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Ist es steuerlich möglich, dass ein Betrieb unentgeltlich übertragen wird und Zahlungen des bisherigen Betriebsinhabers nach Insolvenz des Betriebs und einer Privatinsolvenz des Übernehmers als nachträgliche Betriebsausgaben abziehbar sind? Die Antwort eines aktuellen Urteils des BFH lautet überraschenderweise „Ja“.

Darum ging es in dem Streitfall beim BFH

In dem steuerzahlerfreundlichen Urteilsfall übertrug der Vater seinen Malerbetrieb auf die Tochter. Die Tochter übertrug den Betrieb rund vier Jahre später wieder zurück auf den Vater. Beide Übertragungen waren unentgeltlich. In der Zeit, als die Tochter Inhaberin des Malerbetriebs war, wurde sie gerichtlich zur Nachzahlung von Beiträgen zur Urlaubskasse verurteilt. In der Bilanz des Malerbetriebs passivierte sie dafür – aus welchen Gründen auch immer – keine Rückstellung.

Der Vater übernahm den Malerbetrieb wieder und leistete einige Ratenzahlungen zur Urlaubskasse, ehe der Malerbetrieb insolvent wurde und er selbst auch Privatinsolvenz anmeldete. Daraufhin leistete die Tochter in den Jahren 2016, 2017 und 2018 – mehr als zehn Jahre nach Entstehung der Beitragsverbindlichkeiten – Zahlungen an die Urlaubskasse. Die Rückübertragung des Betriebs an den Vater erfolgte unter Ausschluss jeglicher Gewährleistungen. In ihren Einkommensteuererklärungen 2016, 2017 und 2018 beantragte die Tochter nachträgliche Betriebsausgaben.

Finanzamt und Finanzgericht lehnten den nachträglichen Betriebsausgabenabzug ab

Die Veranlagungsstelle des Finanzamts, die Rechtsbehelfsstelle sowie das Finanzgericht lehnten den Abzug nachträglicher Betriebsausgaben ab (FG Thüringen 23.11.21, 3 K 308/18). Zur Begründung wurde übereinstimmend ausgeführt, dass in der Bilanz des Vaters nach der Rückübertragung eine Rückstellung für die ausstehenden Beitragszahlungen hätte passiviert werden müssen. Dadurch bestand bei der Tochter der betriebliche Zusammenhang der vormaligen Beitragsschuld nicht mehr.

Folge: Nachträgliche Betriebsausgaben bei der Tochter schieden danach aus. Außerdem war die Übertragung von Tochter auf Vater unentgeltlich, was einen späteren Betriebsausgabenabzug bei der Tochter per se ausschloss.

BFH beweist Weitblick und lässt Betriebsausgabenabzug zu

Der BFH kam in seinem Urteil zu einer anderen Auffassung und gewährte der Tochter in den Jahren 2016, 2017 und 2018 den beantragten Abzug nachträglicher Betriebsausgaben im Zusammenhang mit ihrem damaligen Gewerbebetrieb. Der BFH hat dazu folgende interessante Aussagen getroffen: Die originär von der Tochter geschuldeten Beitragsverbindlichkeiten gegenüber der Urlaubskasse sind trotz Betriebsübertragung an den Vater für sie „schlummerndes“ Betriebsvermögen. Aus diesem Grund kann die Tochter die erst Jahrzehnte später geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben abziehen.

Praxistipp

Die Urteilsgrundsätze sind über den betreffenden Einzelfall hinaus anzuwenden, weil das BFH-Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurde. Werden nachträglich Zahlungen vom Betriebsübergeber geleistet, kommt es natürlich auf die Vereinbarungen an, die der Betriebsübergeber und der Betriebsübernehmer geschlossen haben.

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