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Wird bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft innerhalb der Sperrfrist eine Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt und hierdurch ein mittelbarer Anteil dieser Kapitalgesellschaft an einem zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut begründet, führt dies zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG.

Sachverhalt

Streitig war, ob ein Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 des EStG gegeben ist, wenn im Rahmen einer mehrstöckigen Personengesellschaft eine an dem übertragenen Wirtschaftsgut mittelbar beteiligte Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird. Dies hätte die Folge, dass der Teilwert rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung anzusetzen wäre.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG ist der Teilwert anzusetzen, soweit in den Fällen des Satzes 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht.

Mit dem Wort „Anteil“ i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG ist im Grundsatz die vermögensmäßige Beteiligung eines Körperschaftsteuersubjekts an dem nach Satz 3 dieser Vorschrift übertragenen Wirtschaftsgut und damit an den darin gespeicherten stillen Reserven gemeint.

Entscheidung

Im Streitfall waren die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG nicht erfüllt. Denn es wurde allein die Beteiligungskette geändert, nicht jedoch ein (mittelbarer) Anteil am Betriebsgrundstück begründet.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist der Teilwert rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung anzusetzen, soweit innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung des Wirtschaftsguts nach Satz 3 der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut aus einem anderen Grund unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht.

Ein „anderer Grund“ im Sinne dieser Vorschrift ist nach dem Wortlaut auch dann gegeben, wenn – wie im Streitfall – im Rahmen einer mehrstöckigen Personengesellschaft eine Oberpersonengesellschaft durch einen Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird und hierdurch ein (mittelbarer) Anteil dieser Kapitalgesellschaft an dem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut (Betriebsgrundstück) begründet wird.

Der Tatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG setzt auch keine Missbrauchsabsicht voraus. Die Vorschrift ist eine den Buchwertansatz einschränkende Bewertungsvorschrift. Ereignen sich während eines Feststellungszeitraums ggf. mehrere Sperrfristverstöße, sind die Auswirkungen auf die Bewertung des zum Buchwert übertragenen Wirtschaftsguts in zeitlicher Reihenfolge zu prüfen.

Ebenso kann diese Norm nicht im Wege der teleologischen Reduktion dahin einschränkend ausgelegt werden, dass ein rückwirkender Teilwertansatz zu unterbleiben hat, wenn der Formwechsel bei der im Streitfall gegebenen Konstellation zu Buchwerten (vgl. § 25 Satz 1, § 20 Abs. 2 Satz 2 ­UmwStG) erfolgt.

Die Veräußerung eines Teil-/Mitunternehmeranteils stellt auch einen „anderen Grund“ i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG dar. Hingegen ist es nicht möglich, die Veräußerung eines Teil-/Mitunternehmeranteils unter § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zu subsumieren. Auch wenn der Anteil an einer Personengesellschaft steuerrechtlich die Zusammenfassung aller Anteile an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens verkörpert, spricht § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG eindeutig von der Veräußerung oder Entnahme des „nach Satz 3 übertragene[n] Wirtschaftsgut[s]“. Satz 4 nennt – anders als die Sätze 5 und 6, die von dem „Anteil … an dem Wirtschaftsgut“ sprechen – ausdrücklich das Wirtschaftsgut als das Objekt der Veräußerung oder Entnahme. Damit kann nur das nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragene Einzelwirtschaftsgut gemeint sein, nicht ein Teil-/Mitunternehmeranteil.

Das FG hatte im Streitfall zu Unrecht einen rückwirkenden Teilwertansatz in voller Höhe bejaht. Verringert sich bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft der mittelbare Anteil einer an der formgewechselten Oberpersonengesellschaft als Mitunternehmerin beteiligten Kapitalgesellschaft an dem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut bis zum Formwechsel (Sperrfristverstoß), bestimmt sich der Umfang des rückwirkenden Teilwertansatzes nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG nach den vermögensmäßigen Beteiligungsverhältnissen im Zeitpunkt der Übertragung nach Satz 3.

§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass das wirtschaftliche Eigentum auf die aufnehmende Mitunternehmerschaft (Gesamthand) übertragen wird; es ist ein Rechtsträgerwechsel erforderlich. Steuerrechtlich beurteilt sich die Frage, wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO. Da das FG hierzu keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH den Streitfall an die Vorinstanz zurück.

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BFH 15.7.21, IV R 36/18