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Die Änderung eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) kann nicht zur Verwirklichung des Entstrickungstatbestands nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG führen (sog. passive Entstrickung).

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist eine im Inland ansässige KG, deren beide Kommanditisten zugleich an einer spanischen Kapitalgesellschaft (Sociedad Limitada kurz S.L.) beteiligt waren. Ein Kommanditist wohnt in Deutschland, der andere in der Schweiz. Die Kommanditanteile waren dem Sonderbetriebsvermögen II der beiden Kommanditisten bei der Steuerpflichtigen zugeordnet. Die S.L. wies in ihrer Bilanz zum 31.12.2012 unbewegliches Vermögen aus, das circa 59 % der Bilanzsumme ausmachte.

Im Jahr 2012 wurde in das DBA Deutschland – Spanien erstmals eine Regelung aufgenommen, die für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen, deren Aktivvermögen zu mindestens 50 % aus unbeweglichem Vermögen besteht, dem Belegenheitsstaat des unbeweglichen Vermögens ein zusätzliches Besteuerungsrecht zuweist und eine Anrechnung der daraus resultierenden Steuer auf die im Wohnsitzstaat anfallende Einkommensteuer vorsieht.

Aus dieser Änderung des DBA leitete das FA eine passive Entstrickung der in dem Anteil des in der Schweiz ansässigen Kommanditisten ruhenden stillen Reserven zum 1.1.2013 ab und unterwarf diese gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG der Besteuerung. Die Steuerpflichtige machte geltend, dass ihr die Änderung des DBA nicht zugerechnet werden könne.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt. Dabei ließ es offen, ob das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung der Kommanditanteile durch die Änderung des DBA zum 1.1.2013 beschränkt oder im Hinblick auf eine drohende zukünftige Steueranrechnung lediglich gefährdet wurde. Jedenfalls ist der Tatbestand der Beschränkung des Besteuerungsrechts i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG nach Auffassung des FG bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Änderung eines DBA nicht der Steuerpflichtigen beziehungsweise ihren Kommanditisten zugerechnet werden könne. Aus der systematischen Stellung dieser Norm, die eine Gleichstellung mit einer Entnahme bewirke, folge, dass eine dem Steuerpflichtigen zurechenbare Handlung zum Ausschluss oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands führen müsse.

Außerdem habe der Gesetzgeber mit Einführung von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG keine Fälle der passiven Entstrickung erfassen wollen. Er habe vielmehr die zuvor von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der finalen Entnahme, die die Überführung von Einzelwirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte als gewinnwirksame Entnahme behandelt hatte, gesetzlich regeln wollen, also allein Fälle der aktiven Entstrickung. Anderenfalls wäre § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG wegen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit europarechtswidrig. Zur Vermeidung dieses Verstoßes sehe § 4g EStG zwar die Möglichkeit der Bildung eines Ausgleichspostens vor. Die Neuregelung habe jedoch im Streitjahr 2013 noch keine Fälle der passiven Entstrickung erfasst.

fundstelle
FG Münster 10.8.22, 13 K 559/19 G, F, Rev. zugelassen