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Gemäß § 4 EStG gehören zu den Betriebsausgaben alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Handelt es sich bei diesen Aufwendungen allerdings um Herstellungskosten eines Gebäudes, so sind sie grundsätzlich nur verteilt auf die Nutzungsdauer des Gebäudes in Form von Absetzungen für Abnutzung (AfA) abziehbar.

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Zu den Herstellungskosten nach § 255 HGB zählen dabei alle Aufwendungen für die Herstellung eines Gebäudes, seine Erweiterung oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt auch für das Steuerrecht.

Im Steuerrecht ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Gebäude, wenn es in unterschiedlicher Weise genutzt wird, mehrere Wirtschaftsgüter umfasst. Folglich ist bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 HGB zu Herstellungsaufwand führt, bei unterschiedlicher Nutzung nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den jeweiligen Gebäudeteil abzustellen.

Sachverhalt

Das dem Streitfall zugrunde liegende Gebäude steht im Eigentum der ­Gesellschafter einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis. Das Erd­geschoss dient der Zahnarztpraxis. Im Obergeschoss wohnen die Gesellschafter.

Dieses Gebäude wurde folgendermaßen umgebaut:

Das innerhäusliche Treppenhaus wird nach Umbau für die Praxis verwendet. Um die Wohnräume im Obergeschoss erreichen zu können, wurde ein betrieblich genutztes Nebengebäude sowie eine Außentreppe errichtet.

Somit sind Praxis- und Wohnräume voneinander abgeschlossen. Streitig war, ob die den Praxisbereich betreffenden Umbaukosten von den Gesellschaftern ­sofort als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden konnten oder als nachträgliche Herstellungskosten im Bereich des Sonderbetriebsvermögens nach den für Gebäude geltenden Grundsätzen abzuschreiben waren.

Entscheidung

Das FG hat die Klage abgewiesen.

Es kam zu dem Ergebnis, dass nach Fertigstellung der Baumaßnahmen sogar unter zwei Aspekten eine Erweiterung stattgefunden hat. Zum einen liegt eine Erweiterung vor, wenn der betreffende Gebäudeteil aufgestockt wird, ein Anbau errichtet wird oder wenn die Baumaßnahme in anderer Weise zur Vergrößerung der Nutzfläche führt. Im Streitfall war der Praxisbereich durch die spätere Einbeziehung des Treppenhauses vergrößert worden.

Zum anderen ist eine Erweiterung aber auch dann zu bejahen, wenn in dem entsprechenden Gebäudeteil bisher nicht vorhandene Bestandteile eingefügt wurden, deren Einbau neben der reinen Substanzmehrung auch eine „Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes“ zur Folge hat.

Als Substanzmehrung gilt beispielsweise auch der nachträgliche Einbau von Trennwänden, die zwar die Nutzfläche nicht vergrößern, aber in dem Gebäude eine zusätzliche Funktion erfüllen. Folglich kann für eine Erweiterung schon ein geänderter Grundriss genügen, der mehr auf die Praxisbedürfnisse zugeschnitten ist.

Im Streitfall hatten die Eingriffe in die Bausubstanz des Haupthauses dazu geführt, dass die betriebene Praxis gegenüber den darüberliegenden Wohnräumen abgeschlossen war.

Das hat nicht nur die Organisation erleichtert, sondern vor allem das Wohlbefinden der Patienten wie des Personals erhöht und damit die Nutzungsmöglichkeit der gesamten Praxis so erheblich verbessert, dass nach dem Umbau auch höhere Gewinne zu erwarten gewesen waren.

Folglich ist infolge der Substanzmehrung rund um das Treppenhaus auch eine verbesserte Nutzungsmöglichkeit der Praxisräume im Erdgeschoss erreicht worden. Dies stellt ebenfalls eine Erweiterung der Praxisräume im Erdgeschoss des Haupthauses dar.

Die Bauaufwendungen sind folglich nicht als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgaben, sondern gem. § 255 Abs. 2 HGB als nachträgliche Herstellungskosten zu beurteilen und im Sonderbetriebsvermögen der Gemeinschaftspraxis abzuschreiben, soweit sie den betrieblichen Teil des Gebäudes betreffen.

FG Sachsen-Anhalt 25.9.14, 6 K 1326/11