Das Thema „Photovoltaik und Steuern“ ist relativ kompliziert geworden. Darum hier ein Update, was neu ist, sowie Antworten auf typische Fragen zu dieser Thematik.
Leistungsgrenzen bei Alt-PV-Anlagen
Die Leistungsgrenze für Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG bei Einfamilienhäusern und nicht zu Wohnzwecken genutzten Objekten (Scheune, Gewerbeimmobilie mit nur einer Nutzungseinheit) betrug bei Inbetriebnahme der PV-Anlage vor dem 1.1.2025 30 kW (peak). Bei sonstigen Gebäuden (Mehrfamilienhäuser; Gewerbeimmobilie mit mehreren Nutzungseinheiten) betrug die Leistungsgrenze 15 kW (peak) je Nutzungseinheit.
Leistungsgrenzen für Neu-PV-Anlagen
Für PV-Anlagen, die ab dem 1.1.2025 in Betrieb genommen wurden, gilt bezüglich der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG Folgendes:
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Die Leistungsgrenze beträgt unabhängig von der Gebäudeart 30 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit.
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Diese Neuregelung gilt auch für Altanlagen, die 2025 erweitert werden (§ 52 Abs. 4 Satz 29 EStG).
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Die Steuerbefreiung ist insgesamt auf 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen bzw. Mitunternehmerschaft begrenzt. Hier handelt es sich um eine Freigrenze (Klarstellung).
Nachweis zur Leistung
Ob die Leistungsgrenzen erfüllt sind, richtet sich nach der Bruttoleistung, die im Marktstammdatenregister (MaStR) hinterlegt ist. Es ist möglich, dass eine PV-Anlage im steuerlichen Sinn im MaStR auf mehrere Eintragungen aufgeteilt wird oder mit anderen Anlagen zusammengefasst wird.
Beispiel |
Ein Grundstück ist mit vier Einfamilienhäusern bebaut. Auf jedem dieser Häuser steht jeweils eine PV-Anlage mit 25 kW (peak). Alle vier Anlagen bestehen aus Modulen, einem Wechselrichter und einem Zähler. Aus dem Auszug des Marktstammdatenregisters geht hervor, dass die PV-Anlagen als einheitliche Anlage mit 100 kW (peak) erfasst wurden. Folge: Hier liegen im steuerlichen Sinn vier separat zu beurteilende PV-Anlagen vor, weil jede Anlage für sich eigenständig betrieben werden kann (BMF 17.7.23, IV C 6 – S 2121/23/10001 :001, Rz. 2). Da jede Anlage jeweils eine Bruttoleistung von 25 kW hat, greift für jede dieser Anlagen die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG. |
Beachten Sie | Es ist steuerlich also ohne Bedeutung, wenn mehrere unabhängig voneinander zu betreibende PV-Anlagen im MaStR zusammengefasst sind. Es muss also für jede einzelne Anlage nachgewiesen werden, dass diese unabhängig betrieben werden kann.
Definition des Begriffs Gebäude
Auf Bund-Länder-Ebene wurde beschlossen, dass für die Auslegung des Gebäudebegriffs nicht das Bewertungsgesetz maßgeblich ist, sondern die Verkehrsanschauung. Danach reicht es für ein Gebäude aus, wenn es vier Wände und ein Dach hat.
Einheitliche Anlage auf mehreren Objekten
Eine PV-Anlage ist also nur dann als Anlage i. S. v. § 3 Nr. 72 EStG zu qualifizieren, wenn sie aus Solarmodulen, Wechselrichtern und einem Einspeisezähler besteht. Auf Bund-Länder-Ebene wurde beschlossen, dass bei einheitlichen PV-Anlagen, die sich auf mehreren Objekten befinden, die Leistungsgrenzen aller Objekte zusammenzurechnen sind und mit der Gesamtleistung der PV-Anlage zu vergleichen sind.
Beispiel |
Ein Landwirt betreibt auf seiner Hofstelle eine einheitliche PV-Anlage. Module mit einer Leistung von 35 kW (peak) befinden sich auf einem Stallgebäude. Weitere Module mit einer Leistung von 20 kW (peak) sind auf einer Maschinenhalle verbaut. Der Wechselrichter und die Zähler sind in der Maschinenhalle installiert. Die Anlage wurde 2023 in Betrieb genommen. |
Folge: Die PV-Anlage ist insgesamt nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei. Weil sich die einheitliche Anlage auf zwei getrennten Gebäuden befindet, sind die objektbezogenen Grenzen zusammenzurechnen. Da jeweils eine objektbezogene Grenze von 30 kW (peak) für Altanlagen greift und die Bruttoleistung der Anlage nicht über 60 kW (peak) liegt, greift die Steuerfreiheit. |
Nutzung der PV-Anlage für Vermietung und Verpachtung
Betreibt ein Vermieter eine PV-Anlage und verkauft er den produzierten Strom direkt an seine Mieter, liegt eine Direktvermarktung vor. Die Einnahmen aus einer solchen Direktvermarktung sind bei Erfüllung der Voraussetzungen auch nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei.
Liefert der Vermieter im Rahmen eines Mieterstromvertrags nach § 42a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) Strom an seine Mieter, sieht dieser Vertrag vor, den Mieter auch dann mit Strom zu versorgen, wenn kein Photovoltaikstrom zur Verfügung steht. In diesem Fall erhält der Vermieter nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 3, 21 Abs. 3 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen Mieterstromzuschlag. Auch dieser Zuschlag ist bei Erfüllung aller Voraussetzungen nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei.
Die Belieferung des Mieters mit dem Zusatzstrom unterliegt dagegen „nicht“ der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG. Die Einnahmen sind als Betriebseinnahmen zu erfassen. Davon dürfen die Kosten für den Bezug des Zusatzstroms als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
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Steuerfrei nach § 3 Nr. 72 EStG | Keine Steuerbefreiung |
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Übertragung bzw. Überführung von PV-Anlagen
Bei der Übertragung oder der Überfügung von PV-Anlagen sind grundsätzlich folgende Besteuerungsvarianten denkbar:
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Übertragung eines Betriebs oder eines Teilbetriebs zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG
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Übertragung oder Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 EStG
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Übertragung bzw. Überführung zu Buchwerten nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG (Realteilung einer Mitunternehmerschaft)
Zur Frage, ob ortsverschieden belegene PV-Anlagen als Teilbetrieb angesehen werden können, sind die Grundsätze des BFH-Beschlusses vom 13.6.2022 (X B 148/21) heranzuziehen. Danach gelten für die Abgrenzung keine Besonderheiten für PV-Anlagen. Vielmehr gelten die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Abgrenzungskriterien „Teilbetrieb bzw. unselbstständiger Betriebsteil eines einheitlichen Gewerbebetriebs“ (grundlegend BFH 25.11.09, X R 23/09).
Die Buchwertfortführung kommt allerdings nicht zur Anwendung, wenn die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt ist. Das wäre der Fall, wenn die PV-Anlage vor der Übertragung bzw. vor der Überführung „nicht“ nach § 3 Nr. 72 EStG steuerbegünstigt war und damit auch ein Veräußerungsgewinn bzw. ein Aufgabegewinn steuerpflichtig wäre, die Anlage durch die Übertragung bzw. die Überfügung auf einmal jedoch nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigt ist (BMF 17.7.23, Rz. 22).
Praxistipp
Scheidet die Übertragung bzw. die Überführung einer PV-Anlage zu Buchwerten aus den genannten Gründen aus, ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG entweder der Teilwert oder nach § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG der gemeine Wert zu ermitteln.