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Mit Urteil vom 17.6.2020 hat der BFH entschieden, dass von einem gewerblichen Internet-Handel auszugehen ist, wenn planmäßig Gegenstände in Wiederveräußerungsabsicht angekauft und wieder verkauft werden. „Spaß am Handeln“ ist kein taugliches Abgrenzungskriterium des gewerblichen Handels von einer privaten Vermögensverwaltung. |

Hintergrund

Der BFH hat sich in jüngster Zeit gleich mehrfach zu Fragen der ertragsteuerlichen Einordnung von Verkaufsvorgängen über das Internetportal eBay geäußert. In einem Fall ging es um die Beurteilung der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Wirtschaftsgütern, in dem anderen Fall um die Frage, wann die Schwelle zum planmäßigen An- und Verkauf überschritten ist. Gemäß § 15 EStG zählen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige kaufte in den Streitjahren 2009 bis 2013 Gegenstände aus Haushaltsauflösungen an und bot diese auf eBay in Form von Versteigerungen zum Verkauf an. Insgesamt legte sie dazu vier eBay-Konten an und eröffnete zwei Girokonten. Aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndung ergaben sich Einnahmen zwischen 40.000 EUR und 95.000 EUR pro Jahr bei 260 bis 1.057 Auktionen.

In der Folge ordnete das Finanzamt die Einnahmen den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu. Da diese Einnahmen bisher nicht erklärt worden waren, erließ das Finanzamt entsprechende Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, wobei die Finanzverwaltung Betriebsausgaben i. H. v. 30 % der Einnahmen schätzte. Die Steuerpflichtige machte im Rahmen der Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und vertrat die Ansicht, dass sie nicht als Händlerin anzusehen sei.

Entscheidung

Jedoch blieb dies ohne Erfolg. Der BFH bestätigte die Wertung des FG. Die Steuerpflichtige veräußerte nicht nur privates Vermögen, sondern trat als gewerbliche Händlerin auf.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 EStG setzen das Vorliegen eines Gewerbebetriebs voraus. Ein Gewerbebetrieb ist eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Betrieb eines Gewerbes überschritten, wenn die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Vermögen i. S. einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH 10.12.01, GrS 1/98, BFHE 197, 240).

In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (BFH 3.7.95, GrS 1/93, BFHE 178, 86), wobei auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen ist. Orientierung bieten dabei bestehende Berufsbilder. Einen festen Kriterienkatalog, bei dessen Vorliegen von einem Gewerbebetrieb auszugehen ist, lehnten die Richter beim BFH hingegen erneut ab. Es kommt auf die Würdigung und Gewichtung der Umstände des Einzelfalls an.

Für den vorliegenden Fall sahen die Richter die typische gewerbliche Tätigkeit des Handels erfüllt. Zu seinem Wesen gehöre der Kauf oder die sonstige Anschaffung von Sachen zum Zwecke der Weiterveräußerung in gleichem Zustand oder nach weiterer Be- oder Verarbeitung (BFH 25.7.01, X R 55/97).

Kennzeichnend sei dabei insbesondere die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern i. S. eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten (BFH 25.7.01, X R 55/97).

Weil das FG
* nicht ausschließlich auf die Dauer und die Anzahl bzw. die Höhe der Verkäufe abgestellt hat,
* sondern im besonderen Maße den planmäßigen An- und Verkauf gewürdigt hat,

waren die Wertungen im Rahmen der Revision nicht zu beanstanden. Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Tätigkeit sei schon dann überschritten, wenn der Ankauf von Waren bereits in Wiederveräußerungsabsicht erfolgt, führt der BFH aus. Soweit sich die Steuerpflichtige darauf berief, dass sie Spaß an der Versteigerung der Gegenstände gehabt habe, sei daraus keine bloße Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten zu folgern. Der „Spaß am Handeln“ ist kein taugliches Abgrenzungskriterium. Dass die Steuerpflichtige über kein konkretes Konzept, keine Mindestpreise und sonstigen Vorkenntnisse verfügte, war unerheblich.

Relevanz für die Praxis

Betrachtet man aktuelle Entscheidungen zu dieser Thematik, so fällt auf, dass die Fallaufgriffe häufig durch Außenprüfungen oder Steuerfahndungsstellen erfolgen, was die Bedeutung dieser Thematik für die Finanzverwaltung unterstreicht. Dies dürfte auch an den zum Teil erheblichen Steuernachzahlungen im Bereich der Einkommen- und Gewerbesteuer liegen.

Während im Bereich der Einkommensteuer nicht die Einnahmen, sondern nur der ggf. im Wege der Schätzung zu ermittelnde Gewinn besteuert wird, liegt der Sachverhalt bei der Umsatzsteuer anders. Da zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen über den Ankauf der später verkauften Waren regelmäßig nicht vorgelegt werden können, weil die Waren im Internet bei Privathändlern oder auf Flohmärkten von Privatpersonen erworben werden, wirken sich die Nachzahlungen der Umsatzsteuer in der Regel in voller Höhe aus, jedenfalls dann, wenn die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht in Betracht kommt.

Überschreitet eine Verkaufstätigkeit nicht die Schwelle zur gewerblichen Tätigkeit i. S. d. § 15 EStG, ist zu prüfen, ob die Verkaufsvorgänge als private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 EStG der Einkommensteuer unterliegen. Voraussetzung für das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist gemäß § 23 Nr. 2 EStG zunächst, dass es sich um ein Wirtschaftsgut handelt, das nicht unter § 23 Nr. 1 EStG fällt (Grundstücke und Rechte etc.) und der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind vom Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich ausgenommen (§ 23 Nr. 2 Satz 2 EStG).

Fazit | Wann die Grenze zur gewerblichen Tätigkeit bei Verkaufsvorgängen über eBay überschritten ist, dürfte auch in Zukunft weiter zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung führen. Die vorgenannte Entscheidung bestätigt die bisherige Linie von Finanzverwaltung und Rechtsprechung. Drängt sich die Annahme von gewerblichen Einkünften auf und steht die Höhe der Einnahmen aufgrund von Auskünften der Online Plattformen fest, gilt es tatsächliche Anhaltspunkte (Vorlage von Kaufbelegen, eBay-Kaufvorgänge etc.) vorzulegen, um die Schätzung der zu berücksichtigenden Betriebsausgaben möglichst realitätsnah gestalten zu können.

Zum Autor | Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder.

Fundstelle
BFH 17.6.20, X R 26/18