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Benennt ein EU-Kunde dem Verkäufer im Zeitpunkt der Lieferung keine USt-IdNr., sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt. Die Steuerbefreiung entfällt. Dieser Mangel kann allerdings seit neuestem mit Rückwirkung geheilt werden, wenn der EU-Kunde nachträglich eine im Zeitpunkt der Lieferung gültige USt-IdNr. benennt. Diese auf den ersten Blick positive Regelung bringt für den Verkäufer erhebliche Gefahren mit sich. Dem Verkäufer sind daher Gegenmaßnahmen zu empfehlen.

Beispiel

Der österreichische Kunde A in Bregenz bestellt am 9.4.2024 ein hochpreisiges Fotokopiergerät (Nettopreis 6.500 EUR) bei Büroausstatter D in Ravensburg. Vereinbarungsgemäß trägt A die Transportverantwortlichkeit, muss das Gerät also mit eigenem Lkw nach Bregenz bringen, einen Spediteur bestellen oder einen Frachtführer beauftragen. D hat das Gerät vorrätig und kann dieses daher bereits nach wenigen Tagen – am 17.4.2024 – dem von ihm beauftragten Frachtführer übergeben.

Noch am selben Tag rechnet D gegenüber A ab – und zwar brutto, da A gegenüber D keine USt-IdNr. benannt hat: 6.500 EUR + 1.235 EUR (USt 19 %) = 7.735 EUR.

Am 19.4.2024 wird A bei D vorstellig. Er habe bei der Bestellung vergessen, seine österreichische USt-IdNr. zu verwenden. Dies will er nunmehr nachholen und von D steuerfrei innergemeinschaftlich beliefert werden. D soll also die Bruttorechnung stornieren und lediglich den Nettobetrag abrechnen.

Benennung und Prüfung der USt-IdNr. in der Regel bei Vertragsschluss

Grundsätzlich wird der Kunde bereits bei Abschluss des Kaufvertrags seine USt-IdNr. benennen. Der Kunde gibt damit zu erkennen, dass er den Gegenstand steuerfrei erwerben will, weil der Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat den dortigen Besteuerungsvorschriften unterliegt (vgl. Abschn. 6a.1 Abs. 18 Satz 2 UStAE).

Der Verkäufer wird in diesem Fall die USt-IdNr. ein erstes Mal qualifiziert prüfen, um sich zu vergewissern, ob der Umsatz wie angedacht durchgeführt werden kann.

Merke | Bis zur (Aus-)Lieferung der Ware vergehen in der Regel zumindest noch einige Tage. Auf eine erneute Abfrage verzichten die Verkäufer in der Regel. Das ist falsch!

Prüfung auf den Lieferzeitpunkt maßgeblich

Die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist erfüllt, wenn der Kunde gegenüber dem Verkäufer mit einer ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilten, im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. auftritt (vgl. Abschn. 6a.1 Abs. 18 Satz 1 UStAE).

Merke | Benötigt wird also die qualifizierte Bestätigung der USt-IdNr. für den Tag der Lieferung! Nur so beachtet der Verkäufer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und erhält – falls erforderlich – Gutglaubensschutz über § 6a Abs. 4 UStG.

Keine nachträgliche Prüfung möglich

Mit der Datenbank des BZSt lässt sich die Gültigkeit einer Kunden-USt-IdNr. ausschließlich im Abfragezeitpunkt überprüfen.

Merke | Bestätigungen für zurückliegende Zeitpunkte oder Zeiträume sind daher nicht möglich (BZSt, FAQ 14, AStW 07/2021, 483).

Nachträgliche Verwendung einer USt-IdNr. durch den Kunden

Das Fehlen der USt-IdNr. wird durch das nachträgliche Verwenden einer USt-IdNr. mit Rückwirkung geheilt – sofern diese im Zeitpunkt der Lieferung gültig war (Abschn. 6a.1 Abs. 19 Satz 3 UStAE). Letzteres lässt sich aber nicht mehr über die Homepage des BZSt prüfen (s. o.).

Merke | Der Verkäufer trägt insofern das Risiko, weil der Gutglaubensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG entfällt.

Vom Kunden eine Sicherheit verlangen

Ein eigenes Risiko lässt sich für den Verkäufer nur dann ausschließen, wenn mit dem Kunden eine Sicherheit (Aufschlag oder Einbehalt) vereinbart wird. Dazu wird folgendes Vorgehen empfohlen:

  • Stornieren Sie die ursprüngliche Bruttorechnung.

  • Erstellen Sie eine Rechnung über eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung.

  • Vereinbaren Sie in einem separaten Dokument die Sicherheit in Höhe der möglicherweise anfallenden Umsatzsteuer.

Musterformulierung / Kundenanschreiben

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben am … eine Lieferung an Sie ausgeführt und diese brutto mit deutscher Umsatzsteuer abgerechnet.

Im Nachgang haben Sie uns Ihre USt-IdNr. benannt und wünschen nunmehr die Abrechnung einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung (Absch. 6a.1 Abs. 19 Satz 3 UStAE).

Diesem Wunsch werden wir entsprechen, behalten aber für den Fall, dass die deutsche Finanzverwaltung die Steuerbefreiung versagt, eine Sicherheit i. H. v. 19 % des Kaufpreises ein.

Mit freundlichen Grüßen