor Veräußerung stattgefundenen Eigennutzung sei der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab und entschied, dass eine Eigennutzung schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Steuerpflichtige im Streitjahr ihren Hauptwohnsitz an einem anderen Ort innegehabt habe und es sich bei dem veräußerten Objekt um eine Zweitwohnung gehandelt habe, die sie lediglich für Ferienaufenthalte genutzt habe. Der Gesetzgeber habe mit dem Ausnahmetatbestand des § 23 EStG aber nur beruflich genutzte Wohnungen begünstigen wollen.

Entscheidung

Die Revision des Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Der BFH entschied, dass der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ lediglich voraussetzt, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Ein Gebäude wird jedoch auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Denn eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden.

Beachten Sie

Ein Steuerpflichtiger kann mehrere Gebäude gleichzeitig zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Erfasst werden auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige noch eine (oder mehrere) weitere Wohnung(en) hat und wie oft er sich darin aufhält.

Anders als § 13 ErbStG spricht § 23 EStG nicht von einem Familienheim. Vor diesem Hintergrund bietet der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber nicht dauernd bewohnte Zweitwohnungen und ausschließlich eigen genutzte Ferienwohnungen von der Begünstigung ausnehmen wollte. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes; in ihr wird lediglich auf die Selbstnutzung und deren Aufgabe (z. B. wegen Arbeitsplatzwechsel) Bezug genommen.

Der BFH stellte darüber hinaus klar, dass § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 1. Alternative EStG voraussetzt, dass die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist.

§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alternative EStG verlangt demgegenüber eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. Im Jahr der Veräußerung und im zweiten Jahr vor der Veräußerung muss daher die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht während des gesamten Kalenderjahrs vorgelegen haben. Es genügt vielmehr ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs – voll auszufüllen.

Praxishinweis

Um die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns zu vermeiden, muss der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist dagegen, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.