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Gemäß der Strafprozessordnung haben Steuerberater und ihre Mitarbeiter in einem Steuerstrafverfahren, das gegen einen Mandanten eingeleitet wurde, ein Zeugnisverweigerungsrecht. Zusätzlich hat der Gesetzgeber dieses Zeugnisverweigerungsrecht mit einem Beschlagnahmeverbot in der Kanzlei verknüpft. Welche Unterlagen unter das Beschlagnahmeverbot fallen, ist jedoch immer wieder umstritten. Das LG Halle hatte darüber zu entscheiden, ob Buchführungsunterlagen grundsätzlich unter das Beschlagnahmeverbot fallen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall.

von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

LG Halle 7.6.17, 2 Qs 1/2017 F

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Sachverhalt

Die Steuerfahndung führte gegen einen Kfz-Händler Ermittlungen durch. Aufgrund eines für die Geschäftsräume seines Steuerberaters erlassenen Durchsuchungsbeschlusses versuchten die Beamten vergeblich, dort Geschäftsunterlagen des Beschuldigten sicherzustellen. Insbesondere ging es den Fahndern um Konto- und Vertragsunterlagen. Der Versuch des Beraters, die richterliche Anordnung anzugreifen, war erfolglos.

Entscheidung

Nach Auffassung des LG waren die potenziellen Beweismittel im angefochtenen Beschluss ausreichend bestimmt und auch in vollem Umfang beschlagnahmefähig.

Zwar wird teilweise die Ansicht vertreten, dass beim Berater befindliche Buchführungsunterlagen, Bilanzen, Steuererklärungen und dergleichen stets einem strafprozessualen Beschlagnahmeverbot unterlägen.

Dieser Auffassung erteilt das Landgericht aber eine eindeutige Absage. Denn solche allgemeinen Geschäftsunterlagen muss ein Steuerpflichtiger stets aufgrund einer ihn originär treffenden gesetzlichen Regelung aufbewahren, um sie auf Anforderung den Finanzbehörden vorlegen zu können.

Diese Aufbewahrungspflicht wäre hinfällig, wenn ein Steuerpflichtiger durch das Verbringen der Unterlagen zu seinem Steuerberater eine Beschlagnahme verhindern könnte.

Ein Beschuldigter kann sich also nicht einen „sicheren Hafen“ verschaffen und seine Geschäftsunterlagen auch nicht weiteren Ermittlungsmaßnahmen dadurch entziehen, dass er die Dokumente an den Berater weitergibt. Dass durch die angeordnete Maßnahme im konkreten Fall kein Beweismaterial gefunden wurde, führt nicht nachträglich zu einer Unzulässigkeit der Anordnung der Durchsuchung. Denn dieses Ergebnis war für die Ermittler nicht vorhersehbar.

Praxishinweis

Von der Beschlagnahme stets ausgeschlossen ist lediglich die Handakte des Berufsangehörigen, das heißt seine eigenen Aufzeichnungen und Entwürfe oder Besprechungsvermerke. Nur diese Unterlagen sind innerhalb des bestehenden Vertrauensverhältnisses entstanden und geschützt.

Darüber hinaus müssen die Ermittlungsbehörden in allen Fällen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt beachten. Sie dürfen in jedem Verfahrensstadium nur das jeweils schonendste Mittel anwenden. So muss die Steufa zunächst andere potenzielle Erkenntnisquellen ausschöpfen und auch dem Berater immer die Möglichkeit einräumen, die gesuchten Unterlagen freiwillig auszuhändigen. Eine „echte“ Durchsuchung der Beraterpraxis kommt nur als ultima ratio infrage.