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Insolvenzanfechtungen wirken auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe des Insolvenzschuldners zurück. Zuflüsse aus Insolvenzanfechtung stellen keine nachträglichen Betriebseinnahmen im Zuflussjahr dar.

Sachverhalt

Der Insolvenzschuldner hatte im Jahr 2015 seinen Gewerbebetrieb nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgegeben. Streitig war nun, wie Zuflüsse aus der Insolvenzanfechtung ertragsteuerlich zu behandeln sind.

Entscheidung

Das FG Baden-Württemberg entschied, dass die Insolvenzanfechtung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2015 zurückwirkt, sodass Zuflüsse aus der Insolvenzanfechtung keine nachträglichen Betriebseinnahmen darstellen.

Begründung

Bei laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, soweit die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt. Eine solche Rechtslage ist insbesondere bei Steuertatbeständen gegeben, die an einen einmaligen Vorgang anknüpfen und bei denen nachträgliche Änderungen nicht in einer Folgebilanz oder nach den Grundsätzen des Zuflussprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden können.

Um einen solchen Steuertatbestand, der an einen einmaligen Vorgang anknüpft, handelt es sich bei der Aufgabe eines Gewerbebetriebs. Das bedeutet nachträgliche Änderungen wirken materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurück. Ergibt sich aufgrund von Umständen, die nach der Betriebsaufgabe neu hinzutreten, dass der der Besteuerung zugrunde gelegte Wert des Betriebsvermögens zu hoch oder zu niedrig ist, so ist dieser Wert mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zu berücksichtigen. Bereits bestandskräftige Einkommensteuerbescheide können in diesen Fällen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend geändert werden.

Das FG entschied, dass die zivilrechtliche Rückabwicklung nach §§ 143 f. InsO vor Betriebsaufgabe geleisteter Zahlungen des Betriebsinhabers an Insolvenzgläubiger auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurückwirken, auch im Fall der bereits vor der Insolvenzeröffnung beendeten Betriebsaufgabe. Die Rückflüsse aus der Insolvenzanfechtung stellen somit keine im Zeitpunkt des Zuflusses steuerbaren nachträglichen Betriebseinnahmen dar.

Dabei kommt es für die steuerliche Rückwirkung auf den Veräußerungs- oder Aufgabezeitpunkt i. S. d. § 16 EStG nicht darauf an, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu der rückwirkenden Sachverhaltsänderung geführt haben. Insbesondere ist es unerheblich, ob diese „im Kern“ bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt waren. Schließlich ist unerheblich, dass die Anfechtungsansprüche maßgeblich auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruhen.

Gegen die Entscheidung des FG hat das beklagte Finanzamt Revision eingelegt (BFH, X R 4/24).

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