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Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine Tochter greift bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 EUR auch dann ein, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist.

Fundstelle
FG Hessen 15.12.16, 1 K 1507/16, Rev. eingelegt, Az. II R 5/17

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Sachverhalt

Im Streitfall hatte der biologische Vater im Jahre 2016 seiner in 1987 geborenen Tochter einen Geldbetrag zugewandt. Die Tochter war innerhalb der Ehe ihrer leiblichen Mutter und deren Ehemann, bei dem es sich nicht um den biologischen Vater, sondern um den rechtlichen Vater handelt, geboren worden.

Das FA setzte Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der ungünstigen Steuerklasse III fest. Die gewünschte Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zum Ehemann der leiblichen Mutter bestehe, die zivilrechtlich die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe.

Entscheidung

Das Hessische FG gab der Klage statt, da es sich vorliegend um die Zuwendung an ein Kind im Sinne des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) handele.

Die vom FA vorgenommene, einschränkende Auslegung des Begriffs Kind auf Abkömmlinge eines Vaters im Sinne des § 1592 BGB sei weder nach dem Sinn und Zweck noch nach dem Wortlaut der Regelung zwingend.

Sie trage auch den Grundsätzen der Rechtsprechung des BVerfG sowie der aktuellen familienrechtlichen Entwicklung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht hinreichend Rechnung.

Der Gesetzgeber habe außerdem im Jahre 2013 für den Bereich des Familienrechts durch Einfügung des § 1686a BGB den „leiblichen, nicht rechtlichen Vater“ als eine Ausprägung der Vaterschaft anerkannt und ihm als biologischen Vater eigene Rechte zugesprochen. Auch unter Berücksichtigung der dieser Gesetzesänderung vorangegangen Rechtsprechungsentwicklung sei es sachgerecht, die zivilrechtliche Entwicklung auf den Bereich des Schenkungsteuerrechts zu übertragen.

Dass Pflegekinder nicht in die Steuerklasse I fallen, sei vorliegend nicht entscheidend. Die Ablehnung einer Gleichstellung von Pflegekindern mit Kindern im Sinne des § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG werde nämlich im Wesentlichen damit begründet, dass das Verhältnis eines Pflegekindes weder durch eine (natürliche) verwandtschaftliche Beziehung noch durch einen der Abstammung gleichgesetzten formellen Rechtsakt begründet sei. Demgegenüber sei im Streitfall die Berücksichtigung der beschenkten Tochter als Kind gerade wegen ihrer natürlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Kläger geboten.

Praxishinweis

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig, da Revision eingelegt wurde.