Den Fachkräftemangel bekommen auch Vermieter zu spüren. Denn wird ein Handwerker für Reparaturen gesucht, dann haben diese oft keine Zeit oder die Angebote sind verhältnismäßig teuer. Daher werden immer öfter ausländische Handwerker für die Reparaturarbeiten verpflichtet. Doch hier ist Vorsicht geboten! Denn schnell tappen Vermieter in zwei praxisrelevante Steuerfallen.
Musterbeispiel zum Hintergrund der Steuerfallen
Marie ist Rentnerin und Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses, welches sie vermietet. Für die erforderliche Dachsanierung wollte sie ihren Stammhandwerker verpflichten, der hatte aber keine Zeit. Und ein anderer Handwerker legte ihr ein aus ihrer Sicht überzogenes Angebot über 75.000 EUR vor. Weil das Objekt in der Nähe zur Grenze liegt, hat sich Marie auf dem ausländischen Markt umgesehen. Und siehe da: Ein ausländischer Handwerker kann die Sanierung nicht nur zeitnah vornehmen, sondern sein Angebot lautet nur über 65.000 EUR. Marie ist erfreut und nimmt das Angebot an. Nach Abschluss der Sanierung erhält sie die Rechnung über 65.000 EUR. Andere Unterlagen hat sie von dem Handwerker nicht erhalten.
Steuern sparen durch den Werbungskostenabzug
Weil Marie die Dachsanierung an einem Vermietungsobjekt vorgenommen hat, lassen sich die Kosten als Werbungskosten absetzen. Dabei hat Marie ein Wahlrecht. Entweder sie macht die vollen 65.000 EUR im Jahr der Zahlung geltend (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG). Oder sie beantragt die Aufwendungen gemäß § 82b Abs. 1 EStDV gleichmäßig auf einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren zu verteilen. Das führt zwar zu einem zwischenzeitlichen Liquiditätsverlust, kann aber durch Progressionsvorteile zur Steuerersparnis beitragen.
Steuerfalle 1 „Umkehr der Steuerschuldnerschaft“
Bei den durch den Handwerker durchgeführten Sanierungsleistungen handelt es sich aus umsatzsteuerlicher Sicht um in Deutschland steuerbare Leistungen. Denn der Leistungsort liegt gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG an dem Ort, wo sich das Mehrfamilienhaus befindet und damit im Inland. Weil für die Sanierung eines Gebäudes keine der in § 4 UStG verankerten Steuerbefreiungen Anwendung findet, ist die von dem ausländischen Handwerker erbrachte Sanierungsleistung auch steuerpflichtig. Der Steuersatz beträgt gemäß § 12 Abs. 1 UStG 19 % und die Umsatzsteuer beträgt 12.350 EUR (65.000 EUR × 19 %).
Das wird für Marie zu einem Problem. Denn weil es sich um eine sonstige Leistung eines im Ausland ansässigen Unternehmers handelt (die nicht unter § 13b Abs. 1 UStG fällt), entsteht die Umsatzsteuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats. Und diese Umsatzsteuer schuldet gemäß § 13b Abs. 5 S. 1, 1. Halbsatz UStG nicht der ausländische Handwerker, sondern Marie als Leistungsempfängerin, weil sie durch die Vermietung selbst Unternehmerin ist. Damit muss Marie zusätzlich zu den 65.000 EUR weitere 12.350 EUR an das deutsche Finanzamt zahlen.
Beachten Sie | Dass Maries Vermietungsumsätze gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG von der Umsatzsteuer befreit sind, ist unerheblich. Auch die Kleinunternehmerregelung schützt Marie nicht vor § 13b UStG (vgl. § 13b Abs. 8 UStG).
Zwar ist es so, dass Unternehmer die gezahlte Umsatzsteuer grundsätzlich gemäß § 15 UStG als Vorsteuer vom Finanzamt zurückfordern können und das gilt auch für die gemäß § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG). Allerdings ist für Marie der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, weil die von ihr mit der Vermietung des Hauses getätigten Ausgangsumsätze steuerfrei sind und der Ausschluss vom Vorsteuerabzug auch nicht gemäß § 15 Abs. 3 UStG geheilt wird. Die 12.350 EUR Umsatzsteuer führen damit für Marie zu einer effektiven Steuerlast.
Fazit 1 | Damit kostet der ausländische Handwerker nicht 65.000, sondern 77.350 EUR. Diese Steuerfalle ist häufig bei Vermietern anzutreffen, die in grenznahen Gebieten Mietshäuser besitzen und für diese Handwerker aus Polen, Tschechien, Belgien, Frankreich, Österreich, Schweiz oder den Niederlanden beauftragen.
Weil die Vermieter mit der Umsatzsteuer typischerweise nichts zu tun haben, werden die steuerlichen Konsequenzen bei Verpflichtung eines ausländischen Handwerkers oft nicht bedacht und die spätere Umsatzsteuerfestsetzung durch das Finanzamt führt zu einer bösen und vor allem teuren Überraschung. Aber ein kleiner Trost: In dem Jahr, in welchem die gemäß § 13b UStG geschuldete Umsatzsteuer an das Finanzamt überwiesen wird, lässt sich diese immerhin bei den Vermietungseinkünften über den Werbungskostenabzug absetzen.
Steuerfalle 2 „Bauabzugssteuer“
Um das Steuersubstrat zu sichern, hat der deutsche Gesetzgeber mit § 48 EStG die sog. Bauabzugssteuer als besondere Erhebungsform der Einkommensteuer eingeführt. Immer wenn ein in- oder ausländischer Unternehmer im Inland eine Bauleistung an einen anderen Unternehmer erbringt, ist der Leistungsempfänger verpflichtet, von der Gegenleistung einen Steuerabzug in Höhe von 15 % für Rechnung des Leistenden vorzunehmen. Die für die Bauabzugssteuer maßgebende Gegenleistung umfasst dabei gemäß § 48 Abs. 3 EStG das Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Merke | Gemäß § 48c EStG wird die vom Leistungsempfänger einbehaltene Bauabzugssteuer auf die vom leistenden Unternehmer zu entrichtende Einkommensteuer angerechnet – oder sie kann diesem erstattet werden. Die Bauabzugssteuer stellt damit – ähnlich wie die Lohnsteuer – eine Vorauszahlung zur Einkommensteuer für den Handwerker dar.
Damit hätte Marie als Leistungsempfängerin der im Inland erbrachten Bauleistung 15 % der Gegenleistung einbehalten und an das Finanzamt für Rechnung des ausländischen Handwerkers abführen müssen. Weil sie das nicht getan hat, haftet sie für den nicht abgeführten Abzugsbetrag (§ 48a Abs. 3 S. 1 EStG). Das sind 11.602,50 EUR (65.000 EUR + 12.350 EUR USt = 77.350 EUR x 15 %).
Exkurs: Ausnahmen von der Bauabzugssteuer
Der Steuerabzug muss gemäß § 48 Abs. 2 EStG nicht vorgenommen werden, wenn
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die Bauleistung den nichtunternehmerischen Bereich betrifft, wie beispielsweise die private Wohnung von Marie oder
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der leistende Unternehmer der Leistungsempfängerin Marie eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 S. 1 EStG vorgelegt hätte.
Zudem gilt die Bauabzugssteuer gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 EStG dann nicht, wenn Marie nur eine oder zwei Wohnungen vermieten sollte („Zweiwohnungsregelung“), oder wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr 5.000 EUR nicht überstiegen hätte (Bagatellgrenze, § 48 Abs. 2 EStG). Diese Bagatellgrenze erhöht sich auf 15.000 EUR, wenn – wie hier – Marie allein deswegen als Unternehmer abzugspflichtig ist, weil sie ausschließlich steuerfreie Umsätze i. S. d. § 4 Nr. 12 S. 1 UStG ausführt.
Fazit 2 | Auch das Nichteinbehalten der Bauabzugssteuer kann für Vermieter zu einer Steuerfalle werden. Vor allem kann sich dieser im Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass die Gegenleistung beim Leistenden im Inland nicht besteuert werden kann (BFH 7.11.19, I R 46/17). Sollte es zu einer Haftung kommen, bleibt für den Leistungsempfänger nur die Möglichkeit, die vom Finanzamt geforderte Bauabzugssteuer direkt vom leistenden Unternehmer zu fordern (BGH 26.9.13, VII ZR 2/13). Das ist jedoch oft nicht einfach. Für die Praxis empfiehlt es sich daher, von dem leistenden Unternehmer vor Bezahlung der Rechnung eine Freistellungsbescheinigung i. S. d. § 48b EStG zu fordern und – wenn diese nicht vorgelegt wird – unbedingt den Steuerabzug von 15 % vorzunehmen. Das gilt nicht nur für Bauleistungen ausländischer Unternehmen, sondern auch für durch im Inland ansässige Unternehmen erbrachte Bauleistungen.

