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Versteuert der Unternehmer entgegen § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 u. 4 UStG seine Umsätze nicht bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung, sondern erst für den der nachfolgenden Entgeltvereinnahmung, kann er die Rechtswidrigkeit der für den Besteuerungszeitraum der Entgeltvereinnahmung vorliegenden Steuerfestsetzung geltend machen, ohne dass dem – im Hinblick auf eine für den Besteuerungszeitraum der Leistungserbringung angenommene Festsetzungsverjährung – eine Analogie zu § 20 Satz 3 UStG entgegensteht.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige führte in ihrer Werkstatt Reparaturen an Fahrzeugen des Herstellers X (X) durch. X vergütete die Reparaturen nach deren Ausführung im Rahmen von „Gewährleistungen“. Die Steuerpflichtige, die ihre Steuer nach vereinbarten Entgelten berechnete, verbuchte ihre Ansprüche gegen X für die im Rahmen von „Gewährleistungen“ zu vergütenden Reparaturleistungen auf „Vergütungskonten“.

Der Saldo auf diesem „Vergütungskonto“ belief sich am Jahresende 2012 auf rund 32.000 EUR, wobei die Steuerpflichtige die hierfür erbrachten Leistungen nicht bereits in 2012, sondern erst mit der Vereinnahmung in 2013 (Streitjahr) versteuerte. Zum Ablauf des Streitjahrs 2013 ergab sich ein Vergütungssaldo von rund 102.000 EUR, wobei die Steuerpflichtige die hierfür erbrachten Leistungen wiederum nicht im Streitjahr 2013, sondern erst mit der Vereinnahmung in 2014 versteuerte.

Das Finanzamt erkannte die verspätete Besteuerung und änderte im Anschluss an eine Außenprüfung u. a. die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2013 und erhöhte die Bemessungsgrundlage der mit dem allgemeinen Steuersatz zu besteuernden Umsätze um den zum Jahresende 2013 bestehenden Vergütungssaldo.

Die Steuerpflichtige beantragte, die Bemessungsgrundlage um den zum Jahresende 2012 bestehenden Vergütungssaldo zu mindern. Seiner Auffassung nach seien diese Leistungen in 2012 zu versteuern.

Nach erfolglosem Einspruch hatte auch die Klage vor dem FG keinen Erfolg.

Entscheidung

Die Revision der Steuerpflichtigen war jedoch begründet. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Damit kommt es bei dieser Art der – auch als Sollbesteuerung bezeichneten – Steuerentstehung im Gegensatz zur Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG), bei der gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (Ist-Besteuerung),

  • grundsätzlich nur auf die Leistungsausführung,

  • nicht aber auf die Entgeltvereinnahmung an.

Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass von der sich aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und 4 UStG ergebenden Rechtslage im Rahmen einer Analogie zu § 20 Satz 3 UStG, wonach bei einem Wechsel der Art der Steuerberechnung Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben dürfen, abgewichen werden kann.

Die analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, das heißt ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Zudem müssen der vom Gesetzgeber geregelte und der nicht geregelte Fall durch eine vergleichbare Interessenlage gekennzeichnet sein.

Eine planwidrige Regelungslücke ist nur gegeben, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig und somit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Im Übrigen kommt eine analoge Anwendung einer Vorschrift nur in Betracht, wenn die für einen bestimmten Sachverhalt vorgesehene gesetzliche Regelung auf einen anderen, vom Gesetz nicht erfassten, aber nur unwesentlich abweichenden Sachverhalt anwendbar ist.

Danach kam im Streitfall eine Analogie nicht in Betracht. Es fehlte bereits an einer hierfür erforderlichen Regelungslücke. Die Korrektur einer im Widerspruch zu § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG stehenden zeitlichen Zuordnung von Umsätzen erfolgt auf der Grundlage der Änderungsvorschriften der § 164 Abs. 2, § 172 ff. AO unter den darin niedergelegten Voraussetzungen. Dabei ist der hier vorliegende Fall, dass aus einem Antrag des Steuerpflichtigen Folgerungen für andere Besteuerungszeiträume zu ziehen sind, insbesondere durch § 174 Abs. 4 AO geregelt. Damit liegt eine gesetzliche Regelung für die hier zu beurteilende Fallgestaltung vor.

Zudem fehlte es im Streitfall auch am Erfordernis einer vergleichbaren Interessenlage. Denn § 20 Satz 3 UStG bezieht sich auf einen rechtlichen Wechsel der Besteuerungsart von der Soll- zur Ist-Besteuerung oder umgekehrt. Damit nicht vergleichbar ist der hier vorliegende Fall, dass der Unternehmer einzelne seiner Umsätze nicht bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung, sondern rechtsfehlerhaft erst für den der nachfolgenden Entgeltvereinnahmung versteuert. Würde § 20 Satz 3 UStG auch auf eine tatsächlich rechtsfehlerhafte Versteuerung angewendet, würde damit die für einen bestimmten Sachverhalt vorgesehene gesetzliche Regelung nicht auf einen anderen, vom Gesetz nicht erfassten, aber nur unwesentlich abweichenden Sachverhalt angewendet.

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