In für ARBEITNEHMER, für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für Freiberufler, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Niemand wird gerne doppelt zur Kasse gebeten, schon gar nicht bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen! Eine doppelte Sozialabgabenlast droht aber schnell, wenn Arbeitnehmer oder Selbständige in einem (Erwerbs-)Bezug zu mehr als einem EU-Staat stehen. Davon betroffen sein können sowohl Arbeitnehmer, die für längere Zeit ins EU-Ausland entsendet werden, als auch solche, die kurzzeitig im EU-Ausland tätig sind wie etwa Montagearbeiter oder Busfahrer.

Um eine Doppelbelastung mit Sozialversicherungsbeiträgen auszuschließen, sollten sich Erwerbstätige und deren Arbeitgeber frühzeitig mit der Thematik „A1-Bescheinigung“ vertraut machen. Dieser Vordruck – umgangssprachlich auch „Entsendebescheinigung“ genannt – regelt verbindlich, welche nationalen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit anzuwenden sind. Im Klartext: Welcher Staat die Sozialversicherungsbeiträge einfordern kann und welcher Staat bei der Verbeitragung „die Füße stillhalten“ muss. In diesem Merkblatt erhalten Sie einen komprimierten Überblick über die Grundzüge des Bescheinigungsverfahrens.

 Ausstellung der Bescheinigung

Beschäftigte, die von ihrem Arbeitgeber für einen Zeit-raum von höchstens 24 Monaten in einen anderen EU-Staat entsandt werden, um dort vorübergehend zu arbeiten, müssen sich nicht selbst um die Ausstellung der Bescheinigung kümmern, denn für sie beantragt der Arbeitgeber die A1-Bescheinigung in der Regel beim zuständigen Sozialversicherungsträger:

  • Für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer stellt die zuständige gesetzliche Krankenkasse die A1-Bescheinigung aus. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in Deutschland aufgrund einer Beschäftigung, als Student oder als Rentner versichert ist, freiwilliges Mitglied der Krankenkasse ist oder dort als Familienangehöriger versichert ist.
  • Für Arbeitnehmer, die nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert und nicht Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, stellt der zuständige Rentenversicherungsträger die A1-Bescheinigung aus.
  • Ist der Arbeitnehmer nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, stellt die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen die A1-Bescheinigung aus.

Hinweis

Arbeitgeber sollten beachten, dass für eine Entsendung keine zeitliche Untergrenze gilt, sodass auch kurzzeitige Dienstreisen ins EU-Ausland eine A1-Bescheinigung erfordern!

Seit 2018 kann die A1-Bescheinigung elektronisch über ein Modul im Entgeltabrechnungsprogramm angefordert werden. Dieses maschinelle Antrags- und Bescheinigungsverfahren sollte ursprünglich ab 2019 verpflichtend sein, doch die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben beschlossen, dass Papieranträge in begründeten Einzelfällen noch bis zum 30.06.2019 akzeptiert werden.

Hinweis

Arbeitnehmer und Selbständige, die ihre Erwerbstätigkeit gewöhnlich in mehreren EU-Staaten ausüben, müssen den Vordruck bei der „Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland“ (DVKA) beantragen. Hierbei handelt es sich um eine Abteilung des GKV-Spitzenver­bands, seines Zeichens zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland.

In jedem Fall empfiehlt es sich, das Antragsverfahren in Gang zu setzen, bevor die Erwerbstätigkeit in einem anderen Staat aufgenommen wird.

Rechtswirkung der Bescheinigung

Die A1-Bescheinigung ist für alle Träger und Gerichte der EU-Mitgliedstaaten verbindlich, solange sie nicht vom ausstellenden Sozialversicherungsträger für un-gültig erklärt oder zurückgezogen wird. Sie gilt bis zum Ablauf des darin ausgewiesenen Gültigkeitsdatums und ist in allen Amtssprachen deckungsgleich aufgebaut, sodass sie problemlos in allen EU-Staaten verwendet werden kann.

Die Bescheinigung sollte vom Erwerbstätigen oder vom Arbeitgeber bereitgehalten werden, um jederzeit den maßgeblichen Sozialversicherungsstatus nachweisen zu können.

Bestimmung des anwendbaren Sozialsystems

Das europäische Gemeinschaftsrecht beinhaltet den Grundsatz, dass für eine erwerbstätige Person die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit desjenigen Staats gelten, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Sobald von diesem Grundsatz abgewichen wird, ist die A1-Bescheinigung erforderlich. Folgende Fallkonstellationen kommen hier in Betracht:

Entsendung von Arbeitnehmern

Der Arbeitnehmer wird von seinem Arbeitgeber in einen anderen EU-Staat geschickt, um dort vorübergehend für einen Zeitraum von höchstens 24 Monaten für ihn zu arbeiten. In diesem Fall spricht man von einer „Entsendung“. Sofern alle Bedingungen für eine Entsendung vorliegen, bestätigt die A1-Bescheinigung, dass der Arbeitnehmer weiterhin den Rechtsvorschriften des Staats unterliegt, aus dem er entsendet wurde.

 Entsendung von Selbständigen

Geht ein Selbständiger seiner Tätigkeit gewöhnlich in einem EU-Staat nach und wechselt er in einen anderen Staat, um dort für einen Zeitraum von maximal 24 Monaten eine ähnliche Tätigkeit auszuüben, bestätigt die A1-Bescheinigung, dass der Selbständige weiterhin den Rechtsvorschriften des Staats unterliegt, aus dem er „sich entsendet“ hat.

Hinweis

Dies gilt dann, wenn alle Bedingungen für eine Entsendung erfüllt sind, auch wenn es in diesem Fall eine „Selbstentsendung“ ist.

Gewöhnliche Beschäftigung in mehreren Ländern

Sofern ein Arbeitnehmer bzw. Selbständiger gewöhnlich gleichzeitig oder abwechselnd in mehr als einem EU-Staat beschäftigt ist, unterliegt er – abhängig vom Einzelfall – entweder den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaats oder des Staats, in dem der eingetragene Sitz oder die Niederlassung seines Arbeitgebers liegt bzw. sich der Mittelpunkt seiner Tätigkeit befindet.

Mischfälle

Wer in verschiedenen EU-Staaten sowohl eine Arbeit­nehmertätigkeit als auch eine selbständige Tätigkeit ausübt, erhält mit der A1-Bescheinigung den Nachweis, dass die Rechtsvorschriften desjenigen Staats vorrangig gelten, in dem die Arbeitnehmertätigkeit ausgeübt wird.

Beamte

Sind Beamte in mehr als einem EU-Staat tätig, wird durch die A1-Bescheinigung bestätigt, dass sie den Rechtsvorschriften der Verwaltungseinheit unterliegen, für die sie tätig sind.

Ausnahmevereinbarungen

Sofern der Erwerbstätige eine Abweichung von den vorgenannten üblichen Zuweisungsregeln beantragt, können die betroffenen EU-Staaten einvernehmlich festlegen, dass ausnahmsweise die Rechtsvorschriften eines anderen Staats (als üblicherweise der Fall) maßgebend sind.

Hinweis

Für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen ist die DVKA zuständig.