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Auf Bund-Länder-Ebene wird ein Thema diskutiert, das ein enormes Steuerrisiko für Unternehmer in sich birgt. Die Rede ist von der Auf­deckung betrieblich genutzter Grundstücksteile, die in grauen Vorzeiten nicht als Betriebsvermögen ausgewiesen wurden, weil sie nach § 8 EStDV von untergeordneter Bedeutung waren. Angesichts der explodierten Immobilienpreise dürften viele dieser Grundstücksteile längst zwingend Betriebsvermögen darstellen. Und genau nach solchen Fällen suchen die Sachbearbeiter und Prüfer künftig bundeseinheitlich.

In § 8 EStDV steht kurz und knapp:

Eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile brauchen nicht als Betriebsver­mögen behandelt zu werden, wenn

  • ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks (relative Grenze) und
  • nicht mehr als 20.500 EUR (Wertgrenze) beträgt.

Diese beiden Voraussetzungen müssen gemeinsam erfüllt sein, um kein Betriebsvermögen ausweisen zu müssen. Da die Wertgrenze seit 1996 unverändert geblieben ist, die Immobilienpreise sich in der Zeit teils jedoch mehr als verdoppelt haben, ist davon auszugehen, dass eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile in vielen Fällen längst Betriebsvermögen darstellen.

Das Fatale daran ist, dass bspw. das häusliche Arbeitszimmer im privaten Eigenheim eines Unternehmers wegen Überschreitung der Grenzen des § 8 EStDV auf einmal Betriebsvermögen darstellen kann. Das hätte zur Folge, dass die anteiligen stillen Reserven für diesen Grundstücksteil bei Betriebsaufgabe oder Veräußerung des Unternehmens versteuert werden müssten.

Praxistipp | Sachbearbeiter der Veranlagungsstellen und Prüfer der Finanzämter wurden in den letzten Monaten bundeseinheitlich darauf hingewiesen, Ausschau nach solchen Fällen zu halten. In naher Zukunft dürften deshalb hitzige Diskussionen vorprogrammiert sein, ab wann und mit welchem Wert ein betrieblicher Grundstücksteil als Betriebsvermögen zu erfassen ist.

So prüft das Finanzamt die beiden Grenzen

Bei der Überprüfung der relativen Grenze und der Wertgrenze, werden die Finanzbeamten folgende Überprüfungen durchführen:

  • Relative Grenze: Die Aufteilung der betrieblich und privat genutzten Grundstücksteile des privaten Eigenheims eines Unternehmers erfolgt in der Regel anhand der Nutzflächen.
  • Wertgrenze: Die Wertgrenze soll für jeden Veranlagungszeitraum überprüft werden. Die Wertermittlung soll vom Unternehmer selbst vorgenommen werden, u. a. per Gutachten.

Folgen der Übermittlungen durch das Finanzamt

Beträgt der eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteil nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 EUR, handelt es sich bei diesem Grundstücksteil nach § 8 EStDV nicht um Betriebsvermögen.

Kommt der Sachbearbeiter oder der Prüfer des Finanzamts jedoch zu der Erkenntnis, dass der Grundstücksteil tatsächlich Betriebsvermögen darstellt, ist der Einlagewert zu ermitteln. Dieser richtet sich nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 27.10.2010 (IV C 3 – S 2190/09/10007). Zu prüfen ist auch, ab welchem Zeitpunkt die Wertgrenze erstmals überschritten wurde. Ab diesem Zeitpunkt hätte die Einlage bereits erfolgen müssen.

Praxistipp | Zu Problemen dürfte es vor allem bei der Frage zum Zeitpunkt der Einlage und der bisher nicht geltend gemachten Gebäudeabschreibung kommen. Die Abschreibung für zurückliegende Veranlagungszeiträume ist nur dann nachholbar, wenn die entsprechenden Bescheide noch änderbar sind (siehe dazu auch H 7.4 „Unterlassene oder überhöhte AfA-Betriebsvermögen“ EStH).

Keine Anerkennung eines Arbeitszimmers und dennoch Betriebsvermögen

In der Praxis kann die Überprüfung der Wertgrenzen für eigenbetrieblich genutzte Räume im privaten Eigenheim zu einem befremdlichen Ergebnis führen. Nutzt bspw. ein Unternehmer einen Raum im Eigenheim als Arbeitszimmer, kann Betriebsvermögen vorliegen, selbst wenn das Finanzamt wegen eines anderen Arbeitsplatzes in der betrieblichen Einrichtung des Unternehmers einen Betriebsausgabenabzug für das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG versagt.

Mögliche Gegenargumente für Unternehmer

Steuerberater können mit verschiedenen Argumentationen die steuerlichen Nachteile bei Ausweis von betrieblich genutzten Grundstücksteilen im privaten Eigenheim des Unternehmers einschränken. Denkbar sind insbesondere folgende Argumente:

Argument 1: Kompromissfindung vorschlagen

Fordert das Finanzamt Ihren Mandanten dazu auf, ein Wertgutachten für sein privates Eigenheim vorzulegen, weil überprüft werden soll, ob der eigenbetriebliche Grundstücksteil wertmäßig über der Grenze von 20.500 EUR liegt, wird der beauftragte Gutachter den Wert – Stand heute – ermitteln. Ist die Wertgrenze von 20.500 EUR überschritten, wird das Finanzamt natürlich die Zuordnung zum Betriebsvermögen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt bevorzugen, um im Fall der Betriebsaufgabe oder der Betriebsveräußerung möglichst hohe stille Reserven besteuern zu können.

Praxistipp | Enthält das Wertgutachten nicht auch für die zurückliegenden Jahre Werte, was der Regelfall sein dürfte, sollte das Finanzamt darum gebeten werden, die Wertgutachten auf seine Kosten erstellen zu lassen. Andernfalls sollte ein Kompromisszeitpunkt zur Einlage und ein Kompromiss-Einlagewert gefunden werden.

Argument 2: Raum nicht ausschließlich betrieblich genutzt

Ist zumindest wertmäßig nicht mehr wegzudiskutieren, dass Ihr Mandant einen eigenbetrieblichen Raum als Betriebsvermögen hätte ausweisen müssen, kann die Betrachtung der Nutzung dieses Raums vielleicht dazu führen, dass das Finanzamt von der Einstufung als Betriebsvermögen Abstand nimmt. Dazu muss dem Finanzamt nachgewiesen werden, dass der Raum zu einem Großteil auch privat genutzt wurde.

Hintergrund: Nach der BFH-Rechtsprechung ist für einen Raum eines Gebäudes, der für mehrere Zwecke genutzt wird – hier betrieblich und privat –, keine weitere Aufteilung vorzunehmen. Vielmehr ist ein solcher Raum als Ganzes zu betrachten. Nur ein Raum – und nicht ein Teil davon – ist die kleinste Einheit, die einer gesonderten Zuordnung fähig ist (BFH 10.10.17, X R 1/16; Rz. 21 und 22).

Schlussfolgerung: Kann dem Finanzamt also z. B. mit Fotos nachgewiesen werden, dass nur ein Teil des Raums für betriebliche Zwecke genutzt und der Rest des Raums privat genutzt wurde (Kleiderschrank, Fitnessgerät, Fernseher), müsste das eine zwingende Zuordnung dieses Raums zum Betriebsvermögen trotz Überschreitung der Grenzen des § 8 EStDV ausschließen.

Praxistipp | Bei dieser Argumentation wird das Finanzamt natürlich keinen Betriebsausgabenabzug mehr zulassen, weil der im Eigenheim genutzte Raum nicht ausschließlich betrieblich genutzt wurde.