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Betreibt ein Altersheim mit umfassender Verpflegung der Heimbewohner auch eine Cafeteria, die zusätzlich entgeltlich Getränke und Speisen an Heimbewohner und deren Besucher abgibt, sind die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria nicht gemäß § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG steuerfrei. Der Betrieb der Cafeteria ist in einem solchen Fall für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner nicht unerlässlich.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige betrieb ein Altersheim. Alle Bewohner des Altersheims (ca. 150 in den Streitjahren) hatten eine Pflegestufe, viele waren bettlägerig. Die Kosten rechnete die Steuerpflichtige über die Pflegeversicherung ab, teilweise ergänzt durch die Sozialhilfe. Betreutes Wohnen bot die Steuerpflichtige in dem Altersheim nicht an. Auf den einzelnen Stationen gab es Speisesäle, in denen die Bewohner ihre Mahlzeiten einnahmen. Die Heimbetreuung schloss neben Frühstück, Mittag- und Abendessen auch einen Nachmittagssnack (z. B. Kuchen) mit ein.

Daneben betrieb die Steuerpflichtige in den Räumlichkeiten eine Cafeteria, die nur die Bewohner und – das war der Regelfall – deren Besucher (zumeist Angehörige) aufsuchen konnten. Die Steuerpflichtige führte eine Eingangs- und Ausgangskontrolle durch. Außenstehenden stand die Cafeteria nicht offen. Die Cafeteria war täglich von etwa 11:00 bis 17:30 Uhr geöffnet. Das Angebot umfasste Kaffee- und Kaltgetränke, selbstgebackenen Kuchen und kleine Speisen. Gegen Vorbestellung wurden auch Feierlichkeiten (z. B. Geburtstage) durchgeführt. Es war immer eine Person vom Personal anwesend.

Nach einer Außenprüfung beurteilte das Finanzamt die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria als mit dem Regelsteuersatz umsatzsteuerpflichtig. Hinzu kamen die Pauschbeträge für die unentgeltliche Wertabgabe von Speisen und Getränken. Die Höhe der Entgelte und die abziehbaren Vorsteuerbeträge waren nicht streitig. Dementsprechend erließ das Finanzamt erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.

Der hiergegen eingelegte Einspruch war ebenso erfolglos wie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht. Nach Auffassung des Finanzgerichts seien die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria umsatzsteuerpflichtig, da es sich nicht um Leistungen handele, die mit dem Betrieb von dort beschriebenen Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbunden seien.

Entscheidung

Der BFH teilt die Rechtsauffassung des Finanzgerichts. Betreibt ein Altersheim mit umfassender Verpflegung der Heimbewohner auch eine Cafeteria, die zusätzlich entgeltlich Getränke und Speisen an Heimbewohner und deren Besucher abgibt, sind die Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria nicht umsatzsteuerfrei, weil sie mit dem Betrieb des Altersheims nicht eng verbunden sind. Der Betrieb der Cafeteria ist in einem solchen Fall für die Pflege und Versorgung der Heimbewohner nicht unerlässlich.

Das Finanzgericht hat nach Meinung des BFH zu Recht darauf abgestellt, dass weder das Heimgesetz noch die das Heimgesetz überwachenden Behörden die Steuerpflichtige zur Errichtung einer Cafeteria mit entgeltlicher Abgabe von Kaffee und Kuchen verpflichteten. Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgerichts erhielten die Heimbewohner in der Einrichtung der Steuerpflichtigen bereits eine umfassende Verpflegung, die auch einen Nachmittagssnack (z. B. Kuchen) einbezog. Es fehlte auch nicht an Räumlichkeiten, in denen die Heimbewohner Besucher empfangen konnten. Zudem stand für Spaziergänge ein Garten zur Verfügung. Der Betrieb der Cafeteria im Altersheim

* betraf keine Leistungen für den Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung und
* war für derartige Leistungen nicht unerlässlich und
* wirkte sich zudem nicht auf die Kosten der Leistungen des Altersheims für die Heimbewohner aus.

Bei den Bewirtungsleistungen der Cafeteria an die Heimbewohner handelt es sich auch nicht um steuerfreie Nebenleistungen zu einer steuerfreien Hauptleistung.

Praxistipp

Der BFH konnte es offenlassen, ob sich die Steuerpflichtige auch auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen hat. Der BFH stellt insoweit fest, dass die Berufung grundsätzlich möglich gewesen, aber wegen des mit der deutschen Steuerbefreiung deckungsgleichen Regelungsbereichs ohne Erfolg geblieben wäre. Im Hinblick auf die nicht steuerbegünstigte Verpflegung von Begleitpersonen führt der BFH zur Begründung auch sein Urteil vom 16.12.2015 an: „Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt sowie an ihre Mitarbeiter entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt, ist insoweit unternehmerisch tätig und führt steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus, wenn die genannten Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich sind oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.“

fundstellen
* BFH 21.4.22, V R 39/21BFH 16.12.15, XI R 52/13