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Ein Disagio ist grundsätzlich im vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar.
Dies gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn es sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält.
Wird eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies nach Auffassung des BFH die Marktüblichkeit.
BFH 8.3.16, IX R 38/14

Sachverhalt

Im Streitfall erwarb der Steuerpflichtige ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,5 Mio. EUR. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem bei einer Geschäftsbank aufgenommenen Hypothekendarlehen über einen Darlehensbetrag von nominell 1.333.000 EUR.
Der Nominalzinssatz betrug bei einer festen Zinsbindung von zehn Jahren 2,85 Prozent jährlich. Bei der Berechnung des Nominalzinssatzes war ein Disagio von 10 Prozent der Darlehenssumme berücksichtigt.
Der Steuerpflichtige machte bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses das Disagio in Höhe von 133.000 EUR als sofort abziehbare Werbungskosten geltend.
Dagegen berücksichtigte das FA nur einen Betrag von rund 67.000 EUR als Werbungskosten, mit der Begründung, dass nur der marktübliche Teil von 5 Prozent des Disagios sofort abziehbar sei. Der über 5 Prozent hinausgehende Disagiobetrag werde auf den Zinsfestschreibungszeitraum von zehn Jahren verteilt und im Streitjahr nur anteilig berücksichtigt.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Ein marktübliches Disagio, das für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren gezahlt wird, ist nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung, d. h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
Der in § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG verwendete Begriff „marktüblich“ bezieht sich auf das jeweils konkret betroffene Disagio.
Bezogen auf die dargelegte Funktion eines Disagios ergibt sich die Marktüblichkeit aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Höhe und Laufzeit des Kredits unter Berücksichtigung der aktuellen Verhältnisse auf dem Kreditmarkt.
Was marktüblich ist, entscheidet sich bezogen auf das konkrete finanzierte Objekt nach den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt. Die Marktüblichkeit an einen festen Zinssatz zu koppeln, kommt insoweit nicht in Betracht.
Abzugrenzen ist das marktübliche Disagio von „ungewöhnlichen“ Gestaltungen, die sich nicht in dem auf dem aktuellen Kreditmarkt üblichen Rahmen halten. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.

Praxishinweis

Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer ­Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts der üblichen Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle sind mit einer Geschäftsbank vereinbarte Zinsgestaltungen ­regelmäßig als im Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen zu betrachten.
Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen verlassen wird. Solche Umstände können etwa in einer besonderen Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besonderen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypischen Vertragsgestaltungen liegen.
Im Streitfall hatte das FG festgestellt, dass der Nominalzins von 2,85 Prozent ungewöhnlich niedrig und deutlich niedriger sei als der Marktzins, weil die Effektivzinsen für Immobilienkredite nach der Zinsstatistik für Juli 2009 der Deutschen Bundesbank bei Wohnungsbaukrediten an private Haushalte mit Ursprungslaufzeit von über fünf Jahren ca. 5 Prozent betrügen.
Deshalb sei das Disagio des Steuerpflichtigen ungewöhnlich hoch. Da jedoch die streitbefangene Disagio- und Zinsvereinbarung mit einer Geschäftsbank abgeschlossen wurde, müsse die Marktüblichkeit der Abrede vermutet werden. Das FG hätte, um diese Vermutung gegebenenfalls zu widerlegen, die Einzelumstände der Vertragsgestaltung prüfen müssen.