Im Zusammenhang mit der Abfindung eines lästigen Gesellschafters fielen Rechtsberatungskosten an.
Versehentlich wurden diese im bestandskräftig veranlagten Abflussjahr nicht als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht.
Fraglich war nunmehr, ob diese Kosten im Rahmen einer Bilanzberichtigung im ersten noch offenen Veranlagungszeitraum nachgeholt werden dürfen? Dies verneint das Finanzgericht in einer aktuellen Entscheidung.
FG Köln 1.3.16, 15 K 317/12, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 19/16
Sachverhalt
Streitig war, ob Rechtsberatungskosten einer Kommanditgesellschaft als Sonderbetriebsausgaben einer Kommanditistin bei der Gesellschaft berücksichtigt werden können.
Die Rechtsberatungskosten waren 2008 entstanden, aber nicht berücksichtigt worden. Im Einspruchsverfahren gegen den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid 2009 begehrte die Steuerpflichtige nun die Berücksichtigung der Kosten als Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafterin. Diese seien nach den Grundsätzen der Regelungen zur Bilanzberichtigung erfolgswirksam in 2009 zu erfassen.
Entscheidung
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG entschied, dass die Kosten aus dem Jahr 2008 nicht im Streitjahr berücksichtigt werden können, da die Voraussetzungen für eine gewinnwirksame Korrektur nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht gegeben sind.
Erläuterung
Nach § 4 Abs. 2 EStG darf ein Steuerpflichtiger die Bilanz auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht.
Diese Änderung ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Bilanz einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.
Eine Bilanz entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, wenn entweder ein Bilanzposten unrichtig angesetzt ist oder wenn Entnahmen oder Einlagen fehlerhaft verbucht wurden und sich dadurch eine Gewinnänderung ergibt.
Denn auch das Eigenkapital stellt einen Bilanzposten dar, welcher sich aus verschiedenen Teilbeträgen bzw. Eigenkapitalposten zusammensetzt (vgl. §§ 247 Abs. 1 und „266 Abs. 3 HGB).
Die Veränderung bei den Einlagen und Entnahmen wirkt sich zwar wegen der damit gleichzeitig verbundenen Gewinnerhöhung oder -minderung per Saldo nicht auf die Höhe des Eigenkapitals aus.
Gleichwohl wird durch die Veränderung der einzelnen Teilbeträge des Kapitals bzw. der Eigenkapitalposten die Zusammensetzung des Eigenkapitals verändert.
Die damit einhergehende Veränderung des Gewinns i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG rechtfertigt deshalb die Annahme, dass auch die per Saldo ergebnisneutrale Änderung der Eigenkapitalposten eine Berichtigung i. S. d. § „4 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellt.
Bilanzierungsfehler lag vor
Im Streitfall lag ein Bilanzierungsfehler in der Bilanz zum 31.12.2008 vor, da zu diesem Bilanzstichtag der Bilanzposten „Eigenkapital“ sich aus fehlerhaften Teilbeträgen ermittelte und damit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprach. Die (Privat)Einlagen hätten höher angesetzt und der korrespondierende Verlust höher berechnet werden müssen. Somit hat sich der Bilanzierungsfehler gewinnwirksam bei der Steuerpflichtigen ausgewirkt.
Keine Berichtigung der Bilanz
Gleichwohl kommt eine Berichtigung der Bilanz auf den 31.12.2008 nicht in Betracht, denn eine Bilanzberichtigung ist dann nicht mehr zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann (§ 4 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG).
Damit hat der Gesetzgeber die Lehre vom formellen Bilanzzusammenhang gesetzlich verankert.
Wegen der unstreitigen Bestandskraft der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 konnte der Bilanzierungsfehler beim „Eigenkapital“ in der Bilanz auf den 31.12.2008, auf der die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2008 beruht, nicht mehr gewinnwirksam berichtigt werden. Damit war eine Berichtigung des Bilanzierungsfehlers an der Fehlerquelle ausgeschlossen.
Hat sich der fehlerhafte Bilanzansatz in der Vergangenheit bereits steuerlich auf den Gewinn oder Verlust ausgewirkt und liegt die Bilanz einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde, ist der Fehler grundsätzlich in der Schlussbilanz des ersten Wirtschaftsjahrs zu berichtigen, dessen Ergebnis noch Eingang in die Steuerveranlagung oder einen hierfür bindenden Feststellungsbescheid finden kann.
Die Korrektur nach dem sogenannten Stornierungsgedanken ist dann erfolgswirksam vorzunehmen, wenn auch – wie im Streitfall – der Bilanzierungsfehler den Gewinn oder Verlust beeinflusst hat.
Notwendige Voraussetzung
Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Bilanzierungsfehler an dem maßgeblichen Stichtag weiterhin vorliegt. Der Bilanzposten darf nicht (in nicht mehr änderbaren Jahren) weggefallen sein oder sich aufgrund der Zweischneidigkeit der Bilanz wieder ausgeglichen haben. Vielmehr muss er am maßgeblichen Bilanzstichtag fortbestehen.
Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor, denn soweit die Zusammensetzung des Eigenkapitals zum 31.12.2008 fehlerhaft war, sind die Teilbeträge des Eigenkapitals zum 31.12.2009, also in der Schlussbilanz des ersten offenen Jahres, insoweit zutreffend.
Der durch die fehlerhafte Zusammensetzung des Eigenkapitals entstandene Bilanzierungsfehler zum 31.12.2008 verbleibt daher im Fehlerjahr und wird nicht in die Folgejahre weiter transportiert. Der Grund dafür ist die besondere Eigenschaft des Bilanzpostens „Eigenkapital“ als rechnerischer Unterschiedsbetrag zwischen Aktiva und Passiva zum Bilanzstichtag.