In für ARBEITNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Der BFH musste aktuell entscheiden, ob Aufwendungen eines Verkehrsflugzeugführers für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen nur mit der Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) oder nach Dienstreisegrundsätzen mit 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer zu berücksichtigen sind.
BFH 26.2.14, VI R 68/12

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist Berufspilot und als Verkehrsflugzeugführer bei einer Fluggesellschaft beschäftigt. Das FA berücksichtigte seine Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Heimatflughafen im Streitjahr 2007 lediglich nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale.
Das FG kam dagegen zu dem Ergebnis, dass aufgrund der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte der Heimatflughafen nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei und daher die Fahrten dorthin nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind.

Entscheidung

Der BFH gab dem Steuerpflichtigen ebenfalls Recht. Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2013 geltenden Fassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers.
Damit ist es der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, denen der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.
Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet. Dort – und nur dort – liegt die eine regelmäßige Arbeitsstätte, die ein Arbeitnehmer nur haben kann.
Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich somit nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit.
Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor. Dies ist deshalb der Fall, weil der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und auch dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt tätig wird oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird.
Nach diesen Grundsätzen übt ein Verkehrsflugzeugführer eine Auswärtstätigkeit aus, und zwar unabhängig davon, ob die der Fluggesellschaft als Arbeitgeberin möglicherweise zuzuordnenden betrieblichen Einrichtungen auf dem Flughafengelände des Flughafens die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG erfüllen.
Der Steuerpflichtige war als Verkehrsflugzeugführer und damit schwerpunktmäßig in einem Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige Arbeitsstätte ist, auswärts tätig.
Der BFH hob hervor, dass selbst dann, wenn die Einrichtungen der Fluggesellschaft auf dem Flughafengelände als betriebliche Einrichtung der Arbeitgeberin des Steuerpflichtigen anzusehen wären, es nicht genügt, dass der Steuerpflichtige diese (ggf. sogar arbeitstäglich) aufgesucht hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er seiner eigentlichen Tätigkeit, dem Führen eines Verkehrsflugzeugs, außerhalb der Einrichtungen der Fluggesellschaft nachgegangen ist.

Praxishinweis

Die Entscheidung betrifft die Rechtslage bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2013. Ab Veranlagungszeitraum 2014 ist die geänderte Rechtsprechung des BFH zur regelmäßigen Arbeitsstätte (Bestimmung nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit) aufgrund der gesetzlichen Änderungen durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013 (BStBl. I 2013, 188) gegenstandslos geworden.
Nunmehr bestimmt sich die erste Tätigkeitsstätte nach der dauerhaften Zuordnung des Arbeitgebers (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG). Eine solche ist immer dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer dort zumindest in ganz geringem Umfang tätig werden soll (Auftragsbestätigungen, Stundenzettel, Krank- und Urlaubsmeldung abgeben etc.).
Ist der Arbeitnehmer der Tätigkeitsstätte dagegen nicht dauerhaft zugeordnet, kommen quantitative Zuordnungskriterien zur Anwendung, die den vorgenannten Umfang deutlich überschreiten müssen (siehe hierzu im Einzelnen BMF 30.9.2013, IV C 5 – S 2353/13/10004, BStBl. I 2013, 1279 Rz. 25, 26).