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Zum Thema „erweiterte Grundstückskürzung“ nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG ergehen immer mehr klarstellende Urteile, die Sie für Ihre Mandanten beachten müssen. Nach dem Update zur erweiterten Grundstückskürzung im Juli beleuchten wir im Folgenden die neuesten Urteile zu dieser brisanten Thematik.

Grundsätze zur erweiterten Grundstückskürzung

Ein grundstücksverwaltendes Unternehmen kann in seiner Gewerbesteuererklärung unter folgenden Voraussetzungen die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags beantragen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt:

  • Die erweiterte Grundstückskürzung muss beantragt werden und
  • das Unternehmen darf ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten.

Folgende Tätigkeiten sind unschädlich, wenn es um die Beurteilung geht, ob ein Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet:

  • Die Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen,
  • die Betreuung von Wohnungsbauten und
  • die Errichtung und Veräußerung von Ein- bzw. Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen.

Praxistipp | Werden solche unschädlichen Tätigkeiten ausgeübt, bezieht sich die Kürzung dennoch ausschließlich auf den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Die erweiterte Grundstückskürzung scheidet bei Ermittlung des Gewerbeertrags jedoch in folgenden Fällen aus:

Neues Urteil I: Unterjähriger Grundstückserwerb

Erwirbt ein Unternehmen ein Grundstück unterjährig, scheidet die erweiterte Grundstückskürzung für dieses Steuerjahr nach Ansicht der Finanzverwaltung aus.

Die Sachbearbeiter und Prüfer begründen diese Auffassung mit der Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 2 GewStDV. Dort heißt es sinngemäß, dass es nur zu einer Kürzung des Gewerbeertrags kommt, wenn zum Beginn des Kalenderjahrs bereits ein Grundstück vorhanden ist.

Die Richter des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg bestätigten diese arg fiskalische Vorgehensweise und versagten bei einem unterjährigen Grundstückskauf die erweiterte Grundstückskürzung.

Die Kürzung kann frühestens im nächsten Steuerjahr beantragt werden, so das Urteil (FG Berlin-Brandenburg. 11.12.18, 8 K 813/17).

Beispiel 1

Ein Steuerzahler erwirbt im Januar eine GmbH. Im Juni kauft diese GmbH ein Grundstück. Die Tätigkeit der GmbH beschränkt sich ausschließlich auf die Verwaltung und Nutzung dieses Grundbesitzes. Die GmbH beantragt in der Gewerbesteuererklärung die erweiterte Grundstückskürzung.

Folge: Nach dem aktuellen FG-Urteil wird das Finanzamt die erweiterte Grundstückskürzung ablehnen, weil zum 1.1. des Jahres noch kein Grundstück zum Betriebsvermögen der GmbH gehörte.

Praxistipp | Gegen die Versagung der erweiterten Grundstückskürzung bei unterjährigem Grundstückserwerb lohnt sich Gegenwehr in Form eines Einspruchs und eines Antrags auf Ruhen des Verfahrens. Denn das letzte Wort hat nun der BFH im Revisionsverfahren (BFH, Az. III R 7/19).

Anmerkung zu Erfolgsaussichten: Die Chancen auf Erfolg für die betroffenen Mandanten stehen bei 50 zu 50. Denn die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg widerspricht der Begründung des BFH-Urteils vom 15.3.2000 (Az. I R 17/99).

Die Richter haben damals klargestellt, dass in § 20 Abs. 1 Satz 2 GewStDV nur die Anwendung der pauschalen Kürzung bei Grundbesitz nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG geregelt ist und nicht bei Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung.

Zudem ignorieren die Richter des FG Berlin-Brandenburg völlig die Regelung des § 14 Satz 3 GewStG.

Dort heißt es: „Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des ganzen Kalenderjahrs, so tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitraum der Steuerpflicht (abgekürzter Erhebungszeitraum).“

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es für die erweiterte Grundstückskürzung ausreichen muss, wenn die ausschließlich grundbesitzverwaltende Tätigkeit im gesamten Erhebungszeitraum bzw. eben im abgekürzten Erhebungszeitraum ausgeübt wird.

Neues Urteil II: Beteiligung an gewerblich geprägter Personengesellschaft

Beteiligt sich ein Grundstücksunternehmen an einer Personengesellschaft und ist das Unternehmen als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen (= gewerbliche Einkünfte der Personengesellschaft), scheidet die erweiterte Grundstückskürzung nach Auffassung der Finanzverwaltung aus (H 9.2 Abs. 2 „Beteiligungen“ GewStH). Das gilt unabhängig vom Umfang der Beteiligung.

Diese sehr fiskalische Auffassung, dass das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten, grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gegen das Ausschließlichkeitsgebot (= ausschließliches verwalten und nutzen eigenen Grundbesitzes) des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verstößt, wurde aktuell vom BFH bestätigt (BFH 27.6.19, IV R 44/16).

Beispiel 2

Eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG verwaltete eigenen Grundbesitz. Daneben war sie Gesellschafterin an einer gewerblich geprägten GbR, die ebenfalls eigenen Grundbesitz verwaltete und dafür die erweiterte Grundstückskürzung beantragte und gewährt bekam. Die GmbH & Co. KG beantragte ebenfalls die erweiterte Grundstückskürzung. Folge: Das Finanzamt wird bei der GmbH & Co. KG die erweiterte Grundstückskürzung ablehnen, weil das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft schädlich ist. Dass die GbR ihrerseits in den Genuss der erweiterten Grundstückskürzung kommt, färbt nicht auf die GmbH & Co. KG ab.

Praxistipp | Sachbearbeiter und Prüfer der Finanzämter könnten nun auf die Idee kommen, die Grundsätze des BFH-Urteils vom 27.6.2019 auch auf Fälle anzuwenden, bei denen eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft besteht. Doch auch hier lohnt sich Gegenwehr. Denn dazu hat der Bundesfinanzhof bereits grünes Licht für die erweiterte Grundstückskürzung gegeben (BFH, Beschluss v. 25.9.18, GrS 2/16).

Neues Urteil III: Erweiterte Grundstückskürzung trotz Formwechsels

Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG kippt die erweiterte Grundstückskürzung, wenn

  • der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven des Grundbesitzes enthält und
  • der Grundbesitz innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen übertragen wurde
  • und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen.

Dieses Szenario findet nach Auffassung der Finanzverwaltung statt, wenn eine GmbH & Co. KG ihre Form identitätswahrend und steuerneutral im Sinne von § 25 UmwStG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in eine GmbH wechselt.

Die Finanzverwaltung argumentiert hier, dass ein Formwechsel in diesem Sinn einen Veräußerungstatbestand darstellt. Bei Gewinnen aus einer solchen Veräußerung eines Grundstücks soll die erweiterte Grundstückskürzung ausgeschlossen sein.

Praxistipp | Auch hier lohnt sich Gegenwehr. Das Finanzgericht Köln hat in einem vergleichbaren Fall die erweiterte Grundstückskürzung genehmigt (FG Köln 11.7.19, 13 K 2469/17). Die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 39/19 anhängig.

Fundstellen
* BFH 25.9.18, GrS 2/16,
* BFH 27.6.19, IV R 44/16,
* FG Berlin-Brandenburg 11.12.18, 8 K 813/17, Rev. BFH III R 7/19,
FG Köln 11.7.19, 13 K 2469/17, Rev. BFH I R 39/19,