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Zum Thema „verdeckte Gewinnausschüttung“ sollte eigentlich alles gesagt sein. Unzählige Urteile, Verwaltungsanweisungen und Kommentare gibt es dazu. Und dennoch passieren in der Praxis immer noch viele Fehler, die zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Vier aktuelle Urteile zeigen solche Negativ-Beispiele, die Sie für Ihre Beratungspraxis kennen sollten. |

Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung

Im Gesetz findet sich keine Definition zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). In § 8 Abs. 3 KStG sind lediglich die Folgen einer vGA beschrieben.

Nach der Rechtsprechung liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn es

* in einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung oder zu einer verhinderten Vermögensmehrung kommt,
* die sich auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ausgewirkt hat,
* die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und
* nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht.

Noch strengere Vorgaben greifen, wenn es sich bei dem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft um einen beherrschenden Gesellschafter handelt (Beteiligung zu mehr als 50 %). Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist hier zu bejahen, wenn zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter

* keine klare und im Voraus getroffene Vereinbarung existiert (H 8.5 III „Klare und eindeutige Vereinbarung“ KStH). Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerrechtlich unbeachtlich (H 8.5 III „Rückwirkende Vereinbarung“ KStH).

Praxistipp | In vier neuen Urteilen haben die Finanzgerichte das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung bestätigt. In der Beratungspraxis empfiehlt es sich, die betreffenden Mandanten über diese Urteile zu informieren. Insbesondere wegen der Coronakrise kann es nämlich vorkommen, dass GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer Änderungen an Vertragsverhältnissen mit der GmbH vornehmen, ohne Vereinbarungen mit der GmbH zu treffen.

Verdeckte Gewinnausschüttung bei schwankenden Gehaltszahlungen

Im ersten Streitfall zahlte eine GmbH der beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführerin über Jahre hinweg deutlich schwankende Gehälter aus. Das Finanzamt behandelte die gesamten Gehaltszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung. Gegen die Steuernachzahlungen bei der GmbH aufgrund der Einkommenserhöhung nach § 8 Abs. 3 KStG legte die GmbH Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Dieser Antrag wurde vom Finanzgericht abgelehnt. Das Gericht bestätigte das Vorliegen einer vGA. Begründung: Es fehlt die für beherrschende Gesellschafter notwendige klare und im Voraus getroffene Vereinbarung zur monatlichen Gehaltszahlung (FG Münster 17.12.20, 9 V 3073/20).

Praxistipp | In der Coronakrise dürften solche Sachverhalte häufiger vorkommen. Beherrschende GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer meinen es gut und verzichten rückwirkend zur Stärkung der Liquidität der GmbH auf Vergütungen. Steuerberater sollten Mandanten auf diesen Beschluss und auf das Risiko einer vGA hinweisen und von einem Alleingang des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers bei Änderungen von Vereinbarungen mit der GmbH abraten.

Beratungstipp

Um schwankende Gehaltszahlungen ohne im Voraus getroffene Vereinbarungen zwischen GmbH und beherrschendem Gesellschafter zu vermeiden, empfiehlt es sich, insbesondere in der Gründungsphase eine Nur-Tantieme zu vereinbaren. Nur-Tantiemen führen zwar grundsätzlich zu einer vGA (siehe u. a. BFH 27.3.01, I R 27/99). In der Gründungsphase sind solche Nur-Tantiemen jedoch zulässig (BMF 1.2.02, IV A – S 2742 – 4/02). Diese Nur-Tantiemen an einen oder mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer dürfen insgesamt grundsätzlich nicht mehr als 50 % des Jahresüberschusses vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern betragen (BMF 1.2.02, Tz. 3 i. V. m. Tz. 1).

Übernahme der Urlaubskosten für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer

Im zweiten Fall übernahm eine GmbH für ihren beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer die Kosten für eine private Urlaubsreise mit der Familie. Die Übernahme der Urlaubskosten wurde als „Incentivereise“ bezeichnet und mit der überobligatorischen Anstrengung des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers für die GmbH im abgelaufenen Geschäftsjahr begründet. Für dieses Geschenk wurde eine Pauschalsteuer nach § 37b Abs. 2 EStG von der GmbH ans Finanzamt abgeführt.

Auch in diesem Fall bestätigte das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt (FG Nürnberg 13.10.20, 1 K 1065/19; NZB beim BFH unter I B 80/20). Diese Auffassung wurde zweifach begründet.

* Zum einen fehlt es an einer im Voraus getroffenen Vereinbarung. Die Vereinbarung zur Kostenübernahme wurde mit der Belastung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers im abgelaufenen Geschäftsjahr begründet.

* Zum anderen ging das Finanzamt davon aus, dass die Übernahme der privaten Urlaubskosten nicht betrieblich veranlasst war, sondern dass es sich um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendung handelt.

Besonderheit in dem Urteilsfall: Mit Festsetzung der verdeckten Gewinnausschüttung (= Einkommenserhöhung bei der GmbH und Versteuerung von Kapitalerträgen beim Gesellschafter) fiel der Grund für die Abführung der Pauschalsteuer nach § 37b EStG weg. Denn diese Pauschalsteuer wird nur fällig, wenn die Zuwendungen eines Arbeitgebers betrieblich veranlasst sind.

Beratungstipp

Damit es in der Praxis mit der Übernahme privater Urlaubskosten für einen beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich keine Probleme gibt, müssten im Umkehrschluss zu den Urteilsgrundsätzen wohl folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

* Die Vereinbarung für die Übernahme einer privaten Urlaubsreise oder für die Gewährung einer Incentivereise müsste im Voraus des Geschäftsjahrs getroffen werden, in dem eine erhebliche Mehrbelastung für den Gesellschafter-Geschäftsführer zu erwarten ist.

* Andere Geschäftsführer oder ebenso belastete Mitarbeiter müssten die Zusage für die Übernahme einer Urlaubsreise oder für die Gewährung einer Incentivereise auch bekommen. Dann wäre die Zuwendung betrieblich und nicht mehr gesellschaftsrechtlich veranlasst.

Verdeckte Gewinnausschüttung bei Nicht-Verzinsung eines Gesellschafter-Verrechnungskontos

Der dritte Urteilsfall behandelt einen klassischen Prüfungsschwerpunkt bei Kapitalgesellschaften. Die Rede ist von der angemessenen Verzinsung des Gesellschafter-Verrechnungskontos. Hat die GmbH Forderungen gegen den Gesellschafter und fehlt eine Verzinsung oder ist diese zu niedrig, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Das ist nicht neu.

Aus der Entscheidung des FG Schleswig-Holstein ergeben sich jedoch Hinweise, wie die Höhe der fremdüblichen Verzinsung berechnet werden kann (FG Schleswig-Holstein 28.5.20, 1 K 67/17). Danach gilt Folgendes:

* Hat die GmbH selbst Kredite aufgenommen, sollen die Forderungen der GmbH aus dem Gesellschafter-Verrechnungskonto mit demselben Zinssatz verzinst werden.

* Hat die GmbH selbst keine Kredite aufgenommen, so bilden bei der Ermittlung der fremdüblichen Zinsen die banküblichen Habenzinsen die Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze. Der im Einzelfall angemessene Zinssatz ist innerhalb dieser Marge zu schätzen.

Beratungstipp

Im Urteilsfall hat das Finanzamt die Hälfte der Marge als fremdübliche Verzinsung gewählt und wegen der Nicht-Verzinsung des Gesellschafter-Verrechnungskontos in dieser Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung festgestellt. Sollte der Prüfer des Finanzamts das Verrechnungskonto in Höhe des Überziehungskredits verzinsen, sollte dezent auf dieses Urteil hingewiesen werden. Die GmbH hat gegen diese Berechnung die Revision beim Bundesfinanzhof beantragt (BFH, I R 27/20).

Nutzungsmöglichkeit einer Immobilie als verdeckte Gewinnausschüttung

Ist eine GmbH Eigentümerin einer Ferienwohnung, die ein GmbH-Gesellschafter nutzen darf, kann das Finanzamt für die unentgeltliche Nutzung der Immobilie eine verdeckte Gewinnausschüttung ansetzen.

Doch das FG Hessen ging in einem aktuellen Urteil noch einen Schritt weiter. Danach kommt es nicht auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung der Immobilie an. Steht die Immobilie in der Zeit, in der sie der GmbH-Gesellschafter nicht nutzt, leer, liegt auch für diese Zeit eine vGA vor. Es wird auf die bloße Nutzungsmöglichkeit abgestellt (FG Hessen 14.12.20, 9 K 1266/17).

Beratungstipp

Sollte das Finanzamt auch die Zeiten, in der die Immobilie nicht durch den GmbH-Gesellschafter genutzt wurde, eine vGA festsetzen, lohnt sich Gegenwehr. Denn der Streitfall ist nun Gegenstand eines Revisionsverfahrens beim Bundesfinanzhof (BFH VIII R 4/21).

Fundstellen
* FG Münster 17.12.20, 9 V 3073/20, FG Nürnberg 13.10.20, 1 K 1065/19, FG Schleswig-Holstein 28.5.20, 1 K 67/17, FG Hessen 14.12.20, 9 K 1266/17