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Im Jahr 2021 treten verschiedene Neuregelung zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrtkosten im Rahmen einer Behinderung ein. |

Behinderung: Gesetzliche Fahrtkostenpauschale ab 2021

Steuerzahler mit einem bestimmten Grad der Behinderung bzw. mit bestimmten Merkzeichen durften bereits bisher Aufwendungen für Privatfahrten neben dem Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art nach § 33 Abs. 1 Satz 1 EStG geltend machen.

Außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art bedeutet, dass diese Fahrtkosten sich steuerlich nur auswirken, wenn sie über der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG liegen.

Je nach Behinderung bzw. je nach Merkzeichen im Behindertenausweis sind folgende Fahrtkosten bei Behinderung als außergewöhnliche Belastung abziehbar:

Gruppe 1 = Steuerzahler mit einer Geh- und Stehbehinderung und einem Grad der Behinderung von 80 oder mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G im Behindertenausweis:

Solche Steuerzahler dürfen dem Finanzamt sämtliche im Zusammenhang mit der Behinderung veranlassten unvermeidbaren Fahrten zur Erledigung privater Angelegenheiten als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung präsentieren.

Als außergewöhnliche Belastung für solche Fahrten sind neben dem Behinderten-Pauschbetrag bis Ende 2020 und ab 2021 jeweils 900 EUR zu berücksichtigen. Ab 2021 muss der behinderte Steuerzahler jedoch keinen Nachweis mehr zu den Fahrten erbringen.

* Änderungen 2020/2021
Bis Ende 2020
Ab 2021
Fahrtkosten sind anzuerkennen, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden und angemessen sind. Aus Vereinfachungsgründen kann im allgemeinen ein Aufwand für Fahrten bis zu 3.000 km im Jahr als „angemessen“ angesehen werden.
Es muss kein Nachweis mehr zu den durch die Behinderung veranlassten unvermeidbaren Fahrten zur Erledigung privater Angelegenheiten erbracht werden.
Außergewöhnliche Belastung: 900 EUR (3.000 km × 0,30 EUR/km)
Außergewöhnliche Belastung in Höhe der Fahrtkostenpauschale: 900 EUR

Gruppe 2 = Steuerzahler mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung mit Merkzeichen aG, H oder Bl im Behindertenausweis:

Diese Steuerzahler dürfen nicht nur die im Zusammenhang mit der Behinderung veranlassten unvermeidbaren Fahrten, sondern auch Aufwendungen für Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art geltend machen.

* Änderungen 2020/2021

Bis Ende 2020
Ab 2021
Fahrten müssen nachgewiesen werden. Außergewöhnliche Belastungen sind nur angemessene Fahrtkosten für eine Fahrleistung von 15.000 km im Jahr.
Es muss kein Nachweis mehr zu den Fahrten erbracht werden.
Außergewöhnliche Belastung: 4.500 EUR (15.000 km × 0,30 EUR/km)
Außergewöhnliche Belastung in Höhe der Fahrtkostenpauschale: 4.500 EUR

Zu dieser 2. Gruppe gehören seit 2021 auch Behinderte mit dem Merkzeichen TBI im Behindertenausweis, was für Taubblinde steht. Dem Merkzeichen H gleichgestellt sind die nachgewiesenen Pflegegrade 4 und 5.

Erhöhung der Entfernungspauschale 2021

Arbeitnehmer, die im Jahr 2021 zu ihrer ersten Tätigkeitsstätte pendeln, können weiterhin nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Kilometer für die einfache Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten geltend machen.

Neu ist jedoch, dass die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer verkehrsmittelunabhängig statt 0,30 EUR ab dem Jahr 2021 nun 0,35 EUR beträgt. Diese höhere Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer gilt auch bei Familienheimfahrten anlässlich einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung.

Beispiel
Ein Arbeitnehmer pendelt trotz der Corona-Krise an 230 Tagen zur Arbeit. Die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 60 km einfach. Im Jahr 2020 durfte der Arbeitnehmer für diese Fahrten Werbungskosten in Höhe von 4.140 EUR (230 Tage × 60 km × 0,30 EUR/km) geltend machen. Im Jahr 2021 darf er dafür Werbungskosten in Höhe von 4.600 EUR (230 Tage × 20 km × 0,30 EUR/km = 1.380 EUR; 230 Tage × 40 km × 0,35 EUR/km = 3.220 EUR) beantragen.

Praxistipp | Hat ein Mandant für 2020 im Lohnsteuerermäßigungsverfahren einen Lohnsteuerfreibetrag beantragt, würde dieser für 2020 ermittelte Freibetrag auch im Jahr 2021 gelten. Aufgrund der höheren Entfernungspauschale kann es sich jedoch lohnen, für das Jahr 2021 einen neuen – höheren – Lohnsteuerfreibetrag im Lohnsteuerermäßigungsverfahren zu beantragen.

Neue Mandanten in Sicht: Mobilitätsprämie für Geringverdiener

Geringverdiener mit einem zu versteuernden Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags 2021 von 9.948 EUR/19.896 EUR (Ledige/Zusammenveranlagung) profitieren von der Erhöhung der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ab dem 21. Entfernungskilometer steuerlich nicht, weil sie keine Steuern bezahlen müssen.

Deshalb gibt es für Pendler mit einem Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags ab 2021 eine Mobilitätsprämie, sofern die einfache Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 20 km beträgt.

Die Mobilitätsprämie wird in verschiedenen Schritten vom Finanzamt bei Abgabe einer Steuererklärung ermittelt. Wie das funktioniert, zeigt der folgende Beispielsfall aus der Praxis:

Beispiel

Eine Arbeitnehmerin fährt im Jahr 2021 an 150 Tagen zu ihrer ersten Tätigkeitsstätte. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 40 km. Das zu versteuernde Einkommen der Arbeitnehmerin beträgt 2021 9.000 EUR.

Schritt 1
Im ersten Schritt sind die möglichen Werbungskosten für die Fahrten zu ermitteln. Diese betragen für die ersten 20 km 900 EUR (150 Tage × 20 km × 0,30 EUR/km) und ab dem 21. Kilometer 1.050 EUR (150 Tage × 20 km × 0,30 EUR/km).

Schritt 2
Von den gesamten Werbungskosten in Höhe von 1.950 EUR wird der Werbungskostenpauschbetrag für Arbeitnehmer in Höhe von 1.000 EUR abgezogen. Übrig bleiben 950 EUR, die in die Berechnung der Mobilitätsprämie einfließen.

Schritt 3
Das zu versteuernde Einkommen von 9.000 EUR unterschreitet den Grundfreibetrag von 9.408 EUR um 408 EUR. Von den 950 EUR übrigen Werbungskosten sind diese 408 EUR abzuziehen. Übrig bleibt dann noch ein Betrag von 542 EUR.

Die erhöhte Entfernungspauschale liegt somit in Höhe von 408 EUR innerhalb des Betrags, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet und hat in Höhe dieses Betrags zu keiner steuerlichen Entlastung geführt.

Schritt 4
Die Prämie beträgt 57 EUR (408 EUR × 14 %).

Praxistipp | Ob die Mobilitätsprämie tatsächlich in Anspruch genommen wird, scheint fraglich. Denn benötigt ein Geringverdiener einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein, würde er wohl bei Abgabe einer Steuererklärung unter dem Strich draufzahlen.