Die bei Abschluss des Arbeitsvertrags geltende Begrenzung der Arbeitnehmerüberlassung auf 18 aufeinander folgende Monate gem. § 1 Abs. 1b AÜG n. F. führt zu einer zeitlichen Befristung der Zuordnung eines Leiharbeitnehmers zum Betrieb des Entleihers, die der Annahme einer dort belegenen ersten Tätigkeitsstätte entgegensteht und daher den Werbungskostenabzug der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und dem arbeitstäglich aufgesuchten Entleiherbetrieb nach Reisekostengrundsätzen ermöglicht.
Hintergrund
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte für jeden Arbeitstag eine Entfernungspauschale anzusetzen. Nach § 9 Abs. 4 EStG ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung eines Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen bestimmt. Von einer dauerhaften Zuordnung ist nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.
Für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte kommt es auf die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des lohnsteuerrechtlichen Arbeitgebers und in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung somit grundsätzlich nicht auf die Vereinbarungen zwischen dem Verleiher und dem Entleiher an. Es sind ausschließlich die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die Absprachen und Weisungen zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer maßgebend.
Sachverhalt
Im Streitfall galt seit dem 1.4.2017 die Regelung des § 1 Abs. 1b Satz 1 bis 3 AÜG n. F., wonach die Überlassungsdauer auf 18 aufeinander folgende Monate begrenzt ist. Dies führt zu einer befristeten Zuordnung, zumal die Zuordnung zur Tätigkeitsstätte beim Entleiher von dem Verleiher überwacht und die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten auch vollzogen wird.
Die zeitliche Begrenzung lt. AÜG auf 18 Monate verhindert trotz der Formulierung in der Einsatzanweisung mit „Ende offen“, dass sich der Steuerpflichtige ex ante verlässlich auf seine Wegekosten einrichten und diese auf Dauer geringhalten kann. Das vom Gesetzgeber in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG genannte Regelbeispiel, das eine bezifferte zeitliche Komponente enthält, benennt einen Zeitraum von 48 Monaten – somit eine ungleich längere Dauer als 18 Monate lt. AÜG.
Zwar soll die Regelung des AÜG nach Auffassung der Finanzverwaltung für das Steuerrecht keine Wirkung entfalten (BMF 25.11.20, BStBl I 20, 1228, Rn. 21). Diese Rechtsauffassung teilt das FG jedoch nicht. Denn wenn maßgebend auf die Frage abgestellt wird, ob sich der Arbeitnehmer ex ante auf eine bestimmte Tätigkeitsstätte einstellen und seine Wegekosten geringhalten kann, können die gesetzlichen – also zwingenden – Vorschriften, die die Zuordnungsdauer begrenzen (hier das AÜG), nicht außer Acht gelassen werden. Maßgebend für die steuerliche Beurteilung ist der gesamte Lebenssachverhalt.
Eine Dauerhaftigkeit der Zuordnung zur Tätigkeitsstätte kann auch nicht hilfsweise auf die Regelung des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG gestützt werden. Diese quantitativen Zuordnungskriterien bestimmen, dass bei fehlender oder nicht eindeutiger Festlegung die erste Tätigkeitsstätte diejenige Einrichtung ist, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten Arbeitszeit tätig werden soll. Auch insoweit fehlt es hier bei einer in die Zukunft gerichteten Prognose an der ebenfalls erforderlichen Dauerhaftigkeit des Einsatzes des Steuerpflichtigen.
Entscheidung
Dass hierdurch im Ergebnis seit der Geltung des AÜG n. F. eine unbefristete Zuordnung nach § 9 Abs. 4 Satz 3, 1. Alt. EStG praktisch generell ausscheiden dürfte, mag, so das FG, auf fehlender Abstimmung der beiden Gesetze beruhen, lasse aber keine abweichende Beurteilung zu.
Das FG hatte die Revision zugelassen. Die vom Finanzamt eingelegte Revision wurde jedoch zurückgenommen. Das Urteil des FG ist also rechtskräftig.
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