In für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Das Niedersächsische OVG hat mit drei Urteilen den Klagen gegen Beitragsbescheide der Industrie- und Handelskammern Lüneburg-Wolfsburg und Braunschweig teilweise stattgegeben.

Hintergrund

Unternehmer müssen in der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) Mitglied sein und Beiträge zahlen. Das Bundesverfassungsgericht hat 2017 entschieden, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mitgliedschaft und die damit verbunden Pflichtbeiträge mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Nichtsdestotrotz versuchen einige Unternehmer sich auch nach dem Urteil gegen die Bescheide der IHK zur Wehr zu setzen. So wie auch in dem folgenden Fall.

Sachverhalt

Die Kläger wandten sich mit ihren Klagen gegen Beitragsbescheide der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg für die Jahre 2011, 2014, 2015 und 2016 sowie einen Beitragsbescheid der Industrie- und Handelskammer Braunschweig für das Jahr 2016. Sie machten geltend, den Wirtschaftssatzungen der beklagten Industrie- und Handelskammern liege eine Wirtschaftsplanung zugrunde, die gegen haushaltsrechtliche Vorschriften verstoße. Dies führe zur Rechtswidrigkeit der festgesetzten Beitragssätze in den Wirtschaftssatzungen und damit zur Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung.

Insbesondere rügten sie einen Verstoß gegen den sogenannten Grundsatz der Schätzgenauigkeit, wonach im Rahmen der Wirtschaftsplanung ein angemessenes Bemühen um realitätsnahe Prognosen zu erwartender Einnahmen oder Ausgaben erforderlich ist. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte in erster Instanz die Klagen abgewiesen.

Entscheidung

Das Niedersächsische OVG hat nun jedoch diese Urteile im Berufungsverfahren geändert und den Klagen zum Teil stattgegeben.

Den Wirtschaftssatzungen der im Streit befindlichen Jahre lägen Vorhersagen von Mittelbedarfsberechnungen zugrunde, die nicht in vollem Umfang den rechtlichen Anforderungen genügten. So sei bei der Wirtschaftsplanung die Bildung von Ausgleichsrücklagen vorgesehen worden, die dem Ausgleich ergebnisrelevanter Schwankungen dienten. Die Überlegungen zur Bemessung der Höhe dieser Rücklagen seien nicht in sich widerspruchsfrei gewesen. Zum Teil sei die von den beklagten Kammern angenommene erforderliche Rücklagenhöhe bei der Planung auch überschritten worden.

Auch die Voraussetzungen, unter denen die Bilanzposition des festgesetzten Kapitals bzw. der Nettoposition gegenüber der erstmaligen Feststellung später erhöht werden dürfe, seien nicht gegeben gewesen.

Aus diesem Grund seien die Beitragsbescheide für die Jahre 2011 und 2016 ganz und der Beitragsbescheid für das Jahr 2014 teilweise aufzuheben gewesen. Die Klage gegen den Beitragsbescheid für das Jahr 2015 sei hingegen bereits unzulässig. Der Senat hat die Revision zum BVerwG zugelassen

Praxistipp | Vor dem VG Frankfurt am Main (12 K 229/17, 12 K 1978/16, 12 K 9695/17, 12 K 2912/16) haben zwei Firmen und ein Gewerbetreibender, die Mitglieder der IHK Frankfurt/Main sind, ihre Beitragsbescheide für die IHK bezogen auf die Jahre 2012 bis 2015 und die vorläufigen Veranschlagungen für die Jahre 2016 bis 2017 mit der verwaltungsgerichtlichen Klage angegriffen. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.8.2018 wurden die Bescheide allesamt als rechtmäßig erachtet und die Klagen dementsprechend abgewiesen.

In den vorliegenden Verfahren wurden insbesondere die nach jährlichen Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu erstellenden Wirtschaftspläne einer gerichtlichen Prüfung unterzogen. Das Verwaltungsgericht führte aus, dass der IHK ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans zustehe. Das Gericht dürfe daher nur in diesem Rahmen überprüfen, ob die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung gewahrt worden seien. Dies wurde bejaht. Insbesondere konnten die Richter nicht feststellen, dass die IHK in unzulässiger Weise Vermögen gebildet habe.

Fundstelle
OVG 17.9.18, 8 LB 128/17, 8 LB 129/17, 8 LB 130/17