In für Ärzte, Steuer-Tipps für ALLE

Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten und viele andere heilberuflich Tätige gelten steuerlich grundsätzlich als Freiberufler und zahlen deshalb weder Gewerbe- noch Umsatzsteuer. Dieser einfache Grundsatz der Besteuerung wird jedoch durch zusätzliche Dienstleistungen (z.B. individuelle Gesundheitsleistungen, Schönheitsoperationen oder Leistungen im Wellnessbereich) und Nebenleistungen (z.B. den Verkauf von Produkten) verkompliziert. Auch das Entstehen von neuen Heilberufen oder heilberufähnlichen Tätigkeiten stellt diese traditionell einfache Besteuerung jedoch immer häufiger in Frage. Die Finanzverwaltung hat sich in der jüngsten Vergangenheit des Themas verstärkt angenommen und ihre Prüfungen teilweise darauf ausgerichtet.

Um Nachteile zu vermeiden, sollten Sie als Arzt, Zahnarzt, Physiotherapeut oder als Vertreter eines anderen Heilberufs die folgenden Grundsätze unbedingt kennen. Um selbst besser beurteilen zu können, ob und weshalb Ihre Leistungen der Umsatzsteuer oder gegebenenfalls der Gewerbesteuer unterliegen, und als Unterstützung bei der Entscheidung über mögliche künftige Angebote für Ihre Patienten können Ihnen die Checklisten in diesem Merkblatt helfen. Als Arbeitshilfen ersetzen sie im Einzelfall natürlich nicht das qualifizierte Urteil eines Steuerberaters. Sie definieren die einzelnen Leistungen – gerade bei den Gutachten – aber sehr ge­nau und bieten viele Beispiele zur Veranschaulichung.

1      Umsatzsteuer bei Heilberufen

Grundsätzlich sind die Umsätze aus Ihrer Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen, also freiberuflichen Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit.

Die ausdrückliche Befreiungsvorschrift findet sich in § 4 Nr. 14a Umsatzsteuergesetz. Schwierig kann es sein, zu bestimmen, wann es sich genau um eine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit“ handelt, wenn diese nicht ausdrücklich als sogenannter „Katalogberuf“ mit aufgeführt ist.

Hinweis

Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen. Auf die Rechtsform des Unternehmens kommt es für die Steuerbefreiung nicht an.

  • Bei Ärzten sind alle Umsätze steuerbefreit, die zur Ausübung der Heilkunde gehören: alle Maßnahmen also, die der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dienen. Auch die Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege gehören dazu. Prophylaxe ist daher ebenso durch die Umsatzsteuerbefreiung abgedeckt.
  • Bei Zahnärzten umfasst die Steuerfreiheit die Ausübung der Zahnheilkunde, also die berufsmäßige, auf zahnärztlich-wissenschaftliche Kenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Auch Bleaching kann unter bestimmten Voraussetzungen als Heilbehandlung angesehen werden.
  • Bei Heilpraktikern ist auch die Ausübung der Heilkunde am Menschen steuerbefreit. Voraussetzung ist eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes.
  • Physiotherapeuten beheben Störungen des Bewegungssystems und fördern die sensomotorische Entwicklung. Einen Teilbereich der Physiotherapie bildet die Krankengymnastik. Wenn bei Leistungen von Physiotherapeuten die Steuerbefreiung für Heilberufe nicht greift, können diese Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu versteuern sein. Dazu zählen zum Beispiel Peloidbäder und Peloidpackungen, Inhalationen, Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Unterwasserdruckstrahlmassagen.
  • Zu den steuerfreien Tätigkeiten einer Hebamme zählen die eigenverantwortliche Betreuung, Beratung und Pflege der Frau von Beginn der Schwangerschaft an, bei der Geburt, im Wochenbett und in der gesamten Stillzeit.

Von der Umsatzsteuerbefreiung ausdrücklich ausgenommen sind

  • die Umsätze von Tierärzten und Gemeinschaften von Tierärzten sowie
  • die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten (Eigen- oder Praxislabor des Zahnarztes).

Hinweis

Die Leistungen eines Arztes sind nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren, Behandeln und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen. Auch Präventionsmaßnahmen sind steuerfrei. Dies gilt für die übrigen Heilberufe entsprechend. Damit sind alle Tätigkeiten umsatzsteuerpflichtig, die keinem entsprechenden Heilzweck dienen.

Damit fallen insbesondere die Erstellung von Gutachten und die Tätigkeit als Sachverständiger häufig nicht unter die Befreiungsvorschrift. Denn diese dienen beispielsweise der Erstellung von Kostenvoranschlägen im Interesse der Kostenträger, so dass nicht der Behandlungszweck im Vordergrund steht. Damit zusammenhängende Untersuchungen sind ebenfalls als Nebenleistung umsatzsteuerpflichtig. Umsatzsteuerfrei sind dagegen Bescheinigungen als Nebenleistung zur Behandlung (z.B. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die der behandelnde Arzt ausstellt).

Diese Vorschrift deckt auch keine schriftstellerischen, Vortrags- und Lehrtätigkeiten, die aber dennoch freiberuflich bleiben. Sie können gegebenenfalls unter eine andere Umsatzsteuer-Befreiungsvorschrift fallen (z.B. unter diejenige für Vorträge an Hochschulen oder im Rahmen der Berufsausbildung).

Lieferungen von Hilfsmitteln wie Schuheinlagen, Massagekissen, Kontaktlinsen, Medikamenten oder die Vermietung von medizinischen Geräten sind umsatzsteuerpflichtig nach den allgemeinen Vorschriften. Besonderheiten sind auch beim Betrieb von Krankenhäusern oder (Praxis-)Kliniken zu beachten.

Hinweis

Für viele Heilberufler wird die Umsatzsteuerpflicht deshalb nicht akut, weil die betroffenen Umsätze unter der Grenze von 17.500 € liegen. Bis dahin ist man nämlich Kleinunternehmer und braucht sich nicht um die Umsatzsteuer zu kümmern.

Sollten Sie solche Tätigkeiten im größeren Umfang ausführen bzw. gegebenenfalls auch außerhalb Ihrer freiberuflichen Praxis weitere Umsätze tätigen (für Umsatzsteuerzwecke wird das zusammengerechnet!), dann sollten Sie unbedingt mit uns sprechen.

Denken Sie an Ihren Kapitalanlagebereich: Umsatzsteuerpflichtig ist etwa auch die Vermietung von Containern oder der Betrieb von Photovoltaikanlagen. Haben Sie in diesem Zusammenhang bereits auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet? Dann kommt die Umsatzsteuerpflicht ab dem ersten Euro zum Tragen.

Eine steuerliche Planung ist immer komplex. Unter Umständen können günstige Modelle zwischen Ehepartnern gestaltet werden. Hierzu ist allerdings immer eine individuelle Beratung im Einzelfall erforderlich. Wichtig ist auch, dass Sie Ihre Situation richtig einordnen, weil Ihnen im Fall der Umsatzsteuerpflicht auch der Vorsteuerabzug aus Ihren Aufwendungen zusteht.

Zudem ist zu beachten, dass die Umsatzsteuer ein Kostenfaktor sein kann, wenn Ihr Vertragspartner sie nicht zusätzlich zu den Gebühren bzw. dem vereinbarten Ho­norar bezahlt. Hier ist auch für die Buchführung darauf zu achten, dass die Umsatzsteuer als gesonderter Posten ans Finanzamt abgeführt werden muss und damit eine zusätzliche steuerliche Belastung darstellen kann.

2      Checklisten Umsatzsteuer

Die Frage, ob in Ihrem speziellen Fall eine Umsatzsteuerpflicht besteht oder nicht, kann qualifiziert nur ein Steuerberater beantworten. Um Ihnen als Heilberufler aber bereits vorbereitend und unterstützend einige Anhaltspunkte an die Hand zu geben, bei welchen Leistungen Sie mit einer Umsatzsteuerpflicht oder -freiheit rechnen können, bieten die nachfolgenden Checklisten einen Überblick.

2.1     Umsatzsteuerpflichtige Umsätze

  • Schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeiten, auch wenn es sich dabei um Beiträge in einer ärztlichen Fachpublikation handelt.
  • Vortragstätigkeiten, selbst wenn Sie den Vortrag vor Ärzten bei einer Fortbildung halten.
  • Lehrtätigkeiten.
  • Die Lieferung von Hilfsmitteln, beispielsweise Kontaktlinsen oder Schuheinlagen.
  • Die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten, etwa Röntgengeräten.
  • Kosmetische Leistungen von Podologen in der Fußpflege. Podologische Behandlungen bei einer schweren Erkrankung (z.B. Hämophilie, Rheuma und Erkrankungen, die durch eine Zytostatikatherapie behandelt werden) können jedoch umsatzsteuerfrei sein, auch dann, wenn der therapeutische Zweck nicht durch ein Privat- oder Kassenrezept nachgewiesen ist. In einem Urteil vom 01.10.2014 (XI R 13/14) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Nachweis nicht immer durch ärztliche Verordnungen (d.h. Privat- oder Kassenrezept) erfolgen muss. Es können auch andere Unterlagen von Personen, die zur Feststellung des therapeutischen Zwecks befähigt sind und eine vergleichbare Aussagekraft wie ärztliche Verordnungen haben, herangezogen werden. Da der BFH nicht konkret wurde, welche Art von Unterlagen diesen Kriterien genügen, sondern an die niedrigere Instanz zurückverwiesen hat, können wir Ihnen, bis der zweite Rechtsgang abgeschlossen ist, noch keine rechtsfesten Aussagen geben.
  • Ästhetisch-plastische Leistungen, soweit kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies gilt auch für vergleichbare Leistungen von Dermatologen und mitwirkenden Anästhesisten. Ein Indiz für die Steuerpflicht kann es sein, dass die Krankenversicherungen die Kosten in der Regel nicht übernehmen.
  • Präventions- und Selbsthilfeleistungen, die keinen direkten Krankheitsbezug haben, da sie lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern.
  • Supervisionsleistungen.
  • Leistungen eines Physiotherapeuten, die lediglich der Prävention oder Selbsthilfe ohne einen unmittelbaren Krankheitsbezug dienen.
  • Behandlungen eines Physiotherapeuten im Anschluss an eine ärztliche Diagnose, wenn die Patienten dafür die Kosten selbst tragen.
  • Massageleistungen, die nur zur Verbesserung des Wohlbefindens ohne ärztliche Verordnung erfolgen (Wellnessleistungen). Hier kann jedoch der ermäßigte Steuersatz von 7 % greifen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich um eine verordnungsfähige Heilmassage handelt.
  • Die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen, anderen Waren der Zahnprothetik sowie kieferorthopädischen Apparaten und Vorrichtungen, soweit diese in der Praxis des Zahnarztes hergestellt oder wiederhergestellt werden.
  • Bei der Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie können auch steuerpflichtige Leistungen vorliegen, insbesondere bei Unterstützung der Forschung. Steht dabei nicht ein konkreter Heilerfolg im Fokus, liegen im Regelfall steuerpflichtige Leistungen vor.

Bei gutachterlichen Leistungen hängt die Steuerpflicht vom jeweiligen Inhalt des Gutachtens ab. Umsatzsteuerpflichtige Gutachten sind:

2.1.1    Gutachten für rechtliche Verfahren

  • Alkohol- und Drogengutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit.
  • Blutalkoholuntersuchungen für gerichtliche Zwecke in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung; die Feststellung des Zustands der Organe, Gewebe, Körperflüssigkeiten usw. in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung ist nur dann steuerfrei, wenn sie für diagnostische oder therapeutische Zwecke erfolgt.
  • Medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit.
  • Anthropologisch-erbbiologische Gutachten.
  • Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen, beispielsweise bei der Vaterschaftsfeststellung oder zur Spurenauswertung.
  • Gutachten, die im Rahmen von Strafverfahren erstattet werden.
  • Forensische Gutachten sowohl zur Frage der Schuldfähigkeit als auch zur Frage der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt.
  • Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt.
  • Prognosegutachten, die im Rahmen des Strafvollzugs erstattet werden.
  • Untersuchung und Begutachtung durch Vertragsärzte zur Feststellung von Beschädigungen, wenn diese Leistungen nicht der (weiteren) medizinischen Betreuung dienen sollen, sondern etwa als Grundlage für eine Entschädigungsleistung.
  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Schadenersatzprozessen.
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, beispielsweise bei Fragen der Schadenersatzleistung, auch bei öffentlich-rechtlicher Berichtspflicht.
  • Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Physiotherapie in straf-, zivil- oder familienrechtlichen Verfahren.
  • Vergütungen für eine Sachverständigentätigkeit nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungs­gesetz, wenn der Gutachter als reiner Sachverständiger im Prozess benötigt wird. Soweit er als sogenannter sachverständiger Zeuge vorgeladen wird, liegt ein nicht steuerbarer Schadenersatz vor, so dass keine Umsatzsteuer anfällt. Die Frage, ob jemand als sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger anzusehen ist, richtet sich nach der erbrachten Tätigkeit, nicht nach der Abrechnung des Gerichts. Ausschlaggebend ist, ob er als Zeuge „unersetzlich“ oder „auswechselbar“ ist. Ein sachverständiger Zeuge ist beispielsweise der Gutachter, der am gerichtlich zu erforschenden Geschehen persönlich teilgenommen hat.

2.1.2    Gutachten für Verfahren der Sozialversicherungen

  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten und in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung.
  • Gutachterliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen im Rahmen eines Rentenverfahrens, da hier ein Rentenantrag Anlass für das ärztliche Tätigwerden ist (durch den Aspekt der „Rehabilitation vor Rente“ tritt die medizinische Betreuung nicht in den Vordergrund, da es insoweit in erster Linie darum geht, Rentenleistungen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen zu müssen).
  • Gutachten zur Klärung, ob Psychotherapiekosten von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden.
  • Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit oder zur Feststellung, welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt (hier stehen Fragen nach Art und Umfang der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im Vordergrund; die Feststellungen zu Fragen der Behandlungspflege treten dahinter zurück).
  • Gutachten eines Dritten zur vorgeschlagenen ärztlichen bzw. zahnärztlichen Behandlung, der Verordnung von Arzneimitteln und zur vorgeschlagenen kieferorthopädischen Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz (zahnprothetische Behandlungen) zum Zweck der Kostenübernahme durch die Krankenkasse.
  • Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, wenn nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der untersuchten Person im Vordergrund steht.
  • Externe Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung.
  • Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung.
  • Gutachten für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen zur Frage des Kausalzusammenhangs von bestimmten Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten.

2.1.3    Sonstige Gutachten für private Zwecke

  • Sportmedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, die der Feststellung von Trainingsfortschritten oder der Optimierung der Trainingsgestaltung dienen.
  • Reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, wenn hierüber eine Bescheinigung ausgestellt wird, die Grundlage für die Entscheidungsfindung eines Dritten ist.
  • Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse.
  • Untersuchungen zur Ausstellung bzw. Verlängerung von Schwerbehindertenausweisen.

2.1.4    Gutachten im Todesfall

  • Gutachten über die Tatsache oder Ursache des Todes – mit folgenden Ausnahmen:
  •  Obduktionen, die bei Seuchenverdacht für Kontaktpersonen von therapeutischer Bedeutung sind.
  •  Durchführung der äußeren Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung.
  • Genehmigung zur Feuerbestattung (sog. zweite Leichenschau).

2.1.5    Berufstauglichkeitsuntersuchungen

  • Musterungs-, Tauglichkeits- und Verwendungsfähigkeitsuntersuchungen und -gutachten, da diese dem (künftigen) Dienstherrn helfen, zu beurteilen, ob der Bewerber für eine bestimmte Verwendung geeignet ist (die Umsatzsteuerpflicht besteht selbst dann, wenn durch eine derartige Untersuchung die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung vermieden werden soll, da ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht).
  • Untersuchungen, bei denen die Frage der Tauglichkeit des Untersuchten für eine bestimmte Tätigkeit im Vordergrund steht, etwa Flugtauglichkeitsuntersuchungen (bei diesen handelt es sich nicht um Vorsorgeuntersuchungen).
  • Zeugnisse oder Gutachten über das Seh- und Hörvermögen.
  • Röntgenaufnahmen für steuerpflichtige Gutachten (z.B. des TÜV zur Berufstauglichkeit).
  • Psychologische Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken.

2.1.6    Sonstige Untersuchungen

  • Experimentelle Untersuchungen bei Tieren für die wissenschaftliche Forschung.
  • Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern und über dessen chemische Zusammensetzung.
  • Dermatologische Untersuchungen von kosmetischen Stoffen.
  • Gutachten über die pharmakologische Wirkung eines Medikaments beim Menschen.

2.1.7    Sonstige ärztliche Leistungen

  • Entnahme, Beförderung und Analyse von Nabelschnurblut sowie die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen, sofern eine damit zusammenhängende ärztliche Heilbehandlung weder stattgefunden hat noch begonnen wurde oder geplant ist.
  • Ärztliche Anzeigen über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers, soweit sie nicht nach Punkt 2.2.2 steuerfrei sind.
  • Das sogenannte Social Freezing von Eizellen oder Spermien ist umsatzsteuerpflichtig. Dabei werden Eizellen oder Spermien vorsorglich kryokonserviert, ohne dass ein medizinischer Anlass besteht.

2.2     Umsatzsteuerbefreite Umsätze

2.2.1    Gutachten für rechtliche Verfahren

  • Körperliche Untersuchung von Personen im Polizeigewahrsam zur Überprüfung der Verwahrfähigkeit in der Zelle (alternativ erforderliche Krankenhauseinweisung).

2.2.2    Gutachten für Verfahren der Sozialversicherungen

  • Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (Aussagen zu Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit, -prognose und Therapieempfehlung), auch wenn der Arzt zu dem Ergebnis gelangt, dass der Patient nicht rehabilitierbar, sondern dauerhaft erwerbs- oder berufsunfähig ist.
  • Gutachten zur Hilfsmittelversorgung und zur häuslichen Krankenpflege, da hier ein therapeutisches Ziel bzw. eine therapeutische Entscheidung im Mittelpunkt steht.
  • Erstellung einer ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers, sofern diese im Rahmen einer Untersuchungs- und Behandlungsleistung erbracht wird, bei der insgesamt ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

2.2.3    Sonstige Heilbehandlungsleistungen

  • Vorsorgeuntersuchungen, bei denen Krankheiten möglichst frühzeitig festgestellt werden sollen, wie zum Beispiel Krebsfrüherkennung oder Glaukom­früherkennung.
  • Mammographien einschließlich der von Radiologen erstellten Mammographien im Rahmen des Mammographiescreenings (Zweitbefund).
  • Leistungen eines Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseurs, sofern sie zur Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden, bei denen also ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht; für die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen von Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseuren ist somit entweder eine ärztliche Verordnung erforderlich oder die Leistungen müssen im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme oder der Vorsorge erbracht werden.
  • Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL-Leistun­gen), wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.
  • Leistungen zur Kontrolle von gespendetem Blut einschließlich der Blutgruppenbestimmung.
  • Alkohol- und Drogengutachten zum Zweck einer anschließenden Heilbehandlung.
  • Behandlungen eines Arztes im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung (z.B. In-vitro-Fertilisation mit und ohne intrazytoplasmatischer Spermieninjektion).
  • Mit einem Schwangerschaftsabbruch zusammenhängende ärztliche Leistungen einschließlich der Sozialberatung durch einen Arzt.
  • Sonstige Leistungen eines Arztes im Zusammenhang mit Empfängnisverhütungsmaßnahmen, einschließlich der Sterilisation bei Mann und Frau (z.B. Einlegen einer Spirale oder Verabreichung sonstiger Ovulationshemmer).
  • Betriebsärztliche Leistungen unabhängig davon, ob sie im Vertrag einzeln aufgeschlüsselt und abgerechnet werden.
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen und bei denen die medizinische Betreuung im Vordergrund steht.
  • Kurze Bescheinigungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Zeugnisse, die nach Nr. 70 der Anlage: Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechnet werden (sie sind Nebenleistungen zu einer Untersuchungs- und Behandlungsleistung, was insbesondere für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gilt).
  • Weitere Leistungen der GOÄ (z.B. Berichte und Briefe wie Krankheits- und Befundberichte, schriftliche Diätpläne oder die schriftliche Planung einer Kur), soweit sie eng mit einer im Vordergrund stehenden Untersuchungs- und Behandlungsleistung verbunden sind.
  • Durchführung von Schuleingangsuntersuchungen.
  • Das Zahnbleaching, wenn es zum Beispiel nach einer Wurzelbehandlung erfolgt und mit ihm die Folgen einer Karieserkrankung (Nachdunkelung) beseitigt werden sollen.
  • Sonstige Leistungen eines Arztes im Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsbehandlungen, etwa das Einfrieren (Kryokonservieren) und Lagern von Eizellen oder Spermien. Voraussetzung ist allerdings, dass mit der Lagerung ein therapeutischer Zweck im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung verfolgt wird. Ein solcher kann beispielsweise die Herbeiführung einer (weiteren) Schwangerschaft bei einer an­dauernden organisch bedingten Sterilität sein. Social Freezing hingegen ist umsatzsteuerpflichtig.

2.2.4    Meldevergütungen im Zusammenhang mit der klinischen Krebsregistrierung

  • Mit Urteil vom 09.09.2015 hat der BFH entschieden, dass lediglich mögliche und mittelbare Auswirkungen einer Meldeleistung eines Arztes an ein epidemiologisches Krebsregister auf die Heilbehandlung eines bei Ausführung dieser Leistung nicht bestimmbaren Personenkreises nicht unmittelbar tatsächlich dem Zweck dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren. Damit sind derartige Meldeleistungen grundsätzlich steuerpflichtig.
  • Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 08.05.2017 klargestellt, dass – ungeachtet der Rechtsauffassung des BFH – die Meldungen unter anderem zur klinischen Krebsregistrierung nach § 65c Abs. 6 SGB V umsatzsteuerfrei sind. Bei diesen Meldungen erfolgt nach der Auswertung der übermittelten Daten eine patientenindividuelle Rückmeldung an den Arzt. So können im Einzelfall erforderliche Behandlungsmaßnahmen er­griffen werden. Das gilt auch für Meldungen zum Abschluss der Behandlung.
  • Als patientenindividuell ist auch eine pseudonymisierte Rückmeldung anzusehen, wenn der Arzt auf­grund ihres Inhalts und Bezugs eine konkrete Behandlungsentscheidung für den von ihr individuell betroffenen Patienten treffen kann.

3      Gewerbesteuer bei Heilberufen

Da Sie einem freien Beruf nachgehen, müssen Sie grundsätzlich keine Gewerbesteuer zahlen. Üben Sie neben der reinen Arbeit als Freiberufler jedoch auch sonstige Tätigkeiten aus, dann kann Gewerbesteuerpflicht eintreten.

Bei Ärzten zählt beispielsweise die Ausübung der Heilkunde zum freien Beruf; andere Tätigkeiten können dagegen eine Gewerbesteuerpflicht auslösen. Dies kann etwa beim Verkauf von Hilfsmitteln wie Kontaktlinsen, Arzneimitteln, Massagekissen oder medizinischen Fachbüchern passieren. Auch wenn andere Heilberufler sich als Warenverkäufer betätigen, kann Gewerbesteuer anfallen. So ist zum Beispiel die Veräußerung von Massageprodukten oder Badezusätzen durch Physiotherapeuten eine gewerbliche Tätigkeit.

Beim Praxislabor des Zahnarztes kann Gewerblichkeit eintreten, sobald Laborleistungen auch außenstehenden Kollegen angeboten werden. Demgegenüber tritt die Gewerblichkeit nicht ein, wenn eine Laborgemeinschaft nur Leistungen an die ihr angeschlossenen Mitglieder erbringt. Schließen sich daher mehrere Ärzte zu einer Laborgemeinschaft zusammen, ist es unschädlich, wenn Leistungen ausschließlich an diese Ärzte für ihre Einzelpraxen erbracht werden.

Sind Sie sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig, ist zu unterscheiden, ob Sie dies als

  • Einzelpraxis oder als
  • Gemeinschaftspraxis bzw. freiberufliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts tun.

Betreiben Sie als niedergelassener Arzt eine Einzelpraxis, dann können Sie durch die eindeutige Trennung der gewerblichen von der ärztlichen Tätigkeit (organisatorisch und in der Buchführung) auch eine steuerliche Trennung erreichen. Im Ergebnis wird dann die gewerbliche Tätigkeit steuerlich für sich betrachtet und ihre negativen Folgen bleiben auf den gewerblichen Bereich (z.B. Hilfsmittelverkauf) beschränkt. Daher fällt auch nur für die gewerblichen Umsätze Gewerbesteuer an, während andernfalls der gesamte Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt.

Sind Sie dagegen in einer Gemeinschaftspraxis mit mehreren Berufskollegen tätig, so kommt es zur sogenannten Abfärbung der gewerblichen Tätigkeit. Teilweise wird auch von Infektion in diesem Zusammenhang gesprochen. Im Ergebnis wird durch die Abfärbung bzw. die Infektion die gesamte Praxisgemeinschaft gewerblich. Vermeiden können Sie dies nur durch die Gründung einer zweiten Gemeinschaftspraxis bzw. Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Auch in diesem Fall sind die unterschiedlichen Bereiche organisatorisch und buchhalterisch strikt voneinander zu trennen.

Ist ein Zusammenschluss in einer Praxisgemeinschaft mit Personen beabsichtigt, die nicht die entsprechende berufliche Zulassung haben (z.B. keine Approbation oder keine staatliche Prüfung zum Physiotherapeuten bzw. Masseur), so ist Vorsicht geboten. Denn in der Re­gel tritt auch dann Gewerblichkeit ein. So kann der Zusammenschluss eines Arztes mit einem Physiotherapeuten oder Psychologen zur Gewerbesteuerpflicht führen. Mit den neuen standesrechtlichen Möglichkeiten fachübergreifender Zusammenschlüsse – etwa standortübergreifende Teilgemeinschaftspraxen – kann dieses Problem verstärkt auftreten. Ein Zusammenschluss mit gewerblichen Partnern (z.B. aus der Pharma­industrie) führt ohnehin immer zur Gewerblichkeit.

Gewerblichkeit tritt aber nicht ein, wenn die gewerblichen Umsätze nur einen ganz geringen Umfang haben. Der BFH hat in zwei Urteilen vom 27.08.2014 entschieden, dass ein gewerblicher Umsatzanteil von 3 % typisierend noch von untergeordneter Bedeutung ist. Eine komplette Umqualifizierung aller Einkünfte wäre bei diesem geringen Anteil unverhältnismäßig. Allerdings ist hier ein Höchstbetrag von 24.500 € zu beachten. Liegen die gewerblichen Einkünfte oberhalb dieser Grenze, kommt es immer zu einer Umqualifizierung, auch wenn die 3-%-Grenze nicht überschritten ist. Bislang wurde diese Bagatellgrenze bei 1,25 % angesetzt.

Überschreiten die Umsätze entweder die 3-%-Grenze oder die Grenze von 24.500 €, kommt es in jedem Fall zu einer Abfärbung. Damit werden die gesamten Einkünfte gewerbesteuerpflichtig. Wenn die gewerblichen Einkünfte mehr als 3 % der Gesamteinkünfte betragen, hat der BFH auch bei Einnahmen unterhalb der 24.500-€-Grenze eine komplette Gewerblichkeit angenommen. Bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze kann die gewerbliche Infektion durch die Gründung einer beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft, die die gewerbliche Betätigung der Gemeinschaftspraxis übernimmt, vermieden werden.

Die 2001 eingeführte Anrechnung auf die Einkommen­steuer hat der Gewerbesteuer den größten Schrecken genommen. Trotzdem ist die Problematik der Einstufung von Heilberuflerpraxen als Gewerbebetrieb nur teilweise entschärft. Es gibt immer noch böse Steuerfallen, da in bestimmten Fällen Anrechnungsverluste eintreten können.

Da die Gewerbesteuerbelastung von der Gemeinde durch den sogenannten Hebesatz gesteuert wird, hängt sie vom Standort der Praxis ab. In Gemeinden mit besonders hohen Hebesätzen kann es zu einer entsprechend hohen Gewerbesteuerbelastung kommen. Bei einem Hebesatz von mehr als 400 % wird die Gewerbesteuer nicht mehr durch die Vergünstigung bei der Einkommensteuer kompensiert. Da viele Kommunen oberhalb dieser Grenze liegen, kommt es somit in den meisten Fällen zu einer steuerlichen Belastung durch die Gewerbesteuer.

Hinweis

Vor größeren Veränderungen in Ihrer Praxis sollten Sie daher unbedingt Kontakt mit uns aufnehmen. Dies betrifft sowohl eine Veränderung durch die Aufnahme von Partnern als auch beim Leistungsspektrum.

Hinweis

Die Frage, ob eine Tätigkeit gewerbesteuerpflichtig ist, ist unabhängig von Fragen der Umsatzsteuerpflicht zu beurteilen. So übt beispielsweise der Tierarzt einen freien Beruf aus, so dass keine Gewerbesteuer anfällt. Trotzdem unterliegen seine Leistungen der Umsatzsteuer.

4      Checklisten Gewerbesteuer

4.1     Gewerbesteuerfreie Tätigkeiten

Für die Frage der Gewerblichkeit sind die folgenden Tätigkeiten unschädlich – selbst wenn keine Heilbehandlung durchgeführt wird:

  • Tätigkeit für Gerichte, Versicherungsanstalten etc. als Gutachter bzw. zur Ausstellung von Attesten (über Gesundheitszustand bzw. Arbeitsfähigkeit).
  • Blutgruppengutachten zur Feststellung der Vaterschaft.
  • Untersuchungen zur Erprobung von Medikamenten an Patienten und anderen Probanden.
  • Anfertigung von Zahnersatz für die eigene Praxis.

4.2     Einzelfälle

  • Das Honorar, das ein Augenarzt für das Anpassen von Kontaktlinsen nach einer augenärztlichen Untersuchung erhält, ist den Einnahmen aus der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen.
  • Der Verkauf von Kontaktlinsen, Pflegemitteln durch Augenärzte, von Artikeln zur Mundhygiene bzw. Mundpflege durch Zahnärzte oder von Tierarzneimitteln durch Tierärzte ist keine Ausübung der Heilkunde; die Einnahmen hieraus sind deshalb als Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu behandeln.
  • Der Verkauf von Tee durch einen Heilpraktiker ist eine gewerbliche Tätigkeit.

Hinweis

Ob gewerbliche Einkünfte vorliegen, kann mit letzter Sicherheit nur ein Steuerberater beurteilen, denn die denkbaren Konstellationen in der Praxis sind sehr vielfältig und eine Einzelfallbetrachtung daher unerlässlich.

Damit Sie sich persönlich einen Eindruck verschaffen können, bieten wir Ihnen ein kostenloses und unverbindliches Erstgespäch in unseren Kanzleien an.
Wir stehen Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung.