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Grundsätzlich

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die Tätigkeiten der Heilberufler der Feststellung, Heilung und Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dienen.

Heilberufliche Leistungen sind daher nur von der Umsatzsteuer befreit, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 14.9.2000, C-384/98, UR 2000 S. 432; nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL).

Die Steuerbefreiungen für die im umsatzsteuerlichen Sinne definierten Heilberufe ist in § 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG geregelt. Zum Anwendungsbereich, zum Umfang, zum Nachweis der Voraussetzungen wird auch ausführlich im Abschn. „4.14.1 – 4.14.9 und Abschn. 4.16.1 – 4.16.6 Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) eingegangen.

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Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen

Welche Leistungen sind bei Ärzten bzw. Heilberuflern nicht von der Umsatzsteuer befreit

Nicht als heilberuflich i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG gelten folgende Tätigkeiten (siehe auch „Umsatzsteueranwendungserlass)

  • Hilfsgeschäfte (z. B. Verkauf von Unternehmensgegenständen wie Pkw). Insoweit kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht kommen;
  • die Lieferungen von Hilfsmitteln, z. B. Kontaktlinsen, Schuheinlagen;
  • die Anpassung von Kontaktlinsen durch Augenärzte bzw. die Anpassung von Hörgeräten durch Hals-, Nasen- und Ohrenärzte (Lieferung von Hilfsmitteln);
  • die schriftstellerische Tätigkeit (auch Berichte in ärztlichen Fachzeitschriften);
  • die Vortrags- und Lehrtätigkeit (auch im Rahmen der Fortbildung anderer Ärzte);
  • die Teilnahme eines Arztes an Studien, z. B. der Pharmaindustrie, wenn als Nachweis die sog. „Studienarztvereinbarung“ nicht vorgelegt werden kann;
  • die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten durch Ärzte bzw. Medizinische Versorgungszentren (= steuerfrei ist dagegen die Erstellung der Aufnahmen);
  • ästhetisch-plastische Leistungen („kosmetische“Schönheitsoperationen), wenn sie nicht medizinisch indiziert sind, also kein therapeutisches Ziel, wie z. B. bei psychischer Belastung, im
  • Vordergrund steht; sowie die damit zusammenhängenden Narkoseleistungen.
  • die Durchführung von Fastenseminaren;
  • kosmetische Leistungen von Podologen in der Fußpflege bzw. Behandlung (älterer) Personen, mit unumkehrbaren Folgeschäden an den Füßen (Entzündungen, Wundheilungsstörungen);
  • Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind, z. B. Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i. S. d. § 20 SGB V ohne unmittelbaren Krankheitsbezug. Diese „verbessern lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand und erbringen einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen“;
  • Supervisionsleistungen eines Psychotherapeuten für die Beschäftigten eines Krankenhauses. Dies dient der Professionalisierung der Krankenhausbediensteten und nicht vorrangig dem Schutz der Gesundheit;
  • Burn-Out-Kurse, wenn keine ärztliche Verordnung etc. vorliegt;
  • die Überlassung von Praxiseinrichtung sowie das Inkasso eines Arztes an dessen freie Mitarbeiter, die eigene Patienten behandeln (ist auch nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG).
  • Rechnen dagegen die freien Mitarbeiter mit dem Praxisinhaber und dieser insoweit gegenüber den Krankenkassen ab, liegt hinsichtlich der Überlassung keine steuerpflichtige Leistung vor;
  • die nach § 4 Abs. 9 StVG erforderliche Beratung zur Wiedererlangung bzw. zum Erhalt des Führerscheins;
  • die entgeltliche Überlassung von OP-Räumen durch einen Arzt an einen anderen Arzt;
  • Yogakurse
  • von einem Physiotherapeuten durchgeführte Aquafitness-Kurse;
  • Mitteilung von Daten über behandelte Tumorfälle zum Aufbau einer Tumorstatistik;
  • Einnahmen eines Arztes für die (organisatorische) Kooperation mit Pflegeheimen.

Neben den in „Abschn. 4.14.1 Abs. 5 UStAE genannten Tätigkeiten liegt auch in folgenden Fällen keine Heilbehandlungsleistung vor. (OFD Karlsruhe, 19.2.2015, S 7170 – Karte 3)

Gutachten für rechtliche Verfahren

  • Alkohol- und Drogen-Gutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit;
  • Blutalkoholuntersuchungen für gerichtliche Zwecke in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung. Die Feststellung des Zustands der Organe, Gewebe, Körperflüssigkeiten usw. in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung ist nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, wenn sie für diagnostische oder therapeutische Zwecke erfolgt.
  • Medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit;
  • anthropologisch-erbbiologische Gutachten;
  • Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen z.B. im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung oder zur Spurenauswertung;
  • Gutachten, die im Rahmen von Strafverfahren erstellt werden;
  • Gutachten in Unterbringungssachen nach § 321 Abs. 1 FamFG;
  • forensische Gutachten, sowohl zur Frage der Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) als auch zur Frage der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (§§ 63, 64 StGB);
  • Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt;
  • Prognosegutachten, die im Rahmen des Strafvollzugs erstellt werden;
    Untersuchung und Begutachtung durch Vertragsärzte zur Feststellung von Beschädigungen, wenn diese Leistungen nicht der (weiteren) medizinischen Betreuung dienen sollen, sondern z.B. als Grundlage für eine Entschädigungsleistung;
  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Schadensersatzprozessen;
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, z.B. bei Fragen der Schadensersatzleistung, auch bei öffentlich-rechtlicher Berichtspflicht;
  • Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Physiotherapie in straf-, zivil- oder familienrechtlichen Verfahren;
  • Vergütungen für Sachverständigentätigkeit nach § 10 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) i.V. mit Anlage 2 Nr. 202 und 203 des JVEG. Soweit der sachverständige Zeuge nach § 10 Abs. 1 JVEG i.V. mit Anlage 2 Nr. 200 und 201 des JVEG vergütet wird, liegt nicht steuerbarer Schadensersatz vor. Ob jemand als Zeuge, sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger anzusehen ist, richtet sich nach der tatsächlich erbrachten Tätigkeit, nicht nach einer ggf. abweichenden Abrechnung. Ausschlaggebend ist dabei, ob er als Zeuge „unersetzlich“ oder „auswechselbar“ ist.

Gutachten für Verfahren der Sozialversicherungen

  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung;
  • gutachterliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen im Rahmen eines Rentenverfahrens, da hier ein Rentenantrag Anlass für das ärztliche Tätigwerden ist.
  • Der Aspekt „Rehabilitation vor Rente“ führt auch nicht dazu, dass die medizinische Betreuung in den Vordergrund tritt, da es insoweit in erster Linie darum geht, Rentenleistungen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen zu müssen.
  • Gutachten nach § 12 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung zur Klärung, ob die Therapiekosten von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden;
  • externe Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung;
  • Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit oder zur Feststellung, welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt (§ 18 Abs. 1 SGB XI). Hier stehen Fragen nach Art und Umfang der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 SGB XI) im Vordergrund, die ggf. auch zu treffenden Feststellungen zu Fragen der Behandlungspflege treten dahinter zurück.
  • Gutachten eines Dritten zur vorgeschlagenen ärztlichen Behandlung, zahnärztlichen Behandlung, der Verordnung von Arzneimitteln und zur vorgeschlagenen kieferorthopädischen Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz (zahnprothetische Behandlungen) zum Zwecke der Kostenübernahme durch die Krankenkasse (§ 12 SGB V);
  • Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, wenn nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der untersuchten Person im Vordergrund steht;
  • Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung;
  • Gutachten für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen zur Frage des Kausalzusammenhangs von bestimmten Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten.

Sonstige Gutachten für private Zwecke

  • Sportmedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, die der Feststellung von Trainingsfortschritten oder der Optimierung der Trainingsgestaltung dienen;
  • reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, wenn hierüber eine Bescheinigung ausgestellt wird, die Grundlage für eine Entscheidungsfindung eines Dritten ist;
  • Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse
  • Untersuchungen zur Ausstellung bzw. Verlängerung von Schwerbehindertenausweisen.

Gutachten im Todesfall

  • Gutachten über die Tatsache oder Ursache des Todes (Achtung bestehen aber Ausnahmen).
  • Genehmigung zur Feuerbestattung Leichenschau).

Berufstauglichkeitsuntersuchungen

  • Musterungs-, Tauglichkeits- und Verwendungsfähigkeitsuntersuchungen und -gutachten, da diese dem Anlass der Beurteilung für den (künftigen) Dienstherrn dienen, ob der Bewerber für eine bestimmte Verwendung geeignet ist. Die Umsatzsteuerpflicht besteht selbst dann, wenn durch eine derartige Untersuchung die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung vermieden werden soll, da ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht.
  • Untersuchungen, bei denen die Frage der Tauglichkeit des Untersuchten für eine bestimmte Tätigkeit im Vordergrund steht, z.B. bei Flugtauglichkeitsuntersuchungen. Hierbei handelt es sich nicht um Vorsorgeuntersuchungen.
  • Zeugnisse oder Gutachten über das Seh- und Hörvermögen;
  • Röntgenaufnahmen, die für steuerpflichtige Gutachten, z.B. des TÜV zur Berufstauglichkeit, erstellt werden;
  • psychologische Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken.

Sonstige Untersuchungen

  • Experimentelle Untersuchungen bei Tieren im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung;
  • Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern und über die chemische Zusammensetzung des Wassers;
  • dermatologische Untersuchungen von kosmetischen Stoffen;
  • Gutachten über die pharmakologische Wirkung eines Medikaments beim Menschen.

Sonstige ärztliche Leistungen

  • ärztliche Leistungen der Schönheitschirurgen, wenn kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. Abschn. 4.14.1 Abs. 5 Nr. 8 UStAE). Gleiches gilt für vergleichbare Leistungen der Dermatologen, Zahnärzte oder Anästhesisten;
  • Entnahme, Beförderung und Analyse von Nabelschnurblut sowie die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen, sofern eine damit zusammenhängende ärztliche Heilbehandlung weder stattgefunden hat noch begonnen wurde oder geplant ist (EuGH-Urteil vom 10.6.2010, C-262/08, UR 2010 S. 526);
  • ärztliche Anzeigen über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers, soweit nicht nach Nr. 2 steuerfrei;
  • Medizinisch nicht indizierte Eingriffe, z.B. Beschneidungen aus religiösen Gründen, stellen keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dar. Die Prüfung einer medizinischen Notwendigkeit der Beschneidung ist hierbei in jedem Einzelfall vorzunehmen.

FG Saarland Urteil vom 9.10.15, 2 K 1323/15