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Die erste Lieferung im Rahmen eines Ausfuhr-Reihengeschäfts erfolgt als ruhende Lieferung steuerpflichtig, wenn dem Ausgangslieferanten vor Beginn des Transports bekannt ist, dass sein Kunde die Ware vorab an ­einen Dritten verkauft hat.?
Das Urteil sorgt derzeit für Erstaunen, liegt aber ­eigentlich auf der Linie der neueren Rechtsprechung von EuGH und BFH.
FG Münster 16.1.14, 5 K 3930/10 U; Rev. BFH XI R 12/14,
EuGH 16.12.10, Rs. C-430/09, Euro Tyre Holding, BFH/NV 2011, 379
EuGH 27.9.12, C-587/10, Vogtländische Straßen-, Tief- und Rohrleitungsbau GmbH – VStR, BFH/NV 2012, 1919
BFH 11.8.11, V R 3/10, BFH/NV 2011, 2208

Sachverhalt

Ein deutsches Unternehmen verkaufte Handys an ein britisches Unternehmen. Letzteres beauftragte ein Beförderungsunternehmen mit dem Transport an seine (End-)Kunden in Dubai.
Dort kamen die Geräte auch tatsächlich an. Zu Beginn des Transports wusste das deutsche Unternehmen bereits von der Weiterveräußerung der Ware durch den britischen Unternehmer. Das deutsche Unternehmen behandelte den Vorgang als steuerfreie Ausfuhrlieferung. Dem folgte das Finanzamt nicht; die Lieferung sei als ruhende Lieferung in Deutschland umsatzsteuerpflichtig.

Entscheidung

Das FG teilt die Rechtsauffassung des Finanzamts und stellt zur Beantwortung der Frage, wem die bewegte Lieferung und damit die Ausfuhrbefreiung zugerechnet werden muss, zunächst fest, dass eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich ist.
Ein wichtiges Indiz sei dabei, ob der Zwischenerwerber dem Ausgangslieferanten mitgeteilt hat, dass er die Ware bereits vor der Beförderung oder Versendung an einen Endabnehmer weiterverkauft hat. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass aufgrund einer derartigen Mitteilung für den Ausgangslieferanten erkennbar ist, dass die Beförderung oder Versendung nicht seiner Lieferung zuzurechnen ist.
Argumentation und Denkweise sind an sich so neu nicht. EuGH und BFH haben das Gedankengut in den letzten Jahren sukzessive entwickelt. Dies allerdings zur Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung. Das FG überträgt die Gedanken nunmehr erstmals auf die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung.

Praxishinweis

Für die erforderliche Abgrenzung kommt es also auf
die Verpflichtung und
die Absichtsbekundung
des Zwischenerwerbers an, den Liefergegenstand zu befördern oder zu versenden.
h3, Anmerkung

Im Ergebnis hat danach der Zwischenerwerber im Fall des Weiterverkaufs ein Wahlrecht. Er kann durch
Mitteilung oder
Verschweigen
des Weiterverkaufs die Beförderung oder Versendung
dem Eingangsumsatz („Lieferung an ihn“ i.S.v. „§ 3 Abs. 6 Satz 6 UStG) oder
dem eigenen Ausgangsumsatz
zuordnen.
Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen.
Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung sollte sich der Verkäufer im Abholfall durch eine Zusatzvereinbarung vertraglich absichern:
Musterklausel / … Information über einen bereits erfolgten oder beabsichtigten Weiterverkauf vor Ausfuhr
„Der Vertragspartner zu § … (Käufer) informiert den Vertragspartner zu § … (Verkäufer) dahingehend, dass er die Kaufsache (§ …) bereits vor dem Transportbeginn weiterverkauft hat.
Aus diesem Grunde erklärt sich der Käufer mit einer Bruttoabrechnung (inklusive deutsche Umsatzsteuer) einverstanden.“
Musterklausel?/ … Information über das Ausbleiben eines Weiterverkaufs vor Ausfuhr
„Der Vertragspartner zu § … (Käufer) informiert den Vertragspartner zu § … (Verkäufer) dahingehend, dass er die Kaufsache (§ …) vor dem Transportbeginn noch nicht weiterverkauft hat.
Sollte dies unzutreffend sein oder von der Finanzverwaltung anders beurteilt werden, wird der Käufer dem Verkäufer die festgesetzte Umsatzsteuer mit Nebenleistungen (Zinsen) nachzahlen.
Sollte der Käufer sich nach Abschluss dieses Vertrags und vor Transportbeginn umentscheiden, wird er den Verkäufer umgehend informieren und dann mit einer Bruttoabrechnung (inklusive deutsche Umsatzsteuer) einverstanden sein.“