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Der einzige verbleibende Gesellschafter einer grundbesitzenden GmbH verwirklicht den Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auch dann, wenn nicht er selbst, sondern die GmbH den Geschäftsanteil des anderen Gesellschafters kauft.
BFH 20.1.15, II R 8/13

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige und ein weiterer Gesellschafter gründeten 2001 eine GmbH, deren Stammkapital von 50.000 EUR sie je zur Hälfte übernahmen. Die GmbH erwarb im Jahr 2004 Grundbesitz. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28.12.2005 trat der weitere Gesellschafter seinen GmbH-Geschäftsanteil unter Hinweis auf einen bereits zuvor mündlich abgeschlossenen Kaufvertrag an die GmbH ab.
Das FA nahm an, durch die notarielle Urkunde vom 28.12.2005, von der die Grunderwerbsteuerstelle mehrere Monate später amtsintern eine Ablichtung erhalten hatte, sei der Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. des Grunderwerbsteuergesetzes verwirklicht worden.
Es setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Während des Einspruchsverfahrens schlossen der Steuerpflichtige, seine Ehefrau, der weitere Gesellschafter und die GmbH einen notariell beurkundeten Vertrag, durch den der Vertrag vom 28.12.2005 mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurde.

Entscheidung

Der einzige verbleibende Gesellschafter einer grundbesitzenden GmbH verwirklicht den Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nach Auffassung des BFH auch dann, wenn nicht er selbst, sondern die GmbH den Geschäftsanteil des anderen Gesellschafters kauft.
Der Kaufvertrag sei auch in diesem Fall darauf gerichtet, dass der verbleibende Gesellschafter eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück erwerbe. Zivilrechtlich sei eine GmbH zwar dazu berechtigt, eigene Anteile zu halten (§ 33 Abs. 2 und 3 GmbHG).
Sie sei begrifflich indes keine von ihr selbst verschiedene Person. Der Gesellschafter, der mindestens 95 Prozent der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile an dieser halte, beherrsche das Vermögen der Gesellschaft daher in gleicher Weise, wie wenn der Gesellschaft selbst keine Anteile zustünden.
Da der Vertrag vom 28.12.2005 darauf gerichtet war, dass die GmbH den Anteil des weiteren Gesellschafters an ihr erwerben und der Kläger abgesehen von diesem Anteil alleiniger Gesellschafter der GmbH werden sollte, waren die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG erfüllt.
Der schuldrechtliche Vertrag und die Übertragung des Geschäftsanteils des weiteren Gesellschafters auf die GmbH waren auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 33 Abs. 1 GmbHG wegen nicht vollständiger Einzahlung der Einlagen nach § 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot) nichtig. Nach der Feststellung des Finanzgerichts waren die Einlagen nämlich in voller Höhe eingezahlt.
Die vereinbarte Aufhebung des Vertrags begründet schließlich keinen Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist zwar über seinen Wortlaut hinaus auch auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG anwendbar. Die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG und eine damit verbundene rückwirkende Aufhebung der Grunderwerbsteuer war indes bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuerstelle des FA nicht fristgerecht (§§ 18 Abs. 3, „19 Abs. 3 GrEStG) angezeigt wurde.
Dies ist allerdings für eine Anwendung von § 16 GrEStG notwendig. Die Anzeige des Steuerpflichtigen wurde auch nicht durch eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Anzeige des Notars gegenüber dem Finanzamt ersetzt.

Praxishinweis

Es entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass eigene Anteile einer Kapitalgesellschaft bei Bestimmung der Beteiligungshöhe an derselben nicht mitgerechnet werden. So werden beispielsweise bei Anwendung des § 17 EStG eigene Anteile einer Kapitalgesellschaft bei der Bestimmung der Beteiligungshöhe herausgerechnet. Zu den bilanzsteuerrechtlichen Konsequenzen vgl. BMF 27.11.2013, IV C 2 – S 2742/07/10009, BStBl I 13, 1615.