In für ARBEITNEHMER, für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, Steuer-Tipps für ALLE

Das steuerliche Reisekostenrecht, das seit 2014 den Werbungskostenabzug für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer und Beamte – wie z. B. Streifenpolizisten – einschränkt, ist verfassungsgemäß, so die Entscheidung des BFH.

Hintergrund

Steuerrechtlich sind beruflich veranlasste Fahrtkosten von nichtselbstständig Beschäftigten grundsätzlich in Höhe des tatsächlichen Aufwands als Werbungskosten abziehbar. Abzugsbeschränkungen bestehen allerdings für den Weg zwischen der Wohnung und dem Arbeits- oder Dienstort. Werbungskosten liegen hier nur im Rahmen der Entfernungspauschale i. H. v. 30 Cent je Entfernungskilometer vor. Dabei definiert das neue Recht den Arbeits- oder Dienstort als „erste Tätigkeitsstätte“ statt bisher als „regelmäßige Arbeitsstätte“.

Nach dem neuen Recht bestimmt sich die erste Tätigkeitsstätte anhand der arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Zuordnung durch den Arbeitgeber (§ 9 Abs. 4 EStG). Zuvor kam es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers an.

Streifenpolizist, Pilot und Luftsicherheitskontrollkräfte

Der erste der fünf vom BFH zu dieser Problematik zu beurteilenden Fälle (VI R 27/17) betraf einen Polizisten, der arbeitstäglich zunächst seine Dienststelle aufsuchte und von dort seinen Einsatz- und Streifendienst antrat. Die Tätigkeiten in der Dienststelle beschränkten sich im Wesentlichen auf die Vor- und Nachbereitung des Einsatz- und Streifendienstes.

Nach neuem Recht ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer oder Beamte einer ersten Tätigkeitsstätte durch arbeits- oder dienstrechtliche Festlegungen sowie diese ausfüllende Absprachen und Weisungen des Arbeitgebers (Dienstherrn) dauerhaft zugeordnet ist. Ist dies der Fall, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht an. Ausreichend ist, dass der Beamte am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat. Dies war nach den Feststellungen des FG bei dem Streifenpolizisten im Hinblick auf Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen der Fall. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung verneint der BFH.

Ein zweiter Streitfall (VI R 40/16) betraf eine Pilotin. Der BFH hat auch in diesem Fall entschieden, dass Piloten oder Flugbegleiter, die vom Arbeitgeber arbeitsrechtlich einem Flughafen dauerhaft zugeordnet werden und auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringen, dort ihre erste Tätigkeitsstätte besitzen.

Für Piloten ist es übrigens unerheblich, ob sie im nationalen oder im internationalen Flugverkehr tätig sind. Der BFH weist zudem darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt.

Ebenso hat der BFH (VI R 12/17) den Ansatz der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen bei einer Luftsicherheitskontrollkraft verneint, die auf dem gesamten Flughafengelände eingesetzt wurde.

Mit zwei weiteren Urteilen (VI R 36/16, VI R 6/17) hat der BFH für befristete Arbeitsverhältnisse entschieden, dass eine erste Tätigkeitsstätte nicht (mehr) vorliegt, wenn der Arbeitnehmer während der Befristung einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet wird. Von da an sind wieder die Dienstreisegrundsätze anwendbar.

Fundstellen
* BFH 4.4.19, VI R 27/17, BFH 10.4.19, VI R 6/17, BFH 11.4.19, VI R 36/16, VI R 40/16 und VI R 12/1