Werden die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen, führt der Vorbehaltsnießbraucher jedoch seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, liegt darin keine unentgeltliche Übertragung des Gewerbebetriebs im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG. Das gilt für einen aktiven wie für einen verpachteten Gewerbebetrieb.
Hintergrund
Bereits mit Urteil v. 25.1.2017 (X R 59/14 (BStBl II 19, 730) hatte der BFH entschieden, dass § 6 Abs. 3 EStG (Betriebsübertragung zu Buchwerten) nicht zur Anwendung kommt, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen verpachteten Gewerbebetrieb. Der Steuerpflichtige hatte mit Übergabevertrag vom 15.12.1995 von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein gewerbliches Einzelunternehmen übertragen bekommen. Die Mutter behielt sich jedoch einen lebenslangen Nießbrauch vor (Vorbehaltsnießbrauch) und führte die gewerbliche Tätigkeit eigenständig fort. Erst im Jahr 2002 verzichtete die Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht. Daraufhin übernahm der Sohn die aktive Betriebsführung und erstellte eine Eröffnungsbilanz zu Buchwerten zum 1.1.2003. Zusätzlich war der Sohn Gesellschafter-Geschäftsführer der Vermittlungs-GmbH (GmbH). Letztere stand in Vertragsbeziehungen zum gewerblichen Einzelunternehmen.
Das FA ging davon aus, dass der Betrieb erst mit Verzicht auf das Nießbrauchsrecht auf den Steuerpflichtigen übergegangen sei. Streit entstand über die steuerliche Behandlung von Forderungen, die die Mutter gegenüber der GmbH hatte.
Die Mutter hatte der GmbH Forderungen erlassen, der Forderungsverzicht wurde durch die Betriebsprüfung jedoch nicht anerkannt. Das Finanzamt wollte eine Wertaufholung dieser Forderungen im Jahr 2004 vornehmen, was der Sohn bestritt. Er argumentierte, dass die Wertaufholung der Forderungen bereits in den Jahren 2000 – 2002 hätte stattfinden müssen und dementsprechend nicht seinem Betriebsvermögen zuzuordnen seien und daher keine Grundlage für eine gewinnerhöhende Wertaufholung bestünde.
Das FG Münster bestätigte diese Ansicht. Das FA legte jedoch Revision ein.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass hinsichtlich der bis zum 31.12.1995 entstandenen Forderungen eine erfolgswirksame Aufstockung des Bilanzwerts bei dem Steuerpflichtigen nicht zulässig war. Denn diese Forderungen waren am 1.1.1996 auf den Steuerpflichtigen übergegangen, jedoch nicht in dessen Betriebsvermögen, sondern in sein Privatvermögen. Zum 1.1.2003 waren sie zum Teilwert in das Betriebsvermögen einzulegen, was einen allein auf Wertveränderungen beruhenden höheren Bilanzansatz ausschließt. Im Streitfall waren die nach dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen der Nießbraucherin aufgrund des Nießbrauchsverzichts zum 31.12.2002 als Betriebsvermögen in den vom Steuerpflichtigen zum 1.1.2003 aufgenommenen Betrieb gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG übergegangen. Im Streitfall ging es nun letztlich um den Wertansatz der Forderungen, den der BFH aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht ermitteln konnte. Entsprechend wies er den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück.
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