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Der Zeitpunkt, zu dem eine Versorgungszusage erstmalig erteilt wurde, bestimmt sich nach der zu einem Rechtsanspruch führenden arbeitsrechtlichen bzw. betriebsrentenrechtlichen Verpflichtungserklärung des Arbeitgebers. Hat der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers mehrere Direktversicherungen abgeschlossen, ist die Frage, ob diese auf verschiedenen Versorgungszusagen beruhen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Das Fehlen oder Vorliegen eines zusätzlichen biometrischen Risikos kann dabei lediglich als ein Indiz herangezogen werden. Es ist keine gesetzliche Voraussetzung für eine Neuzusage.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war seit dem Jahr 1992 bei seinem Arbeitgeber angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Arbeitgeber hatte zugunsten des Steuerpflichtigen als versicherte Person im Rahmen der bei der A-Versicherung bestehenden Gruppenversicherung ab dem 1.1.1997 eine Direktversicherung (kapitalbildende Lebensversicherung) zur betrieblichen Altersvorsorge und eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. Der Arbeitgeber versteuerte die Versicherungsbeiträge pauschal nach § 40b EStG.

Im Jahr 2013 kündigte der Arbeitgeber das mit dem Steuerpflichtigen bestehende Arbeitsverhältnis. In dem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren schloss der Arbeitgeber mit dem Steuerpflichtigen im April 2014 vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) einen gerichtlichen Vergleich. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielt er eine Abfindung. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, bis zum 30.4.2014 einen Teilbetrag als einmalige Entgeltumwandlung nach der sog. Vervielfältigungsregelung gem. § 3 Nr. 63 EStG in der im Streitjahr (2014) geltenden Fassung in eine Direktversicherung bei der B-Versicherung einzuzahlen. Den verbleibenden Abfindungsbetrag hatte der Arbeitgeber unter Abzug der Lohnsteuer mit der Entgeltabrechnung für April 2014 an den Steuerpflichtigen auszuzahlen.

Der Steuerpflichtige gab in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr die vom Arbeitgeber an die B-Versicherung geleistete Zahlung nicht an. Das FA veranlagte ihn insoweit erklärungsgemäß.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Zahlung an die B-Versicherung sei nicht nach der Vervielfältigungsregelung in § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG steuerfrei. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer bei Beiträgen zu einer Direktversicherung auf die Steuerfreiheit der Beiträge zugunsten der weiteren Anwendung des § 40b EStG a. F. verzichtet habe. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Denn die Beiträge an die A-Versicherung (Altvertrag) seien unter Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 40b EStG a. F. pauschal versteuert worden.

Entscheidung

Nach erfolglosem Klageverfahren wies der BFH den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an den BFH zurück.

Für die Anwendung von § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG sowie § 40b Abs. 1 und Abs. 2 EStG a. F. kommt es nach Meinung des BFH darauf an, ob die entsprechenden Beiträge aufgrund einer Versorgungszusage geleistet werden, die vor dem 1.1.2005 (Altzusage) oder nach dem 31.12.2004 (Neuzusage) erteilt wurde (§ 52 Abs. 4 Satz 10 EStG).

Zur Beantwortung der Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Versorgungszusage erstmalig erteilt wurde, ist grundsätzlich die zu einem Rechtsanspruch führende arbeitsrechtliche bzw. betriebsrentenrechtliche Verpflichtungserklärung des Arbeitgebers maßgebend. Diese kann z. B. in einem Einzelvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder durch Tarifvertrag abgegeben werden (ebenso BMF 24.7.13, IV C 3 – S 2015/11/10002/ IV C 5 – S 2333/09/10005, Rz. 350). Hiernach ist im vorliegenden Fall eine Neuzusage gegeben. Denn der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen hatte sich erstmals in dem gerichtlich protokollierten Vergleich im April 2014 vor dem LAG verpflichtet, im Rahmen der Entgeltumwandlung eine Versorgung zugunsten des Steuerpflichtigen durch eine Direktversicherung bei der B-Versicherung zuzusagen.

Hat der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers mehrere Direktversicherungen abgeschlossen, ist die Frage, ob diese auf verschiedenen Versorgungszusagen beruhen, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Das Fehlen oder Vorliegen eines zusätzlichen biometrischen Risikos kann dabei lediglich als ein Indiz herangezogen werden. Es ist keine gesetzliche Voraussetzung für eine Neuzusage (entgegen BMF 24.7.13, IV C 3 – S 2015/11/10002/ IV C 5 – S 2333/09/10005, Rz. 355).

Das FG hatte nicht weiter geprüft, ob die sachlichen Voraussetzungen der Steuerfreiheit hinsichtlich der streitigen Beitragszahlung nach § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG vorliegen, was nun im zweiten Rechtsgang nachzuholen ist.

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BFH 1.9.21, VI R 21/19