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Das FG Münster hat sich in zwei aktuellen Urteilen mit den praxisrelevanten Fragen auseinandergesetzt, inwieweit Abschreibungen dem Gewinn hinzugerechnet werden müssen bzw. inwieweit bei der Berechnung der Spekulationsfrist eine Bedingung Einfluss hat.
Altfälle: FG Münster 21.6.13, 4 K 1918/11 E, BMF 20.12.10, IV C 1 – S 2256/07/10001: 006, BStBl I 11, 14, Tz. II.1
BFH 11.4.12, IX B 14/12, BFH/NV 12, 1130; 12.7.12, IX B 64/12, BFH/NV 12, 1782
Niedersächsisches FG 27.12.11, 9 V 280/11, EFG 12, 1460

Bedingung: FG Münster 22.5.13, 10 K 15/12, BFH 7.6.06, IX R 4/04, BStBl II 07, 294; 29.5.09, IX B 23/09

AfA gehört in Altfällen nicht zum Spekulationsgewinn

War die zweijährige Spekulationsfrist für Grundstücke Ende 1998 bereits abgelaufen, verstößt die ehemalige gesetzliche Verlängerung auf zehn Jahre gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Die Anwendung ist nach Auffassung des FG Münster nichtig, soweit im Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen erfasst werden, die bis zur Verkündung der Änderung am 31.3.1999 entstanden sind und die nach der zuvor geltenden Rechtslage bis dahin steuerfrei realisiert werden können.
Denn mit dem Ablauf der Zweijahresfrist erfüllte sich die vertrauensrechtlich geschützte Erwartung, dass die bisherigen Wertzuwächse steuerlich nicht erfasst werden. Durch die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist wurde dieses Vertrauen nachträglich entwertet.
Das FG Münster bezieht sich auf den BVerfG-Beschluss zu Veräußerungsgeschäften mit Grundstücken aus dem Jahre 2010, wonach bis zur Gesetzesänderung im März 1999 eingetretene Preissteigerungen auch bei späteren Verkäufen außen vor bleiben müssen, was anschließend von der Verwaltung in einem Anwendungserlass für die Praxis in Altfällen umgesetzt wurde.

Hinweis

Veräußerungsgewinn ist der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die sich um AfA und Sonderabschreibungen mindern, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen wurden.
Der auf den Zeitraum vor dem 1.4.1999 entfallende Veräußerungsgewinn unterliegt nicht der Besteuerung und beinhaltet auch die bis Ende März 1999 in Anspruch genommene AfA und nicht nur die laut BVerfG realisierten Wertsteigerungen. Nach FG-Ansicht kann es nicht darauf ankommen, ob es sich um tatsächliche Preissteigerungen handelt oder der Veräußerungsgewinn deshalb entsteht, weil in der Vergangenheit AfA abgezogen wurde.
Das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Steuerfreiheit der mit Ablauf der Zweijahresfrist geschützten Vermögensposition ist in diesem Fall verfassungsrechtlich ebenso geschützt wie bei tatsächlichen Wertsteigerungen. Maßgeblich ist allein, dass das Grundstück vor dem 31.3.1999 vollständig steuerfrei hätte veräußert werden können. Eine zeitlich lineare Aufteilung wie nach der Vereinfachungsregelung des BMF entspricht nicht den Vorgaben des BVerfG.
Eine teilweise Zuordnung zum steuerpflichtigen Teil stellt eine verfassungswidrige und damit unzulässige Besteuerung dar. Die Revision wurde zuge-lassen, weil die Rechtsfrage vom BFH unentschieden beantwortet wurde.
Keine Spekulationssteuer bei Bedingungseintritt nach Fristablauf
Für die Berechnung der zehnjährigen Spekulationsfrist kommt es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit und nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, betont das FG Münster.
Erfolgt der Verkauf unter einer aufschiebenden Bedingung und tritt diese erst nach Ablauf der Spekulationsfrist ein, liegt daher kein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft mehr vor. Denn gemäß § 23 Abs. 1 EStG sind als sonstige Einkünfte nur Gewinne aus einem Veräußerungsgeschäft bei einem Grundstück steuerpflichtig, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Im Urteilsfall hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass der Immobi-lienkaufvertrag nur wirksam werden sollte, wenn eine bestimmte behördliche Freistellungsbescheinigung erteilt wird. Die Bescheinigung lag tatsächlich erst nach rund zehneinhalb Jahren vor, während der Notarvertrag innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgt war.
Maßgeblich für die Frage, ob ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vorliegt, ist die Wirksamkeit des Vertrages. Diese war hier noch nicht vor Ablauf der Zehnjahresfrist eingetreten, denn sie stand zu diesem Zeitpunkt unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der Freistellungsbescheinigung.
Die zeitliche Verschiebung gilt unabhängig davon, ob der Bedingungseintritt von der Entscheidung eines nicht am Vertrag beteiligten Dritten abhängig ist. Er wirkt auch nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurück.

Praxishinweis

Bei der Erteilung der Freistellungsbescheinigung handelt es sich nicht um eine Genehmigung des Kaufvertrags, sondern um eine aufschiebende Bedingung, deren Eintritt keine rückwirkende Wirkung entfaltet. Im Übrigen wäre auch eine Rückwirkung nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht in die Spekulationsfristberechnung einzubeziehen.