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Mit dem JStG 2024 vom 2.12.2024 (BGBl I 24 Nr. 387) wurde die Umsatzsteuerlagerregelung zum 1.1.2026 aufgehoben.

Hintergrund

Die Einführung einer Steuerlagerregelung in das deutsche Umsatzsteuerrecht sollte – so das Ziel – zum 1.1.2004 die steuerlichen Rahmenbedingungen der begünstigten Umsätze entscheidend ändern. Der Wirtschaftsstandort Deutschland sollte dadurch sicher an Interesse gewinnen.

Zollrechtlich konnten Waren bereits damals schon für bestimmte Zeiträume unverzollt im Inland gelagert werden. Obwohl die 6. EG-RL es den Mitgliedstaaten ermöglichte, auch für Zwecke der Umsatzsteuer den grenzüberschreitenden Warenverkehr durch Einführung einer besonderen Lagerregelung zu erleichtern, sah das deutsche UStG das bis dahin nicht vor. Während einige Mitgliedstaaten (z. B. die Niederlande) von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht hatten, wurde sie in Deutschland lange diskutiert. Strittig war insbesondere die Frage, welche Waren der Steuerlagerregelung unterliegen sollen. Während die meisten Bundesländer die Regelung auf die in der damals neuen Anlage 1 angeführten Gegenstände beschränken wollten, ist diese Regelung den Küstenländern (Bremen, Hamburg) eigentlich zu eng.

Nach mehreren divergierenden Gesetzesentwürfen einigten sich alle Beteiligten im Steueränderungsgesetz 2003 auf den damals neuen § 4 Nr. 4a UStG.

Ein Einführungsschreiben des BMF – und das war es!

Das BMF hat mit Schreiben vom 28.1.2004 (BStBl I 04, 242) in die damalige Neuregelung eingeführt und sich danach – zumindest nach außen wahrnehmbar – damit nicht mehr beschäftigt.

Ergebnis der Prüfung des BRH

Der BRH untersuchte mit Unterstützung des Prüfungsamts des Bundes (PAB) Berlin in den Jahren 2011 und 2012, wie die Finanzverwaltung die Steuerbefreiung anwendete und in welchem Umfang Unternehmer die Regelung nutzten. Dabei stellte er erhebliche Mängel beim Vollzug der Regelung fest. Das BMF kannte die tatsächliche Anzahl der Umsatzsteuerlager nicht. Es hatte bisher auch nicht geprüft, ob die mit der Regelung verfolgten Ziele erreicht worden waren. Der BRH zeigte Handlungsempfehlungen auf und empfahl dem BMF, die Regelung zu evaluieren. Er berichtete hierzu im Jahr 2013 (BT-Drs. 18/111, 9.12.13, Teil III Ziff. 75).

Das BMF erklärte gegenüber dem Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages (Rechnungsprüfungsausschuss), dass die wirtschaftliche Bedeutung der Umsatzsteuerlager trotz ihrer geringen Anzahl nicht unerheblich sei. Es sprach sich dafür aus, die Regelung beizubehalten. Der Rechnungsprüfungsausschuss forderte das BMF im Mai 2018 auf, gemeinsam mit den Ländern darauf hinzuwirken, den Vollzug der Regelung zu verbessern.

Mit dieser Kontrollprüfung untersuchte der BRH, was das BMF seitdem unternommen hat. Außerdem befasste er sich erneut mit der Frage, welche praktische Bedeutung der Umsatzsteuerlagerregelung zukommt und ob daran festgehalten werden sollte. Der BRH stellte Folgendes fest (Abschließende Mitteilung vom 9.5.22 an das BMF):

1. Die Umsätze im Zusammenhang mit Umsatzsteuerlagern konnten immer noch nicht maschinell ermittelt werden. Die Empfehlung des BRH, hierfür zusätzliche Kennziffern (Kzn.) in die Umsatzsteuererklärung aufzunehmen, setzte das BMF bisher nicht um (Tz. 6.1 der Mitteilung).

2. Das BMF konnte nicht zutreffend feststellen, welche wirtschaftliche Bedeutung die Umsatzsteuerlagerregelung hat. Die Umsätze, die es bei den Ländern erfragt und dem Rechnungsprüfungsausschuss mitgeteilt hatte, waren unvollständig und nicht aussagekräftig (Tz. 6.2 der Mitteilung).

3. Dem BMF war die tatsächliche Anzahl der Umsatzsteuerlager auch weiterhin nicht bekannt. Nach den Feststellungen des BRH wurden bundesweit weniger als 50 Umsatzsteuerlager bewilligt, von denen im Jahr 2021 noch 13 aktiv waren. In den meisten Umsatzsteuerlagern wurde Mineralöl eingelagert. Die Empfehlung des BRH, eine maschinell auswertbare Kennzeichnung der 5 Umsatzsteuerlager (z. B. im Grundinformationsdienst) einzuführen, setzte das BMF bisher nicht um (Tz. 6.3 der Mitteilung).

4. Verschiedene Wirtschaftsverbände sprachen sich dafür aus, die Umsatzsteuerlagerregelung beizubehalten. Sie wiesen das BMF aber auch darauf hin, dass die Steuerbefreiung für viele Unternehmer nicht notwendig sei. Die Länder sprachen sich mehrheitlich dafür aus, die Regelung beizubehalten, zwei Länder sprachen sich für eine Abschaffung aus (Tz. 6.4 der Mitteilung).

5. Das BMF gab die Verantwortung für die Umsetzung des Beschlusses des Rechnungsprüfungsausschusses aus Mai 2018 an die Länder weiter. Es selbst unternahm in dieser Angelegenheit wenig (Tz. 6.5 der Mitteilung).

6. Gegen 42 % aller Lagerhalter, denen ein Umsatzsteuerlager bewilligt wurde, wurde strafrechtlich ermittelt. Die Strafverfahren betrafen überwiegend die der Auslagerung nachfolgenden innergemeinschaftlichen Lieferungen. Die tatsächlichen Abnehmer der Ware waren regelmäßig unbekannt. Die Abnehmer und die Lagerhalter waren Teil einer Betrugskette (Tz. 6.5 der Mitteilung).

7. Für die meisten Lagerhalter lag der größte Nutzen der Umsatzsteuerlagerregelung im Liquiditätsvorteil. Das wirtschaftliche Bedürfnis, Waren mehrfach ohne Warenbewegung zu handeln, war oftmals nicht vorhanden (Tz. 6.7 der Mitteilung).

8. Bei den Auslagerungsumsätzen und Vorsteuerbeträgen, die Unternehmer in ihrer Umsatzsteuererklärung erklärten, handelte es sich überwiegend um Fehleintragungen. Die Eintragungen waren in sich unschlüssig. Die Beträge waren in falschen Kennzahlen erfasst. Die Finanzämter korrigierten die Fehleintragungen nicht, obwohl die IT-Systeme hierzu Prüfhinweise ausgaben (Tz. 6.8 der Mitteilung).

9. Der BRH empfahl dem BMF, die Umsatzsteuerlagerregelung abzuschaffen. Die wirtschaftliche Bedeutung sah er als nicht nachgewiesen an. Nach seiner Bewertung waren der Aufwand und der Schaden durch diese Regelung erheblich größer als ihr Nutzen für die wenigen Wirtschaftsbeteiligten, die die Steuerbefreiung zutreffend anwendeten (Tz. 7.1 der Mitteilung).

10.Sollte das BMF trotz allem an der Umsatzsteuerlagerregelung festhalten, müsse es den Verwaltungsvollzug verbessern. Der BRH wiederholte seine Empfehlung, eine aussagekräftige Verkennzifferung der Umsätze und eine maschinell auswertbare Erfassung der Umsatzsteuerlager (z. B. im Grundinformationsdienst) einzuführen. Außerdem sollte das BMF der hohen Anzahl von Fehleintragungen entgegenwirken. Hierfür sollte es die bestehenden Prüfhinweise inhaltlich verbessern und ergänzen (Tz. 7.2 der Mitteilung).

11.Das BMF teilte in seiner Stellungnahme mit, dass die Länder sich mehrheitlich für eine Abschaffung der Umsatzsteuerlagerregelung ausgesprochen hätten. Auch das BMF wolle nicht mehr an der Regelung festhalten. Grund dafür seien einerseits die 6 wenigen Umsatzsteuerlager, andererseits die geforderten zusätzlichen Erklärungspflichten der Unternehmer und die geforderten zusätzlichen Kontrollen durch die Verwaltung. Die BMF werde dem Gesetzgeber in einem der nächsten Gesetzesvorhaben eine Streichung der Umsatzsteuerlagerregelung vorschlagen (Tz. 8 der Mitteilung).

12.Das BMF will die Abschaffung der Umsatzsteuerlagerregelung zügig auf den Weg bringen und damit der wichtigsten Empfehlung des BRH nachkommen. Der BRH wird verfolgen, ob das BMF seine Ankündigung im Laufe des Jahres umsetzt und behält sich andernfalls eine Berichterstattung an das Parlament vor (Tz. 9 der Mitteilung).

Aufhebung im JStG 2024

Der Gesetzgeber begründet sein Vorgehen wie folgt (Regierungsentwurf eines JStG 2024, undatiert, Begründung zu Art. 22 Nr. 2):

Lieferungen von in der derzeitigen Anlage 1 zu § 4 Nr. 4a UStG aufgeführten Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen sind von der Umsatzsteuer befreit, wenn der Gegenstand in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Die Umsatzsteuerbefreiung entfällt in diesen Fällen erst mit der Auslagerung.

Zudem sind die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und der Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen, von der Umsatzsteuer befreit.

Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Umsatzsteuerlagerregelung für nur wenige Wirtschaftsbeteiligte im Verhältnis zu dem damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwand soll die Umsatzsteuerlagerregelung abgeschafft werden. Die Abschaffung der Umsatzsteuerlagerregelung setzt eine diesbezügliche Empfehlung des BRH in seiner Prüfung „Risiken im Zusammenhang mit Umsatzsteuerlagern“ (s. o.) um.

Beachten Sie | Mit der Streichung der Vorschrift entsteht die Umsatzsteuer künftig bereits auf der vorhergehenden Stufe – mit bzw. während einer Einlagerung des Gegenstands.

Inkrafttreten

Die Aufhebung tritt am 1.1.2026 in Kraft (Art. 26 Nr. 2 Buchst. a i. V. m. Art. 56 Abs. 10 JStG 24 vom 2.12.24, BGBl I 24 Nr. 387).

fundstellen