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Eine Gutschrift ohne elektronische Signatur kann in Papierform berichtigt werden und ermöglicht dann „rückwirkend“ einen Vorsteuerabzug.

Sachverhalt

Die Leistungsempfängerin und Klägerin des Verfahrens hatte im Streitjahr 2005 eine Gutschrift ohne elektronische Signatur per E-Mail an ihren Vertragspartner, den leistenden Unternehmer, übermittelt. In der Gutschrift fehlten die Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers. Die Leistungsbeschreibung war ungenau. Die Klägerin erklärte zunächst in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2005 Vorsteuern aus der Gutschrift.

2011 übersandte sie dem leistenden Unternehmer die Gutschrift in Papierform und fügte ein Blatt mit der bislang fehlenden Steuernummer sowie eine Liste der erworbenen Wirtschaftsgüter bei.

Sie berichtigte sodann ihre Umsatzsteuererklärung für 2005. Sie kürzte den Vorsteuerabzug und legte gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 Einspruch ein.

Das beklagte FA lehnte den Vorsteuerabzug ab. Die 2005 per E-Mail übermittelte Gutschrift sei keine Rechnung, die rückwirkend berichtigt werden könne. Ein Vorsteuerabzug sei erst 2011 möglich.

Entscheidung

Das FG teilte die Rechtsauffassung des FA nicht. Der Leistungsempfänger, die Klägerin, konnte eine Rechnung ausstellen, da dies im Streitfall vereinbart worden war (sog. Gutschrift). Enthalte die Gutschrift nicht alle erforderlichen Angaben für einen Vorsteuerabzug, könne die Klägerin diese mit Rückwirkung auf das Streitjahr berichtigen.

Die im Streitjahr 2005 erteilte Gutschrift sei berichtigungsfähig. Die ursprüngliche Leistungsbeschreibung sei „nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend“ gewesen, „dass sie fehlenden Angaben gleichstehe.“ Die ungenaue Leistungsbeschreibung habe die Klägerin berichtigt. Sie habe die ursprüngliche Beschreibung ergänzt. Sie habe der berichtigten Gutschrift 2011 eine Liste der gekauften Wirtschaftsgüter sowie die Steuernummer beigefügt.

Die Gutschrift sei auch ohne elektronische Signatur ein Dokument, in dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet werde. Ohne elektronische Signatur seien zwar die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nicht erfüllt. Ein Vorsteuerabzug sei trotzdem zulässig, weil die „materiellen Voraussetzungen erfüllt sind“. Die Rechtsentwicklung zur elektronischen Rechnung bestätige, „dass die Anforderungen an ihre Anerkennung nicht überspannt werden dürfen.“

Im Übrigen habe die Klägerin den Mangel der Übertragungsform rückwirkend auf das Streitjahr durch Übermittlung einer Papierrechnung geheilt. Eine Heilung erfordere kein elektronisches Dokument mit elektronischer Signatur. Könne eine Rechnung bei inhaltlichen Fehlern rückwirkend berichtigt werden, müsse dies auch bei der elektronischen Übertragung ohne elektronische Signatur zulässig sein. Eine Rückwirkung sei auch unionsrechtlich geboten. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem garantiere die Neutralität der Steuer.

Praxishinweis | Das beklagte FA legte Revision ein (Rev. beim BFH unter V R 48/17).

Anmerkung

Spätestens seit dem BMF-Schreiben vom 2.7.2012 ist die Rechnungstellung technologieneutral ausgestaltet. Das bedeutet, dass kein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren vorgeschrieben ist. Der Rechnungsaussteller ist vielmehr frei in seiner Entscheidung, in welcher Weise er Rechnungen übermittelt. Elektronische Rechnungen können daher in allen denkbaren und damit ganz unterschiedlichen Formen den Empfänger erreichen:

  • als bloße E-Mail
  • als E-Mail mit Word- oder sonstigem Textanhang
  • als E-Mail mit PDF-Anhang
  • im EDI-Verfahren
  • als Computer-Fax oder über einen Faxserver
  • per Web-Download
  • via DE-Mail
  • via E-Post

Eine (qualifizierte elektronische) Signatur ist nicht mehr vorgeschrieben, gleichwohl aber möglich.

Fundstelle
FG Baden-Württemberg 24.5.17, 1 K 605/17, Rev. beim BFH unter V R 48/17,