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Der Zeitpunkt der Gewinnrealisation beim Verkauf von Vermögensgegenständen ist gegeben, wenn der Vermögensgegenstand ausgeliefert, der Anspruch auf die Gegenleistung entstanden und die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer übergegangen ist.
FG Niedersachsen 23.6.15, 6 K 13/14

Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erschloss im Auftrag der Gemeinde ein Neubaugebiet, bestehend aus 24 Grundstücken. Streitig war der Zeitpunkt der Realisation des Gewinns aus der Veräußerung eines der ersten beiden Grundstücke .Gegenstand des Unternehmens der Steuerpflichtigen war u.a. der Ankauf, die Erschließung und der Verkauf von Baugrundstücken. Im Jahr 2005 erwarb sie unbebaute Grundstücke in der Gemeinde mit einer Gesamtfläche von rund 2,8 ha.
Ende 2005 schloss sie mit der Gemeinde einen städtebaulichen Vertrag, wonach sie Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen, Baureifmachung und Verkauf der zuvor erworbenen Flächen übernehmen sollte. Durch den Vertrag übertrug die Gemeinde der Steuerpflichtigen insbesondere die Erschließung der Grundstücke. Durch einen gesonderten Erschließungsvertrag wurden Vereinbarungen über Art und Umfang der Erschließungsmaßnahmen geschlossen.
Die Steuerpflichtige parzellierte die erworbenen Grundstücke in insgesamt 24 Baugrundstücke und begann 2007 mit der Veräußerung der Baugrundstücke. Noch vor der vollständigen Erschließung und Abnahme aller Grundstücksflächen verkaufte die Steuerpflichtige im Jahr 2008 ein Grundstück an ein Ehepaar, wobei das wirtschaftliche und bürgerlich-rechtliche Eigentum überging. Im Notarvertrag wurde zu den Erschließungsmaßnahmen insbesondere ausgeführt, dass der Kaufpreis auch die Erschließungskosten umfasste.
Die Steuerpflichtige verbuchte die Kaufpreise unter dem passiven Bilanzposten „erhaltene Anzahlungen auf im Erschließungsstadium befindliche Grundstücke“. Nach ihrer Auffassung sollte eine Realisierung der Gewinne aus den beiden Veräußerungen erst nach Veräußerung des Großteils der Baugrundstücke (70 bis 80 Prozent) eintreten.
Dagegen vertrat das FA die Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung der beiden Grundstücke bereits mit dem Übergang von Nutzungen und Lasten auszuweisen sei. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Entscheidung

Auch die Klage wies das Finanzgericht Niedersachsen ab.
Das FG entschied, dass der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung beim Verkauf von Vermögensgegenständen im Allgemeinen als objektiviert und willkürfrei erfüllt anzusehen ist, wenn der Vermögensgegenstand ausgeliefert, der Anspruch auf die Gegenleistung entstanden und die Gefahr des zufälligen Untergangs (sog. Preisgefahr) auf den Käufer übergegangen ist.
Der Gewinn aus der Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts wird nämlich durch einen Umsatz realisiert, bei dem das Entgelt an die Stelle der verkauften Sache tritt.
Dies geschieht, wenn der Kaufvertrag wirtschaftlich erfüllt ist, d.h. der Verkäufer seine Leistung im Wesentlichen erbracht hat und deshalb sein Anspruch auf die Zahlung nicht mehr mit ungewöhnlichen Risiken belastet erscheint. Denn damit reduziert sich das Kaufpreisrisiko des Veräußerers aus dem Veräußerungsgeschäft darauf, dass der Käufer Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist.
Von diesem Zeitpunkt an ist das veräußerte Wirtschaftsgut nach den steuer-
rechtlichen Vorschriften nicht mehr dem Veräußerer, sondern dem Erwerber zuzurechnen. Die Forderung aus dem Verkauf eines Grundstücks ist demnach mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten, d.h. im Zeitpunkt der Übergabe (§§ 446, „438 Abs. 2 BGB n.F.) realisiert.
Bei Werkverträgen i.S. des § 631 BGB bedarf es dagegen außer der Übergabe, auch der Abnahme des Werkes durch den Besteller (§ 640 BGB), um den Übergang der Preisgefahr und damit die handels- und steuerrecht­liche Gewinnrealisierung herbeizuführen. Im Streitfall lag jedoch kein Werkvertrag, sondern zweifelsfrei ein Kaufvertrag vor.
Da die Erschließung eines Baugebiets Aufgabe der Gemeinde ist, hat die Steuerpflichtige diese Aufgabe auch nur von der Gemeinde übernehmen können. Insoweit kann es sich daher nicht um eine werkvertragliche Regelung handeln. Zudem wies der Kaufvertrag ausdrücklich darauf hin, dass die Abnahme der vom Kaufvertrag mit umfassten Erschließungsanlagen der Gemeinde oblag.