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Der Wiederverkäufer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a UStG. Insbesondere muss er nachweisen, dass sein Vorlieferant die Voraussetzungen des § 25a Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG erfüllt.

Hintergrund

Soll die Differenzbesteuerung zur Anwendung kommen, darf für die Vorlieferung an den Wiederverkäufer keine USt geschuldet worden sein. Das ist in folgenden Fällen anzunehmen:

* Die Vorlieferung erfolgte selbst umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 8 – Nr. 28 UStG, also unter Ausschluss des Vorsteuerabzugs („unecht umsatzsteuerfrei“).
* Der Wiederverkäufer hat den Liefergegenstand erworben von
* einer Privatperson oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die nicht Unternehmer ist,
* einem Unternehmer aus dessen nichtunternehmerischen Betrieb (§ 3 Abs. 1b UStG),
* einem Unternehmer aus dessen Betrieb, aber ohne Entgelt i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG,
* einem Kleinunternehmer, der nach dem Recht des für die Besteuerung zuständigen Mitgliedstaats steuerbefreit bzw. von der Steuer ausgenommen ist (§ 19 UStG).
* Der Wiederverkäufer hat den Liefergegenstand erworben von einem anderen Wiederverkäufer, der seinerseits ebenfalls die Differenzbesteuerung angewendet hat.

Zur Vermeidung von Wiederholungen vgl. die Ausführungen zum EuGH-Urteil „Litdana“ (AStW 10/2020, 801).

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war im Streitjahr Unternehmer und handelte mit gebrauchten Pkw. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte die Prüferin in ihrem Bericht aus, dass ein Großteil der Ankäufe unter der Annahme erfolgt sei, dass der jeweilige Verkäufer das Fahrzeug als Privatperson verkauft habe. Insoweit seien die unter Privatleuten üblichen Musterverträge ausgefüllt worden. Die Verkäufer kämen zu einem nicht unwesentlichen Teil aus M-Stadt, da der Steuerpflichtige nach seinen Angaben im Prüfungszeitraum regelmäßig auf dem dortigen X-Platz Fahrzeuge „zu günstigen Preisen gefunden habe“.

Die Fahrzeuge seien dort häufig deshalb so günstig angeboten worden, weil viele in der Kfz-Branche auftretende „Privatverkäufer“ tatsächlich nicht registrierte Händler seien. In diesen Fällen könne ein Kaufvertrag ohne die umsatzsteuerlichen Rechnungspflichtangaben nicht als Nachweis eines zur Differenzbesteuerung berechtigenden Ankaufs angesehen werden.

Hier müsse insbesondere der Hinweis vorhanden sein, ob der Verkauf der Differenzbesteuerung unterlegen habe oder nicht. Der Steuerpflichtige habe beim Ankauf erkennen müssen, dass die Personendaten der Verkäufer nicht mit den letzten Halterdaten übereingestimmt hätten. Daraus habe er den Schluss ziehen müssen, dass der jeweilige Verkäufer als Händler tätig gewesen sei, sofern ihm keine Verkaufsvollmacht des letzten Halters vorgelegen habe. Die betreffenden Fahrzeuge seien deshalb der Regelbesteuerung zu unterwerfen.

Zu 22 Fahrzeugen, die der Steuerpflichtige gehandelt habe, habe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) keine Daten liefern können, weil in den letzten sieben Jahren keine Fahrzeuge mit diesen Fahrgestellnummern im Inland zugelassen gewesen seien. Offenbar seien die notierten Fahrgestellnummern unzutreffend. Es sei jedoch vom Unternehmer zu verlangen, dass er in seinen Buchführungsunterlagen und Rechnungen richtige und überprüfbare Daten angebe. Gleichwohl werde es – so das Finanzamt – nicht für ermessensgerecht gehalten, alle 22 betroffenen Fahrzeuge der Regelbesteuerung zu unterwerfen, da es sich wohl um Versehen handle. Im Schätzungswege erfolge daher eine Versagung der Differenzbesteuerung für 20 % der betroffenen Umsätze.

Entscheidung

Die zulässige Klage ist unbegründet. Zutreffend hat das Finanzamt die vom Steuerpflichtigen begehrte Anwendung der Differenzbesteuerung versagt.

Wiederverkäufer trägt Feststellungslast

Nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen hat derjenige, der sich auf eine für ihn günstige steuerliche Regelung beruft, insoweit die Feststellungslast zu tragen. Die Beantwortung der Frage, wer das Risiko der Nichterweislichkeit eines Tatbestandsmerkmals trägt, gehört zum materiellen Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte trägt im Grundsatz jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (sog. Günstigkeitsprinzip oder Normbegünstigungsprinzip). Durch Auslegung der materiell-rechtlichen Norm ist zu ermitteln, welche Verteilungsanordnung die in ihr enthaltene ungeschriebene Beweislastnorm trifft.

Vor diesem Hintergrund führt eine Auslegung des § 25a UStG führt dazu, dass der Steuerpflichtige das Risiko tragen muss, dass sich das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen nicht nachweisen lässt. Allerdings ist dem Steuerpflichtigen zuzugeben, dass § 25a UStG keine klassische Begünstigungsvorschrift ist. Dies wird systematisch schon daran deutlich, dass die Differenzbesteuerung in den Fällen, in denen die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, die regelmäßig anzuwendende Form der Besteuerung bildet. Die Anwendung der regulären Besteuerung nach dem vollen Entgelt ist nur auf eine entsprechende Option des Wiederverkäufers hin möglich. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine umsatzsteuerliche Benachteiligung unternehmerischer Wiederverkäufer gegenüber Privatverkäufern verringern soll.

Im Ergebnis ändert dies jedoch nichts daran, dass es sich im Vergleich zur regulären Besteuerung von Lieferungen entsprechender Gegenstände um eine für den Steuerpflichtigen günstige „Sonderregelung“ handelt, die nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwendung kommen soll. Deshalb ist es gerechtfertigt, demjenigen, der sich auf die Anwendung des § 25a UStG beruft, auch die Feststellungslast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen aufzuerlegen.

Feststellungslast zulasten des Gebrauchtwagenhändlers

Dass es sich bei den Verkäufern um Privatpersonen gehandelt hat, hat der Steuerpflichtige nicht bereits dadurch nachgewiesen, dass er Musterkaufverträge vorgelegt hat, die typischerweise bei privaten Kfz-Verkäufen genutzt werden. Hieraus kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Verkäufer auch tatsächlich Privatpersonen waren. Das Finanzamt weist mit Recht darauf hin, dass in den betreffenden Fällen der jeweilige Verkäufer nicht mit dem letzten Halter des Fahrzeugs identisch war. In einer solchen Konstellation ist es eine durchaus nahe liegende Möglichkeit, dass ein Zwischenverkauf des Fahrzeugs von einer Privatperson an einen Händler stattgefunden haben kann.

Sollte es sich, wie vom FA vermutet, um Händler gehandelt haben, schließt dies, worauf der Kläger mit Recht hinweist, zwar die Inanspruchnahme der Differenzbesteuerung nicht per se aus. Eine Anwendung der Vorschrift ist im Streitfall aber deshalb ausgeschlossen, weil nicht nachgewiesen ist, dass diese entweder als Kleinunternehmer gehandelt oder ihrerseits die Differenzbesteuerung vorgenommen haben. Dagegen, dass eine Differenzbesteuerung vorgenommen wurde, dürfte zumindest der Umstand sprechen, dass in den abgeschlossenen Kaufverträgen kein besonderer Rechnungshinweis erfolgt ist.

Zu keinem anderen Ergebnis käme man auch dann, wenn man, was im Streitfall aus Sicht des Senats naheliegt, davon ausginge, dass es sich bei einem großen Teil der Verkäufer um Zwischenhändler gehandelt haben dürfte, die ihren steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen sind und die betreffenden Verkäufe umsatzsteuerlich gar nicht erst deklariert haben. Insoweit käme es darauf an, ob die Differenzbesteuerung „vorgenommen“ wurde. Hiervon wäre bei einem steuerlich gar nicht geführten Händler nicht auszugehen. Soweit der Kläger unzutreffende bzw. unvollständige Fahrgestellnummern aufgezeichnet hat, konnten keine weiteren Einzelheiten zu den letzten Haltern und Verkäufern ermittelt werden. Auch in diesen Fällen ist der Feststellungslast nicht Genüge getan.

Kein schützenswertes Vertrauen gegeben

Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass die Erwägungen des EuGH in der Rechtssache „Litdana“ nicht auf den entschiedenen Fall beschränkt, sondern auch auf andere Konstellationen übertragbar sind, wäre eine Anwendung im Streitfall jedenfalls schon deshalb ausgeschlossen, weil hier keine schützenswerte Vertrauensgrundlage besteht. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger in gutem Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt.

Anders als im „Litdana“-Fall stand der Kläger mit seinen Ankäufern nicht in einer langjährigen Geschäftsbeziehung. Vielmehr war das Gegenteil der Fall. Es handelte sich um einmalige Geschäftsbeziehungen mit dem Kläger unbekannten Personen. Er hätte daher für jede Lieferung zu überprüfen, ob der Lieferer die Differenzbesteuerung tatsächlich angewandt hat. Hinzu kommt, dass dann, wenn – wie im Streitfall – der letzte Halter des angekauften Pkws nicht mit der Person des Verkäufers identisch ist, der Käufer nicht ohne Weiteres auf dessen Behauptung vertrauen kann, als Privatverkäufer zu handeln. In diesem Fall hätte sich ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer zumindest die Verkaufsvollmacht vorlegen lassen müssen. Wird eine solche nicht vorgelegt, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem betreffenden Verkäufer um einen „verkappten“ Händler handelt, der seine Händlereigenschaft zum Zwecke einer Steuerhinterziehung verschleiert. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Fahrzeuge, deren Fahrgestellnummern der Kläger nicht richtig aufgezeichnet hatte und für die infolgedessen keine Abfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt möglich war. Da diesbezüglich offengeblieben ist, ob Veräußerer und letzter Halter identisch waren, kann sich der Kläger hier ebenfalls nicht auf ein schützenswertes Vertrauen berufen.

Vertrauensschutz erfordert gesondertes Billigkeitsverfahren

Abgesehen davon könnte ein etwaiger guter Glaube des Klägers auch nicht in dem hier maßgeblichen Festsetzungsverfahren, sondern ausschließlich in einem – gesondert durchzuführenden – Billigkeitsverfahren berücksichtigt werden.

Praxistipp
Das Urteil verdeutlicht noch einmal die Bedeutung der Dokumentation des guten Glaubens beim Ankauf von Gebrauchtfahrzeugen. Insbesondere sollte der Ankäufer den Vorlieferer eine Erklärung zur eigenen Person abgeben lassen (AStW 10/2020, 801) und Ausweiskopien fertigen (AStW 9/2018, 627). Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Fundstelle
FG Düsseldorf 24.3.21, 5 K 1414/18 U, Rev. eingelegt