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Outplacement ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, um gekündigten Mitarbeitern eine professionelle Hilfestellung zur beruflichen Neuorientierung zu geben. Da es gerade aktuell in Zeiten von Corona häufiger zu Betriebsschließungen und damit verbunden zur Auflösung von Arbeitsverhältnissen kommt, gewinnt die Outplacement-Beratung an Bedeutung. Bestehen solche Beratungsleistungen aus mehreren Komponenten, stellt sich die Frage, ob die Übernahme der Kosten für die einzelnen Outplacement-Beratungsleistungen durch den Arbeitgeber einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil auslösen. Die Antwort auf diese Frage wurde nun bundeseinheitlich geklärt.

Grundsätzliches zu Outplacement-Beratungsleistungen

In der Praxis werden Outplacement-Beratungsleistungen Mitarbeitern angeboten, die durch Umstrukturierungen oder Betriebsschließungen ihren Arbeitsplatz verlieren werden und die nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb eine weitere Erwerbstätigkeit planen. Typischerweise besteht eine Outplacement-Beratung aus folgenden vier Beratungs-Komponenten:

1. Perspektivenberatung

Der Arbeitnehmer, mit dem ein Aufhebungsvertrag vereinbart ist, soll durch die Beratung motiviert werden, sich seiner Stärken und Chancen am Arbeitsmarkt bewusst zu werden und sich mit alternativen Arbeitgebern auseinanderzusetzen.

2. Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung

Um es dem Arbeitnehmer leichter zu machen, den ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, bekommt er eine individuelle Beratung über seine steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Situation durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Durch den optimierten Einsatz der Abfindungszahlung lassen sich Steuern sparen und mögliche Rentenlücken vermeiden.

3. Marktvorbereitung

Im Rahmen einer Marktbestimmung werden die individuellen beruflichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers mit den am Arbeitsmarkt vorhandenen Erwartungen verglichen. Dadurch ist der Arbeitnehmer im Bilde, ob er sich durch Maßnahmen besser qualifizieren muss, um nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch einen vergleichbaren Arbeitsplatz bei einem neuen Arbeitgeber zu bekommen. Am Ende dieser Beratungsleistung stehen die perfekte Bewerbung und entsprechende Workshops oder Fortbildungsmaßnahmen.

4. Vermarktung/Neuplatzierung

Primäres Ziel einer meist kostspieligen Outplacement-Beratung ist es, den Arbeitnehmer soweit für den Arbeitsmarkt und einen neuen Arbeitsplatz zu positionieren, dass er den angebotenen Aufhebungsvertrag unterzeichnet.

Steuerfreie Weiterbildungsmaßnahme: ja oder nein?
Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für eine solche Outplacement-Beratung, stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um steuerfreie Weiterbildungsmaßnahmen im Sinne des § 3 Nr. 19 EStG handelt? Wenn das für die Gesamtberatung zu verneinen ist, können die Beratungs-Komponenten dann einzeln betrachtet und zu einer Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 19 EStG führen?

Outplacement-Beratungsleistungen sind steuerpflichtig

Die Frage, ob die vom Arbeitgeber angebotene Outplacement-Beratung vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags nach § 3 Nr. 19 EStG steuerfrei ist, wurde auf Ebene der Lohnsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert. Die OFD Nordrhein-Westfalen hat die Ergebnisse dieser bundeseinheitlichen Erörterung zusammengefasst (OFD NRW, Kurzinformation vom 4.8.20). Danach gelten für Outplacement-Beratungsleistungen folgende lohnsteuerlichen Grundsätze:

Eine Outplacement-Beratung erfolgt nicht aus einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und führt bei Arbeitnehmern zu Einnahmen, die möglicherweise nach § 3 Nr. 19 EStG steuerfrei sein können.

Soweit ein Arbeitnehmer erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrags zur Teilnahme an Bestandteilen einer Outplacement-Beratung berechtigt ist, fließt diesem keine einheitliche Leistung zu. Insoweit ist für jede Teilleistung separat zu beurteilen, ob die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 19 EStG greift.

Für die vier vorgestellten typischen Beratungs-Komponenten kommen die Lohnsteuer-Referatsleiter zu der Erkenntnis, dass für diese Beratungsleistungen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 19 EStG nicht vorliegen. Die Übernahme der Kosten für die Outplacement-Beratung führt beim Arbeitnehmer – zumindest für diese typischen Beratungs-Komponenten – zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil.

Praxistipp | Beinhaltet die Outplacement-Beratung noch weitere Beratungs-Komponenten, ist für diese ebenfalls separat zu untersuchen, ob sie steuerpflichtig oder steuerfrei sind. Im Zweifel sollte beim Finanzamt zur Klärung der Steuerpflicht bzw. der Steuerfreiheit einzelner Komponenten eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG gestellt werden.

Werbungskostenabzug bzw. Betriebsausgabenabzug für Arbeitnehmer
Wird die Steuerfreiheit für die vom Arbeitgeber gezahlte Outplacement-Beratung nach § 3 Nr. 19 EStG verneint, kann der Arbeitnehmer in Höhe des zu versteuernden geldwerten Vorteils vorweggenommene Werbungskosten bzw. vorweggenommene Betriebsausgaben geltend machen.

In der Praxis wird der beantragte Werbungskostenabzug in der Steuererklärung von den Sachbearbeitern häufig verwehrt. Schließlich sind dem Arbeitnehmer keine Kosten entstanden, so die Begründung. Doch diese fiskalische Argumentation ist falsch.

Der Werbungskostenabzug kann durch die Grundsätze zum „abgekürzten Vertragsweg“ begründet werden. Beim abgekürzten Vertragsweg sind dem Arbeitnehmer die Aufwendungen des Arbeitgebers zuzurechnen, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fiktiv Geld zuwendet und eine Entreicherung bewirkt, indem er mit der Zahlung an den Leistenden den Vertrag erfüllt (siehe u. a. Urteilsbegründung in FG Baden-Württemberg vom 6.3.2007, 4 K 280/06).

Je nachdem, ob der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Tätigkeit als Arbeitnehmer oder als Freiberufler bzw. Gewerbetreibender anstrebt, kann er entweder vorweggenommene Werbungskosten in der Anlage N zur Steuererklärung bzw. Betriebsausgaben in den Anlagen S bzw. G zur Steuererklärung geltend machen.

Praxistipp | Oftmals versuchen Sachbearbeiter der Finanzämter den Werbungskostenabzug mit dem Hinweis auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu verhindern (BMF 9.8.06, IV C 3 – S 2211 – 21/06). Doch dieses BMF-Schreiben ist in doppelter Hinsicht nicht (mehr) einschlägig. Zum einen haben die Richter des FG Baden-Württemberg im Urteil vom 6.3.2007 klargestellt, dass die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 9.8.2006 nicht bei Outplacement-Beratungsleistungen anwendbar sind. Zum anderen ist dieses BMF-Schreiben grundsätzlich nicht mehr anwendbar, weil es nicht Bestandteil der Positivliste des Bundesfinanzministeriums zur Anwendung von BMF-Schreiben ist (BMF 11.3.20, IV A 2 – O 2000/19/10008).

FundstelleN
* FG Baden-Württemberg 6.3.07, 4 K 280/06, BMF 9.8.06, IV C 3 – S 2211 – 21/06, BMF 11.3.20, IV A 2 – O 2000/19/10008