In Steuer-Tipps für ALLE

Die Kosten eines im Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Reisen sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, soweit sich Personen dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen hatten und die Höhe der Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen sind.
FG Schleswig-Holstein 17.4.13, 5 K 156/12,
FG Schleswig-Holstein 21.2.12, 1 K 75/11, Revision unter VI R 70/12
BMF 20.12.11, IV C 4 – S-2284/07/0031 :002, BStBl I 11, 1286
BFH 12.5.11, VI R 42/10, BStBl II 11, 1015
FG Düsseldorf 14.1.13, 11 K 1633/12 E, Revision unter VI R 9/13; 20.2.13, 15 K 2052/12 E, Revision unter VI R 14/13; 19.2.13, 10 K 2392/12 E, Revision unter VI R 16/13
FG Hamburg 24.9.12, 1 K 195/11, EFG 13, 41, Revision unter X R 34/12; 14.12.11, 2 K 6/11, Revision unter IX R 5/12
FG München 5.3.12, 5 K 710/12; 5 K 182/04, Revision unter VI R 66/12; 21.8.12, 10 K 800/10, Revision unter VI R 69/12; 20.4.12, 8 K 2190/09, Revision unter VI R 74/12
Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 29.6.2013, BGBl I 2013, 1809

Entscheidung gegen den Nichtanwendungserlass des BMF

Mit diesem Urteil stellt sich das FG Schleswig-Holstein gegen den Nichtanwendungserlass des BMF hinsichtlich der BFH-Rechtsprechung, wonach Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses zwangsläufig erwachsen, wenn der Prozess hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet.

Begründung des Finanzgerichts

Unter Berücksichtigung der BFH-Grundsätze sind Kosten für den englischen Rechtsanwalt und die damit in Zusammenhang stehenden Reisen abzuziehen, wenn sich der Steuerpflichtige auf Betreiben seines geschiedenen Gatten dem Verfahren ohne Gestaltungsspielraum stellen muss und die geltend gemachten Ansprüche weder ohne Aussicht auf Erfolg noch mutwillig erscheinen.
Die Rechtsanwaltskosten können auch der Höhe nach nicht als unangemessen qualifiziert werden, wenn in Großbritannien grundsätzlich Stundensätze vereinbart werden und der vereinbarte für einen tätigen Anwalt in London als angemessen anzusehen ist. Nachvollziehbar wurde ein in England tätiger, im internationalen Familienrecht bewanderter englisch und deutsch sprechender Anwalt beauftragt.
Reisekosten teilen das Schicksal der Anwaltskosten, wenn die wesentlichen Verfahrenshandlungen im Ausland – im Urteilsfall in England – stattfinden und der Steuerpflichtige verpflichtet ist, persönlich zum Prozess zu erscheinen.
Diese Kosten entstehen zwangsläufig im Hinblick auf die besonderen Umstände, dass sich der Beklagte im Streitfall vor einem britischen Zivilgericht in einer Familiensache Forderungen in erheblicher Höhe und dem wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt sah.
Aus diesem Grund – aber auch bereits aus den in der Natur der Sache liegenden Umständen einer familienrechtlichen Auseinandersetzung – ist der Anteil der Reisekosten neben dem Anwaltshonorar und den Gerichtsgebühren nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig.

Praxishinweis

Beim BFH sind zu diesem Streitpunkt bereits mehrere neue Revisionen anhängig. In diesen Verfahren wird sich der BFH mit der abweichenden Auffassung der Verwaltung auseinandersetzen müssen. Vermutlich wird der BFH seine eigene Auffassung aus dem Jahre 2011 erneut bestätigen.
Die FG München und Düsseldorf haben mittlerweile die BFH-Einschätzung bekräftigt, während die FG Hamburg und Niedersachsen der geänderten Rechtsprechung eher kritisch gegenüberstehen.
Im Amtshilfe-Richtlinie-Umsetzungsgesetz hat der Gesetzgeber § 33 EStG mit Wirkung ab dem 30.6.2013 neu gefasst. Danach sind Prozesskosten ausnahmsweise nur noch dann abzugsfähig, wenn sie die Existenzgrundlage oder die lebensnotwendigen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen betreffen. Bei den im Zusammenhang mit einer Scheidung anfallenden Kosten dürften diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein.