Ein in der Praxis sicherlich häufiger vorkommender Fall wurde vom BFH steuerzahlerfreundlich entschieden. Es ging um die Frage, ob ein Grundstückskäufer die mit Mietvertrag zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG schuldet, obwohl der Mietvertrag vom Grundstückverkäufer stammt. In der Praxis stellen sich hier noch weitere Fragen, auf die der BFH leider nicht eingegangen ist.
Sachverhalt
In dem Streitfall ersteigerte eine GmbH ein vermietetes Gebäude. Das Gebäude war unter anderem an eine Fachklinik und eine Physiotherapiepraxis vermietet. In den vom vorherigen Grundstückseigentümer übernommenen Mietverträgen wurden für diese beiden Mieter die Nettokaltmiete sowie Nebenkosten ausgewiesen. Zudem befand sich ein Zusatz „zzgl. 19 % MwSt“ und ein ausgewiesener entsprechender Umsatzsteuerbetrag im Vertrag.
Sowohl die Tagesklinik als auch die Physiotherapiepraxis überwiesen den Bruttobetrag. Die GmbH, die das Gebäude ersteigerte, meldete zunächst die im Mietvertrag ausgewiesene Umsatzsteuer in den laufenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen an. In der Umsatzsteuerjahreserklärung wurde die Vermietung an diese beiden Vermieter dann jedoch richtigerweise als umsatzsteuerfrei bewertet.
Diese Diskrepanz zwischen Umsatzsteuer-Voranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung rief das Finanzamt auf den Plan. Das Finanzamt vertrat die fiskalische Auffassung, dass der Grundstückskäufer die in den Mietverträgen offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c UStG schulde. In seiner Begründung verwies das Finanzamt auf die Vorschriften in § 57 ZVG und auf § 566 Abs. 1 BGB („Kauf bricht nicht Miete“), da die GmbH in die Rechtsstellung des Vormieters eingetreten und deshalb ein unrichtiger Steuerausweis dem neuen Vermieter steuerlich zuzurechnen sei.
Entscheidung
Doch die Richter des BFH zeigten hier mehr Weitblick und urteilten, dass ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis i. S. d. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dem Grundstückserwerber nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden kann. Mit anderen Worten: Der Grundstückerwerber schuldet die vom Voreigentümer im Mietvertrag zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer nicht.
Relevanz für die Praxis
Die Begründung der BFH-Richter überzeugt. Denn bei einem unrichtigen Steuerausweis schuldet derjenige, der einen höheren Steuerbetrag ausweist, den Mehrbetrag. Eine Inanspruchnahme des Rechnungsausstellers nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG setzt voraus, dass dieser an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass diesem die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen zuzurechnen ist. Da die GmbH, die das Gebäude ersteigert hatte, nicht an dem Mietvertrag mitgewirkt hat, scheidet eine Inanspruchnahme des Erwerbers nach § 14c UStG aus.
Praxistipp
Im Umkehrschluss könnte das für die Praxis bedeuten, dass der Grundstückserwerber, der den Mietvertrag anpasst (z. B. Mieterhöhung) und den unrichtigen Steuerausweis mit anderen Steuerbeträgen fortführt, die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer sehr wohl nach § 14c UStG schulden kann. Denn in diesem Fall hat er an der Rechnung mitgewirkt.
Beachten Sie | Eine Frage, die in dem entschiedenen Urteilsfall leider offenblieb: Wer muss für die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer aufkommen, sollten die Mieter die zu Unrecht ausgewiesene und bezahlte Umsatzsteuer vom neuen Grundstückseigentümer für die zurückliegenden Jahre zurückfordern, in denen er noch nicht Eigentümer war? Hier wäre eine Stellungnahme der Finanzverwaltung begrüßenswert.
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