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Sog. Goldfinger-Gestaltungen sind nicht per se rechtsmissbräuchlich, sondern unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich anzuerkennen, so ein aktuelles Urteil des FG Hessen.

Hintergrund

Als Goldfinger-Gestaltungen wird eine vom BFH anerkannte Steuervermeidungsmethode mittels Handels von werthaltigen Gütern, am bekanntesten und namensgebend Gold, genannt. Für das Jahr 2011 wurden Steuereinnahmenminderungen von 300 Mio. EUR durch die Goldfinger-Gestaltung geschätzt. Durch eine Änderung des EStG, wirksam ab 24.12.2013, wurde das „Steuerschlupfloch“ geschlossen. In der Folge wurden gegen einige Steuerpflichtige, Steuerberater und Rechtsanwälte Steuerstrafverfahren eingeleitet, darunter ein als Goldfinger-Prozess bekannt gewordenes Verfahren vor dem Landgericht Augsburg.

Die Goldfingermodelle waren wie folgt strukturiert: Ein oder mehrere in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die im Inland hohe steuerpflichtige Einkünfte erzielten, beteiligen sich – entweder direkt oder gemeinschaftlich über eine inländische Personengesellschaft – an einer britischen Personengesellschaft, die – nach deutschen steuerrechtlichen Maßstäben gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG – einen gewerblichen Handel mit (Edel)Metallen betrieb. Diese Gesellschaft führte keine Bücher und erstellte keine Abschlüsse, sondern fertigte lediglich Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und über die Ausgaben an. Da die Ausgaben für den Erwerb des Goldes bereits im Zeitpunkt der Anschaffung als Betriebsausgaben abgezogen wurden, ermittelte die britische Gesellschaft – wie gewünscht – in der Anlaufphase hohe Verluste, die zwar in Deutschland gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA UK nicht der Besteuerung unterworfen waren, die jedoch im Inland bei der Ermittlung des Steuersatzes gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. d DBA UK i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt wurden und dazu führten, dass der Steuersatz für Zwecke der Einkommensteuer – trotz hoher inländischer Einkünfte – signifikant gemindert wurde, teilweise sogar bis auf 0 %. Erst Anfang Juni 2013 reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG auf diese Gestaltungsmöglichkeit, indem er die Berücksichtigung von auf diesem Wege erzielten (steuerfreien ausländischen) Verlusten beim Progressionsvorbehalt nicht mehr zuließ.

Das FG Hessen hat nun mit Urteil v. 2.6.2024 die Kriterien aufgeführt, unter denen derartige Modelle steuerlich anzuerkennen waren:

  • Die britische Gesellschaft unterhält mit dem Handel von (Edel)Metallen einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG.

  • Sie führt weder Bücher noch erstellt sie regelmäßig Abschlüsse und ist auch nicht dazu nach (in- oder ausländischem) Recht verpflichtet.

  • Sie ermittelt ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb für deutsche steuerliche Zwecke durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 3 EStG.

  • Die Gesellschaft unterhält entweder (nur) im Vereinigten Königreich ihre einzige Betriebsstätte oder aber die maßgeblichen Einkünfte sind ausschließlich einer im Vereinigten Königreich belegenen Betriebsstätte zuzuordnen.

Wird eine größere Menge Gold angeschafft und mehr oder weniger umfangreiche weitere Handelsaktivitäten (mit Edelmetallen oder Industriemetallen) angeschlossen und ist dies von vornherein geplant, um den gewünschten steuerlichen Effekt zu erzielen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor. Eine Beurteilung einzelner mit Verlust abgeschlossener Geschäfte als steuerlich nicht zu berücksichtigende Liebhaberei scheidet in diesem Fall aus.

Das inländische Wohnhaus des als mittelbaren Geschäftsführer tätigen Gesellschafters kann eine inländische Betriebsstätte sein, wenn dieser dort und nicht in Großbritannien die Handelsentscheidungen trifft und in der britischen Betriebsstätte durch eine Angestellte nur administrative Tätigkeit erfolgen. In diesem Fall sind der inländischen Betriebsstätte auch die nach § 4 Abs. 3 EStG a.F. abzugsfähigen Anschaffungskosten des als Umlaufvermögen angekauften Golds und der britischen Betriebsstätte nur die administrativen Aufwendungen zuzurechnen, sodass der durch die Goldfinger-Gestaltung bezweckte Erfolg (Minderung der Einkommensteuer durch negativen Progressionsvorbehalt im Jahr des Ankaufs des Golds und wegen hoher anderweitiger Einkünfte keine Erhöhung der Einkommensteuer durch Progressionsvorbehalt im Jahr der Veräußerung) nicht eintritt.

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