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Der Verkauf eines Gartengrundstücksteils ist bei weiterhin bestehender Wohnnutzung nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen, so ein Urteil des FG Niedersachsen.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen bewohnten ein bebautes Grundstück zu eigenen Wohnzwecken. Da auf ihrem Grundstück noch ein weiteres Gebäude errichtet werden konnte, veranlassten sie die Teilung des Flurstücks in zeitlichem Zusammenhang mit Verkaufsgesprächen. Das neue entstandene Flurstück lag vom Wohnhaus der Steuerpflichtigen betrachtet als Streifen am Ende des insgesamt rechteckig geschnittenen Grundstücks. Im Juni 2019 veräußerten sie das neu entstandene Flurstück innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 EStG mit Gewinn.

Entscheidung

FA und nachfolgend auch das FG sahen damit den Tatbestand des privaten Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG verwirklicht. Eine Befreiung aufgrund einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG lag nach Auffassung des Gerichts nicht vor.

Die Rechtsprechung bezieht zwar bei einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude den „dazugehörigen Grund und Boden“ in die Begünstigung mit ein, da regelmäßig die Veräußerung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsguts auch den anteiligen Grund und Boden umfasst. Die Grenze zieht der BFH aber unter Berücksichtigung des Normzwecks des Befreiungstatbestands.

Im Streitfall diente das veräußerte Flurstück im Zeitpunkt seiner Veräußerung bei gleichzeitiger Weiternutzung des bisherigen Gebäudes des Grundstücks nicht eigenen Wohnzwecken der Steuerpflichtigen, sodass die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht vorgelegen hatten. Mit der Grundstücksteilung und Bildung des neuen Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs war der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben. Der Grund und Boden „gehörte“ nicht zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Denn die Ausnahmeregelung hat ihre Rechtfertigung darin, dass nur Grundstücksveräußerungen, die durch einen Wohnsitzwechsel ausgelöst werden, von der Besteuerung als Veräußerungsgeschäft ausgenommen werden sollen. Ein solcher Wohnsitzwechsel fand im Streitfall jedoch nicht statt, denn die Steuerpflichtigen nutzten unverändert das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken.

Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, in der Frage, ob eine Parzellierung einer zuvor erworbenen Grundstücksfläche und deren Weiterverkauf innerhalb des zehnjährigen Veräußerungszeitraums wegen der Weiternutzung des erworbenen Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken zu einem Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt, grundsätzliche Bedeutung hat.

fundstelle
FG Niedersachsen 20.7.22, 4 K 88/21, Rev. BFH IX R 14/22