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Mit BMF-Schreiben vom 12.12.2024 wurden die neuen „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024“ veröffentlicht. In diesem Schreiben befinden sich Ausführungen zur Fremdfinanzierung zwischen nahestehenden Unternehmen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Gemeint sind Ausführungen zur bereits am 1.1.2024 in Kraft getretenen Neuregelung nach § 1 Abs. 3d AStG. Hier eine Betrachtung dieser neuen Vorschrift aus Sicht eines Praktikers.

Ausführungen zur Neuregelung nur für AStG maßgeblich

Bevor die zum 1.1.2024 in Kraft getretene Neuregelung nach § 1 Abs. 3d AStG und die Ausführungen dazu in den neuen Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024 näher beleuchtet werden, zunächst zwei wichtige Hinweise:

1. Die Grundsätze zu Verrechnungspreisen und die gesetzlichen Bestimmungen zu § 1 Abs. 3d AStG greifen nur bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Korrekturen nach dem Außensteuergesetz. Bei Korrekturen nach nationalen Gesetzen (z. B. bei Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung) sind diese neuen Ausführungen nicht anwendbar.

2. Die Ausführungen in den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024 zu Finanzierungsbeziehungen zwischen nahestehenden Unternehmen gelten grundsätzlich erst für ab dem 1.1.2024 abgeschlossene Finanzierungsbeziehungen. Bei laufenden Betriebsprüfungen mit Prüfungsjahren vor 2024 sind also die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 maßgeblich (BMF 6.6.23, V B 5 – S 1341/19/10017 :003). Dennoch enthalten die neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 an verschiedenen Stellen Aussagen, die auch für die Jahre vor 2024 als Argumente für die Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen angeführt werden können.

Beleuchtung der gesetzlichen Neuregelung § 1 Abs. 3d AStG

Zunächst zur Orientierung der Gesetzestext zu § 1 Abs. 3d AStG, um die folgenden Praxisansätze besser verstehen zu können.

§ 1 Abs. 3d AStG

Es entspricht nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn ein aus einer grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe resultierender Aufwand die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemindert hat und

1. der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass er

a) den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit dieser Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können und

b) die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet oder

2. soweit der seitens des Steuerpflichtigen zu entrichtende Zinssatz für eine grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehung mit einer ihm nahestehenden Person den Zinssatz übersteigt, zu dem sich das Unternehmen unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte. Wird im Einzelfall nachgewiesen, dass ein aus dem Unternehmensgruppenrating abgeleitetes Rating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, ist dieses bei der Bemessung des Zinssatzes zu berücksichtigen.

Als Finanzierungsbeziehung gelten insbesondere ein Darlehensverhältnis sowie die Nutzung oder die Bereitstellung von Fremdkapital und fremdkapitalähnlichen Instrumenten.“

Definiert und näher ausgeführt wird diese Neuregelung in den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024 (BMF 12.12.24, IV B – S 1341/19/10017 :004). Wie bereits erwähnt, enthalten die Ausführungen in diesem Schreiben einige Klarstellungen für Steuerjahre vor 2024.

Finanzierungsbeziehungen dem Grunde nach

Schritt 1: Eigen- oder Fremdkapital?

Im ersten Schritt – und das ist nicht neu – muss geprüft werden, ob Eigen- oder Fremdkapital vorliegt. Kommt das Finanzamt zu der Erkenntnis, dass Eigenkapital vorliegt, dürfen Zinsaufwendungen den Gewinn des Darlehensnehmers steuerlich nicht mindern.

Nach den Rn. 3.124 und 3.125 des BMF-Schreibens vom 12.12.2024 sind zur Frage der Finanzierungsbeziehung dem Grunde nach folgende (m.E. rückwirkende) Klarstellungen enthalten:

  • Es ist festzustellen, ob von Anfang an ausreichende Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse zu erwarten sind, um den Darlehensgeber zu befriedigen.

  • Die mit dem überlassenen Kapital erworbenen Vermögenswerte oder andere Vermögenswerte des Schuldners können in diese Betrachtung einbezogen werden.

  • Die Überlassung des Kapitals ist nicht schon deshalb fremdunüblich, weil eine Anschlussfinanzierung notwendig wird.

Diese drei Aussagen bedeuten in der Praxis Folgendes: Der Steuerpflichtige (= Darlehensnehmer) muss nachweisen und glaubhaft machen, dass er den Kapitaldienst (Zins und Tilgung) für die gesamte Laufzeit von Anfang an hätte erbringen können. Dass Vermögenswerte einbezogen werden dürfen, bedeutet wohl, dass es ausreicht, wenn beim Exit (z. B. beim Verkauf einer fremdfinanzierten Immobilie) alle Kapitaldienste erbracht werden können. Die letzte Aussage weicht die Beweislast des Steuerpflichtigen auf. Will heißen: Kommt es doch anders als geplant und es muss eine Anschlussfinanzierung vereinbart werden, bedeutet das nicht automatisch das Aus für den Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen.

Schritt 2: Wirtschaftliche Notwendigkeit

Im zweiten Schritt ist zu klären, ob die Finanzierung für den Unternehmenszweck notwendig war. Falls (teilweise) nicht, ist der Betriebsausgabenabzug für die entrichteten Zinsen nach § 1 AStG zu korrigieren.

In den Rn. 3.126 und 3.127 des BMF-Schreibens v. 12.12.2024 enthalten die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 folgende, besonders erwähnenswerte und (rückwirkend) klarstellende Aussagen:

  • Dass die Finanzierung wirtschaftlich benötigt wird, ist zu bejahen, wenn die Finanzierung für den Betrieb oder zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit erforderlich ist.

  • Es muss wenigstens die begründete Aussicht auf eine Rendite bestehen, die die Finanzierungskosten deckt.

  • Die Verwendung des Fremdkapitals muss im Einklang mit dem Unternehmenszweck stehen.

  • Die Anlage des Fremdkapitals auf einem Tagesgeldkonto oder die Einlage in einen unternehmensgruppeninternen Cash-Pool, wenn damit keine höhere Rendite erwartet wird, ist regelmäßig nicht vereinbar mit dem Kerngeschäft des Unternehmens.

Kommt das Finanzamt zu der Erkenntnis, dass die Aufnahme von Fremdkapital nicht notwendig war, kann mit folgenden zwei Gegenargumenten gekontert werden, die ebenfalls in Rn. 3.127 zu finden sind: Fremdkapital wurde als Kapitalpuffer benötigt. Es musste eine Gewinnausschüttung fremdfinanziert werden.

Praxistipp

Nicht zu vergessen ist auch die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zu Hornbach (31.5.18, C-382/16). Können überzeugende wirtschaftliche Gründe für die Aufnahme von Fremdkapital genannt werden, scheiden Korrekturen nach § 1 AStG möglicherweise (teilw.) aus.

Bestimmung des fremdüblichen Zinssatzes

Sind die Hürden des ersten und zweiten Schritts genommen, muss das Finanzamt prüfen, ob die Höhe des vereinbarten Zinssatzes fremdüblich ist.

In den Rn. 3.133 bis 3.136 des BMF-Schreibens vom 12.12.2024 finden sich dazu folgende interessante Aussagen, die grundsätzlich nicht für die Vergangenheit klarstellend, sondern neu sind:

  • Grundsätzlich ist bei der Bonität des Darlehensnehmers auf die Bonität der Unternehmensgruppe abzustellen (entspricht nicht der bisherigen BFH-Rechtsprechung).

  • Ist die Bonität des Darlehensnehmers besser als die der Unternehmensgruppe, ist die Bonität des Darlehensnehmers für die Bestimmung des fremdüblichen Zinssatzes maßgeblich.

  • Kann nachgewiesen werden, dass das schlechtere Stand-alone-Rating des Darlehensnehmers anstatt des günstigeren Gruppenratings heranzuziehen ist, ist dieses Stand-alone-Rating maßgeblich.

Die dritte Aussage bedeutet, dass in In- und Outboundfällen, die ja nach den Grundsätzen des AStG gleichbehandelt werden sollen, völlig unterschiedliche Ansätze erfolgen können. Den Nachweis, dass das Stand-Alone-Rating mit der schlechteren Bonität maßgeblich sein soll, kann übrigens sowohl vom Steuerpflichtigen als auch von den Prüfern der Finanzverwaltung erbracht werden.

Praxistipp

Und jetzt kommt der eigentliche Hammer! Um bestimmen zu können, welches Rating für die Bonität des Darlehensnehmers maßgeblich ist, wird auf den Konzernrückhalt abgestellt. Dieser Konzernrückhalt wurde vom BFH im Rahmen des AStG schon vor Langem gekippt und erlebt nun seine „Wiederauferstehung“ (s. dazu ausführliche Infos Rn. 3.138 bis 3.141, BMF 12.12.24).