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Das Bundesfinanzministerium hat sich viel Zeit gelassen, einen für Personengesellschaften und Mitunternehmer positiven Beschluss des BFH umzusetzen. Der BFH stellte damals fest, dass ein Investitionsabzugsbetrag zulässig ist, wenn er zulasten des Gesamthandsvermögens gebildet wurde und die spätere Investition im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters erfolgte. Dieser Beschluss muss in den Finanzämtern nun angewandt werden.

Investitionsabzugsbetrag bei Personengesellschaft

Beim Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG kann eine Personengesellschaft unter bestimmten Umständen für innerhalb der nächsten drei Jahre geplante Investitionen ins bewegliche Anlagevermögen bereits im Jahr der Planung 40 % der voraussichtlichen Investitionskosten gewinnmindernd abziehen. Der Abzug erfolgt dabei außerbilanzmäßig. Bei einer Personengesellschaft sind die Grundsätze des § 7g EStG mit der Maßnahmen anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt (§ 7g Abs. 7 EStG).

Bei Überprüfung der Zulässigkeit des Investitionsabzugsbetrags gab es in der Vergangenheit nur dann keine Beanstandungen des Finanzamts, wenn

  • der Investitionsabzugsbetrag vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde und die spätere Investition tatsächlich im Gesamthandsvermögen erfolgte;
  • der Investitionsabzugsbetrag vom Gewinn der Sonderbilanz des Gesellschafters abgezogen wurde und die spätere Investition tatsächlich im Sonderbetriebsvermögen erfolgte.

Eine andere Sichtweise erkannten die Prüfer und Sachbearbeiter der Finanzämter nicht an. Wurde der Investitionsabzugsbetrag beispielsweise vom Gewinn im Gesamthandsvermögen abgezogen und die Investition erfolgte tatsächlich im Sonderbetriebsvermögen, wurde der Investitionsabzugsbetrag als unzulässig eingestuft und rückwirkend versagt.

Änderung der Sichtweise durch Beschluss des Bundesfinanzhofs

Der BFH teilte diese strenge Auffassung der Finanzverwaltung jedoch nicht. Er stellte klar, dass die Personengesellschaft im Gesetzestext zu § 7g EStG an keiner Stelle dazu verpflichtet wird, bereits bei Antragstellung festzulegen, ob die Investition von der Gesamthand oder von einem Gesellschafter finanziert werden muss.

Diese fehlende Verpflichtung ist nach Ansicht der Richter auch logisch, weil zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft nicht nur das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehört, sondern auch das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter. Deshalb ist es für die Frage der Zulässigkeit des Investitionsabzugsbetrags ohne Bedeutung, ob im Bereich des Gesamthands- oder des Sonderbetriebsvermögens investiert wird (BFH 15.11.17, VI R 44/16).

Beachten Sie | So gut begründet und positiv dieser Beschluss des BFH für Personengesellschaften und deren Gesellschafter auch war, er wurde bislang von den Finanzämtern nicht angewandt. Der BFH-Beschluss wurde nie im Bundessteuerblatt veröffentlicht und es wurde eineinhalb Jahre lang auf Bund-Länder-Ebene diskutiert, ob dieses Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist.

Bundesfinanzministerium gibt nunmehr grünes Licht für Anwendung des BFH-Beschlusses

Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des BFH-Beschlusses von Prüfern und Sachbearbeitern der Finanzämter in allen offenen Fällen anzuwenden (BMF 26.8.19, IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02).

Durch das BMF-Schreiben vom 26.8.2019 werden die Randnummern 4 und 5 des BMF-Schreibens vom 20.3.2017 (IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02) zum Investitionsabzugsbetrag bei Personengesellschaften angepasst. Neu sind insbesondere folgende Aussagen:

  • Wurde der Investitionsabzugsbetrag vom Gewinn des Gesamthandsvermögens abgezogen und die begünstige Investition erfolgte durch einen Gesellschafter im Sonderbetriebsvermögen, ist das zulässig. Die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags bei Investition erfolgt gewinnerhöhend beim Sonderbetriebsgewinn.
  • Entsprechendes gilt, wenn vom Sonderbetriebsgewinn ein Investitionsabzugsbetrag abgezogen wird und später in der Gesamthand investiert wird. Die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags bei Investition erfolgt in diesem Fall beim Gesamthandsgewinn.
  • Die Grundsätze des BFH-Beschlusses sind zudem auf den Fall zu übertragen, dass ein Gesellschafter der Personengesellschaft von seinem Sonderbetriebsgewinn den Investitionsabzugsbetrag abzieht und die Investition im Sonderbetriebsvermögen eines anderen Gesellschafters erfolgt. In diesem Fall ist der Investitionsabzugsbetrag bei Investition gewinnerhöhend beim investierenden Gesellschafter zu erfassen.

Was jedoch nach wie vor schädlich für den Investitionsabzugsbetrag ist, ist der Fall, dass ein Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens vom Gesellschafter der Personengesellschaft gekauft wird oder umgekehrt. In diesem Fall liegt keine begünstigte Investition im Sinne des § 7g Abs. 1 EStG vor, weil das Wirtschaftsgut bereits vor der Anschaffung dem Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzurechnen war.

Praxistipp | Die positiven Grundsätze des BFH-Beschlusses sind tatsächlich in allen noch offenen Fällen anwendbar. Die Einschränkung in Randnummer 60 im BMF-Schreiben vom 20.3.2017 gilt ausdrücklich nicht. Sollte der Prüfer oder Sachbearbeiter im Finanzamt die BFH-Grundsätze für Investitionsabzugsbeträge verweigern, die vor dem 1.1.2016 abgezogen wurden, weisen Sie auf Seite 3 des BMF-Schreibens vom 26.8.2019 hin. Dort steht schwarz auf weiß, dass diese Einschränkung für Fälle, in denen die BFH-Grundsätze zur Anwendung kommen, nicht gilt.

Typisches Beispiel aus der Praxis

Eine GbR ermittelte ihren Gesamthandsgewinn 2016 und zog für eine im Jahr 2018 geplante Investition (Transporter mit voraussichtlichen Investitionskosten von 60.000 EUR) einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 24.000 EUR ab. Im Jahr 2018 investiert jedoch nicht die GbR, sondern einer der beiden Gesellschafter der GbR. Folge: Der Abzug des Investitionsabzugsbetrags war zulässig. Auf den Gewinn 2018 im Sonderbetriebsvermögen hat die Investition folgenden Einfluss:

Gewinnerhöhende Auflösung des in der Gesamthand abgezogenen Investitionsabzugsbetrags 2018
+ 24.000 EUR

Mindert der Gesellschafter die Anschaffungskosten des Transporters um den Investitionsabzugsbetrag, mindert sich der Sonderbilanzgewinn 2018 um diesen Betrag.
– 24.000 EUR

Abschreibung 2018 der gekürzten Anschaffungskosten (Kaufpreis 60.000 EUR abzgl. 24.000 EUR = 36.000 EUR ÷ Nutzungsdauer 6 Jahre).
–6.000 EUR

Empfohlene Vorgehensweise für Betroffene

Liegen Mandanten wegen eines vergleichbaren Sachverhalts bereits im Clinch mit dem Finanzamt und die gegen die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags im Abzugsjahr eingelegten Einsprüche ruhen, sollte das Finanzamt aufgefordert werden, die Einsprüche zugunsten der Mandanten zu ändern. Liegen keine nachteiligen Steuerbescheide vor, sondern wurde dieser Sachverhalt während einer Betriebsprüfung oder während der Bearbeitung der Steuererklärung vom Finanzamt beanstandet, weisen Sie auf das aktuelle BMF-Schreiben vom 26.8.2019 hin.