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Erhält ein Arbeitnehmer von einer Transfergesellschaft, in der er nach Beendigung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses übergangsweise beschäftigungslos angestellt ist, Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld, unterliegen diese Beträge dem ermäßigten Steuertarif nach § 34 EStG. Dies hat das FG Münster entschieden.

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Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war seit mehr als 24 Jahren als Arbeitnehmer bei einer Aktiengesellschaft beschäftigt. Aufgrund der Stilllegung eines Werks zum 31.12.2014 schloss die AG mit dem Steuerpflichtigen und der Transfer GmbH einen Vertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der AG gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben wurde.

Ferner begründeten der Steuerpflichtige und die Transfer GmbH ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Dauer von einem Jahr. Die Transfer GmbH verpflichtete sich zur Zahlung eines Zuschusses zum Transferkurzarbeitergeld.

Einen Anspruch auf Beschäftigung gegenüber der Transfer GmbH hatte der Steuerpflichtige nicht. Das befristete Arbeitsverhältnis bei der Transfer GmbH hatte zum Ziel, dem Steuerpflichtigen Qualifizierungsmöglichkeiten zu eröffnen und dessen Arbeitsmarktchancen zu verbessern.

Das FA erfasste im Einkommensteuerbescheid für 2015 sämtliche von der AG und von der Transfer GmbH an den Steuerpflichtigen geleistete Zahlungen als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Abfindung in Höhe von rund 160.000 EUR unterwarf er als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG dem ermäßigten Tarif, die Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld setzte es dagegen als laufenden Arbeitslohn an.

Im Einspruchsverfahren trug der Steuerpflichtige vor, dass es sich auch bei den Aufstockungsbeträgen um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 24 EStG handele, die nach der Fünftelregelung des § 34 EStG mit dem ermäßigten Tarif zu versteuern seien. Dagegen unterwarf das FA die Aufstockungsbeträge als laufenden Arbeitslohn dem Regelsteuersatz.

Entscheidung

Das FG schloss sich dagegen der Auffassung des Steuerpflichtigen an und gab der eingelegten Klage statt. Denn der Zuschuss zum Transferkurzarbeitergeld stelle eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen dar.

Der Begriff der Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 EStG umfasst alle Zahlungen, die eine finanzielle Einbuße ausgleichen, die ein Steuerpflichtiger infolge einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter erlitten oder zu erwarten hat.

Eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt grundsätzlich einen unfreiwilligen Einnahmeverlust voraus.

Dies ist auch dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige bei einer einvernehmlichen Auflösung eines Dienstverhältnisses unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck gehandelt hat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund entschied das FG, dass die Zahlungen der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld als Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen zu qualifizieren sind.

Der Anwendung des § 34 EStG stand auch nicht entgegen, dass ein Teil der Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld erst im Jahr 2016 gezahlt wurden.

Grundsätzlich ist für die Anwendung des ermäßigten Steuertarifs zwar ein zusammengeballter Zufluss der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum erforderlich. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn neben der Hauptentschädigungsleistung in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden oder der Steuerpflichtige in einem anderen Veranlagungszeitraum nur eine geringfügige Teilleistung erhalten hat.

Fundstelle
FG Münster 15.11.17, 7 K 2635/16 E, Rev. beim BFH unter IX R 44/17