Für die Annahme von Arbeitslohn bei einem GmbH-Geschäftsführer spricht es, dass der Verbleib eines Anteilsübertragungsgewinns rechtlich und tatsächlich an die weitere Ausübung der Geschäftsführertätigkeit geknüpft ist.
Hintergrund
Arbeitslohn setzt voraus, dass ein geldwerter Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leistung und dem Dienstverhältnis im Sinne einer „conditio sine qua non“ genügt dafür nicht. Erforderlich ist vielmehr ein finaler Zusammenhang in dem Sinne, dass die Zuwendung Entlohnungscharakter aufweisen muss.
Kein Arbeitslohn liegt allerdings u. a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. zwischen Arbeitnehmer und Dritten gewährt wird. Ob der entsprechende Leistungsaustausch den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige war zu 50 % an der A GmbH beteiligt. Zudem war er auch Geschäftsführer der Gesellschaft. Er verkaufte seine Anteile an der A GmbH an die D GmbH und trat die Anteile aufschiebend bedingt auf die vollständige Kaufpreiszahlung an die D GmbH ab.
Der Kaufvertrag enthielt die Regelung, dass ein festgelegter Betrag für die Fortsetzung der Geschäftsführung über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren seitens des Steuerpflichtigen im Kaufpreis enthalten war. Ein Dritter übernahm zugunsten des Steuerpflichtigen gegenüber der D GmbH eine Bürgschaft gegen eine vierteljährlich zu berechnende Avalprovision von 1 %. Der Steuerpflichtige berücksichtigte in seiner Einkommensteuererklärung den im Kaufpreis enthaltenen Betrag für die Fortsetzung der Geschäftsführung als Teil des Veräußerungspreises im Rahmen der Ermittlung des Gewinns i. S. v. § 17 EStG und die Avalprovision als Veräußerungskosten i. S. d. § 17 EStG. Daneben erklärte der Steuerpflichtige einen Bruttoarbeitslohn. Werbungskosten in diesem Zusammenhang machte er nicht geltend.
Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem im Vertrag genannten Betrag für die Fortsetzung der Geschäftsführung um eine Gegenleistung für die mehrjährige Geschäftsführertätigkeit handele und diese mithin nach § 19 EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern sei. Die Aufwendungen für die Avalprovision stellten dementsprechend Werbungskosten zu diesen Einkünften dar und seien entsprechend zu berücksichtigen.
Entscheidung
Für die Annahme von Arbeitslohn sprach im Streitfall, dass der Verbleib des Betrags beim Steuerpflichtigen rechtlich und dadurch auch tatsächlich an die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH geknüpft war. Denn die Zahlung des Betrags stand unter dem Vorbehalt der Erstattung im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Geschäftsführertätigkeit. Das (Fort-)Bestehen des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses war mithin notwendige Voraussetzung für die Vorteilsgewährung in Form der Zahlung und später der Nichtrückzahlung des streitbefangenen Teilbetrages.
Im Streitfall war prägende Gegenleistung des Steuerpflichtigen nach den gesamten Umständen seine Arbeitsleistung im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses in Form des Geschäftsführerdienstverhältnisses und nicht die Anteilsübertragung. Solche Rechtsbeziehungen (d.h. neben dem Arbeitsverhältnis bestehende Rechtsbeziehungen auf denen die Leistung beruht) zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass sie auch selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könnten. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall jedoch nicht vor. Im Ergebnis war die Anteilsübertragung im Rahmen des Anteilskaufvertrags zwar notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für den Erhalt und Behalt des Betrages, denn hierfür musste nach den Vereinbarungen zwingend die mindestens fünfjährige Fortführung der Geschäftsführertätigkeit hinzukommen. Die sonstigen Rechtsbeziehungen bestanden daher nicht selbstständig und losgelöst.
Da die Abgrenzung zwischen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und solchen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das FG die Revision zugelassen.
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FG Köln 4.12.24, 12 K 1271/23, Rev. BFH IX R 1/25